Wirtschaftsausblick | Nepal
Konjunkturaussichten für Nepal hellen sich auf
Die niedrigeren Zinsen und die sinkende Inflation kommen langsam bei den Haushalten und Unternehmen an. Der Konsum erholt sich und die Investitionen sollen 2025 wieder anziehen.
19.06.2024
Von Boris Alex | New Delhi
Top-Thema: Regierung will Investitionen erleichtern
Nepal will rund 150 Schlüsselprojekte – vor allem im Energiesektor, im Straßenbau, in der Tourismusbranche und im Bergbau – mit Hochdruck vorantreiben. Um die Vorhaben den privaten und ausländischen Investoren schmackhaft zu machen, hat die Regierung im Rahmen ihres "Investment Summit" im April 2024 eine Reihe von Gesetzesänderungen angekündigt, mit denen sie die Rahmenbedingungen für Investitionen verbessern will. Diese zielen unter anderem auf vereinfachte Umweltprüfungen bei Projekten in Waldgebieten ab. Dadurch sollen Genehmigungsverfahren zum Bau von Wasserkraftwerken oder für Minen beschleunigt werden. Die Vorhaben zeigen Wirkung: Für das Finanzjahr 2024/2025 (16. Juli bis 15. Juli) prognostiziert die Weltbank einen Anstieg der Bruttoanlageinvestitionen um gut 15 Prozent. Für das laufende Finanzjahr 2023/2024 rechnen die Experten dagegen mit einem Minus von 4,4 Prozent.
Nepals Konjunktur hat sich in den letzten zwei Jahren abgekühlt. Im Finanzjahr 2022/2023 legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) real nur noch um 1,9 Prozent zu – nach 5,6 Prozent in der Vorperiode. Verantwortlich hierfür ist auch die geringe Investitionsbereitschaft des Privatsektors und der öffentlichen Hand. Auch Investoren aus dem Ausland halten sich bei ihrem Engagement zurück. Die ausländischen Direktinvestitionen gingen im Finanzjahr 2022/2023 um fast 70 Prozent auf 46 Millionen US-Dollar (US$) zurück, so die Daten der nepalesischen Zentralbank. Weitere Wirtschaftsdaten zum Land bietet unsere Reihe Wirtschaftsdaten Kompakt.
Die Stimmung in der Privatwirtschaft hat sich Anfang 2024 weiter eingetrübt, was sich auch in den Investitionsabsichten widerspiegelt: In einer Geschäftsklimaumfrage der Confederation of Nepalese Industries vom März 2024 gaben 60 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie aktuell keine Investitionspläne verfolgen – gegenüber September 2023 ist das ein Anstieg um 7 Prozentpunkte. Die Finanzierungskosten sind für die Firmen weiterhin hoch. Und bei einer durchschnittlichen Kapazitätsauslastung von 62 Prozent in der verarbeitenden Industrie sehen die meisten Unternehmen aktuell keinen Bedarf für Neu- oder Erweiterungsinvestitionen.
Wirtschaftsentwicklung: Konsumlaune wächst wieder
Die BIP-Schätzungen für das laufende Finanzjahr 2023/2024 gehen von einem realen Plus zwischen 3,3 und 4 Prozent aus. In der Folgeperiode dürfte sich der Aufwärtstrend fortsetzen und die nepalesische Wirtschaft um bis zu 4,6 Prozent zulegen. Im Finanzjahr 2025/2026 könnte sie sogar zwischen 5 bis 6 Prozent wachsen, so die Prognosen der Asian Development Bank und der Weltbank. Die Analysten gehen davon aus, dass die Leitzinssenkung vom Dezember 2023 um 100 Basispunkte auf 5,5 Prozent sowie die langsam sinkende Inflation ab dem 2. Halbjahr 2024 in der Realwirtschaft ankommen. Die nepalesische Zentralbank prognostiziert, dass die Teuerungsrate im Jahresverlauf 2025 wieder unter 6 Prozent fällt.
Das wird sich auch in den privaten Konsumausgaben widerspiegeln, die im kommenden Finanzjahr 2024/2025 mit einem Plus um die 4 Prozent wieder zulegen dürften. Unterstützt wird diese Entwicklung von steigenden Einnahmen im wirtschaftlich bedeutenden Tourismussektor sowie durch höhere Rücküberweisungen von im Ausland arbeitenden Nepalesen.
Die Unternehmen profitieren vor allem von den sinkenden Finanzierungskosten sowie niedrigeren Importpreisen für Rohstoffe und Vorprodukte, so die Einschätzung der Weltbank. Der Industriesektor dürfte 2024/2025 mit einem Plus von 5,7 Prozent doppelt so stark zulegen wie im laufenden Finanzjahr.
Regierung bekommt Haushaltsdefizit in den Griff
Im Zuge der Konjunkturerholung sollen auch die öffentlichen Einnahmen wieder stärker wachsen und den Spielraum für Investitionen erweitern. Die Regierung konnte zwar mit ihrem strengen Sparkurs das Haushaltsdefizit 2023/2024 auf 3 Prozent halbieren, so die Prognose der Weltbank. Allerdings ging dies zu Lasten des Infrastruktursektors, da Mittel für Verkehrs- und Energieprojekte gekürzt wurden. Viele Vorhaben sollen im nächsten Finanzjahr wieder in Angriff genommen werden. Dennoch wird das Haushaltsdefizit in den nächsten zwei Finanzjahren unter der 3-Prozent-Marke bleiben, prognostiziert die Weltbank.
Nepals Wareneinfuhr dürfte 2023/2024 erneut sinken, nachdem sie bereits in der Vorperiode nominal um 20 Prozent zurückgegangen war. Die Weltbank erwartet aber wegen der Konjunkturbelebung und der damit einhergehenden höheren Konsumausgaben der Haushalte für die folgenden beiden Finanzjahre wieder einen Anstieg der Importe.
Deutsche Perspektive: Exporte nach Nepal legen kräftig zu
Die deutschen Exporte nach Nepal haben sich 2023 gegenüber dem Vorjahr auf knapp 100 Millionen US$ fast verdreifacht, so die Zahlen von Destatis. Das ist in erster Linie dem sprunghaften Anstieg bei medizinischen und pharmazeutischen Erzeugnissen von 3,5 Millionen auf 55 Millionen US$ geschuldet. Aber auch die Exporte von Maschinen und Anlagen legten mit einem Plus von gut 70 Prozent auf 24 Millionen US$ deutlich zu. Die Bezüge von Mess- und Prüftechnik verzeichneten einen Anstieg um 9 Prozent auf 8,7 Millionen US$.
Die deutschen Importe aus Nepal gingen 2023 hingegen um 3 Prozent auf knapp 40 Millionen US$ zurück. Fast 80 Prozent der Bezüge entfallen dabei auf Textilien und Bekleidung.
Weitere wirtschaftliche, rechtliche und zollrechtliche Informationen finden Sie auf der Nepal-Länderseite.