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Arbeitsmarkt | Nigeria

Arbeitsmarkt steht unter Druck

Trotz eines großen Angebots günstiger Arbeitskräfte sind gut ausgebildete Bewerber nicht leicht zu finden. Viele Fachkräfte wandern ins Ausland ab.

Von Corinna Päffgen | Accra

Wir haben die Reihe "Lohn- und Lohnnebenkosten" in "Arbeitsmarkt" umbenannt.

Der nigerianische Arbeitsmarkt steht vor vielen Herausforderungen. Gut bezahlte Stellen sind rar, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind hoch. Hinzu kommen Faktoren wie die angespannte wirtschaftliche Lage, die demografische Entwicklung und das unzureichende Bildungsniveau.

Ausländische Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter oft aus- und weiterbilden. Gut qualifizierte Arbeitnehmer sind schwer zu finden und teuer. Die hohe Digitalaffinität der jungen Bevölkerung, technologischer Fortschritt und Globalisierung eröffnen neue Beschäftigungsmöglichkeiten.

Stärken des Arbeitsmarkts

  • Junge, wissbegierige Bevölkerung
  • Großer Pool an motivierten Arbeitskräften
  • Engagement deutscher Firmen im Aus- und Weiterbildungsbereich
  • Junge Leute mit hoher Digitalaffinität
     

Schwächen des Arbeitsmarkts

  • Allgemein niedriger Bildungsstand in Bevölkerung
  • Keine duale Ausbildung und fehlender Praxisbezug
  • Geringe Bindung an das Unternehmen
  • Hohe Fluktuation

  • Fachkräfte

    Der Pool an verfügbaren Arbeitskräften ist groß, das allgemeine Ausbildungs- und Qualifikationsniveau jedoch niedrig. 

    Arbeitsplätze sind knapp - Kehrtwende ist nicht in Sicht

    Auf den ersten Blick herrscht in Nigeria mit einer offiziellen Arbeitslosenquote von 5 Prozent fast Vollbeschäftigung (Stand Q3 2023), was bei einer Armutsquote von rund 40 Prozent widersprüchlich erscheint. Die geringe Arbeitslosenquote ist der Anwendung geänderter statistischer Methoden geschuldet. Im 4. Quartal 2020 meldete die Nigerianische Statistikbehörde noch eine Arbeitslosenquote von 33 Prozent. Mit 8 Prozent liegt die Jugendarbeitslosigkeit über der allgemeinen Arbeitslosenquote. Im Jahr 2020 betrug diese noch 35 Prozent. Nach dem "Nigerian Youth Employment Plan"-Report arbeiten von den 15- bis 34-Jährigen schätzungsweise 40 Prozent in einem Vollzeit-Arbeitsverhältnis. Hinzu kommt der Umstand, dass etwa 80 Prozent der erwerbsfähigen Nigerianer im informellen Sektor arbeiten, der statistisch nicht erfasst wird.

    Die Schaffung von Arbeitsplätzen bleibt weiterhin eine große Herausforderung. Nigerias Bevölkerung wird sich nach Prognosen der Vereinten Nationen von derzeit 230 Millionen Menschen bis zum Jahr 2050 auf rund 400 Millionen etwa verdoppeln. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung ist nicht zu erwarten, dass ausreichend Arbeitsplätze entstehen, die zudem ein existenzsicherndes Einkommen generieren. Die ohnehin schon große Konkurrenz um Arbeitsplätze dürfte entsprechend weiter steigen.

    Unternehmen investieren in Aus- und Weiterbildung

    Trotz eines Überangebots an Arbeitskräften kann es je nach Sektor und Position eine Herausforderung für Unternehmen sein, qualifizierte Fachkräfte zu finden. So gibt es in Branchen wie Banken und Versicherungen grundsätzlich genug Fachkräfte. Beschäftigte im Verarbeitenden Gewerbe und Bausektor benötigen jedoch oft eine zusätzliche Ausbildung am Arbeitsplatz. 

    Das liegt vor allem am niedrigen Bildungs- und Qualifikationsniveau. In Nigeria gibt es kein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland. Berufliche Bildung ist zwar grundsätzlich ab der Primarstufe im nigerianischen Bildungssystem verankert, allerdings garantiert der Besuch der Primarstufe nicht, dass Schüler Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Die Analphabetenrate beträgt fast 30 Prozent.

    Seit einigen Jahren engagieren sich Regierung und Privatsektor vermehrt, das Qualifikationsdefizit mit Berufsbildungs- und Unternehmerprogrammen zu beheben. Einen guten Überblick über das nigerianische Bildungssystem und die Bildungsträger bietet die iMove Marktstudie für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung.

    Ein erfolgreiches Kooperationsprojekt mit deutscher Beteiligung ist das Ausbildungs- und Weiterbildungszentrum "Obajana Training Centre" der Stiftung Nachwuchs Maschinenbau des Verbands deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und der Stiftung des nigerianischen Geschäftsmannes Aliko Dangote, auch bekannt als "reichster Mann Afrikas". Angeboten werden verschiedene Ausbildungs- und Weiterbildungskurse in den Bereichen Industriemechanik und Elektronik. Die Initiative stößt seit ihrer Eröffnung 2021 auf eine sehr hohe Nachfrage, sowohl auf Bewerber- als auch auf Unternehmensseite. Absolventen haben keine Probleme, eine Anstellung zu finden.

    Japa trifft Gesundheitsversorgung

    Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage verlassen viele junge gebildete Nigerianer das Land, um im Ausland zu arbeiten, Dieses Phänomen wird als "Japa" bezeichnet (Bedeutung in der Yoruba-Sprache  "weglaufen, fliehen"). Je höher der Bildungsstand, desto besser sind die Chancen. Diejenigen, die es sich leisten können oder ein Stipendium bekommen, versuchen bereits im Ausland zu studieren. Beliebt sind vor allem die USA, Kanada oder das Vereinigte Königreich. Teilweise schließen sich an Studierendenvisa zeitlich begrenzte Arbeitsvisa an.

    Kritisch ist der Braindrain vor allem im Gesundheitswesen. Der ohnehin schon unterversorgte Bereich verliert jedes Jahr Tausende von Ärzten und Krankenschwestern, die eine besser bezahlte Anstellung im Ausland antreten. Medienberichten zufolge sind in den vergangenen fünf Jahren 16.000 Ärzte emigriert. In Nigeria arbeiten durchschnittlich nur drei Ärzte pro 10.000 Einwohner.

    Die Regierung versucht mit verschiedenen Mitteln die Abwanderung zu unterbinden. Bislang konnten Angestellte im Gesundheitssektor sich beurlauben lassen und für die Zeit der Beurlaubung im Ausland arbeiten. Dies ist seit März 2024  nicht mehr möglich. Zudem wurde 2022 ein Gesetzentwurf eingereicht, der eine obligatorische fünfjährige Arbeitszeit für neu approbierte Ärzte vorsieht.

    Tech-Talente wecken weltweit Interesse 

    Nigeria hat sich in den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) schon lange einen Namen gemacht und ist bekannt für seine Start-up-Szene, die neben Südafrika, Ägypten und Kenia zu den "Big Four" in Afrika gehört. 

    Das Land verfügt über eine gute IT-Infrastruktur, gute Universitäten und einen großen Talentpool. Die großen internationalen Tech-Unternehmen wie Alphabet, Meta und Amazon buhlen um diese Talente. Aber auch deutsche Unternehmen entdecken allmählich das Potenzial der nigerianischen Programmierer und Softwareentwickler, die vor Ort Lösungen für deutsche Auftraggeber entwickeln, wie zum Beispiel für das deutsche Unternehmen netspice

    Nigeria im weltweiten Vergleich

    Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

     

    Von Corinna Päffgen | Accra

  • Personalsuche und Personalmanagement

    Nigeria verfügt über einen großen Pool an Arbeitskräften. Trotzdem erfordert die Personalsuche viel  Geduld.

    Die Personalsuche in Nigeria ist grundsätzlich unkompliziert, der Recruiting-Prozess kann aber recht zeitintensiv sein. Das liegt an dem regelmäßig sehr hohen Bewerberaufkommen und den entsprechend langwierigen Auswahlverfahren.

    Deutsche Unternehmen, die neu in Nigeria aktiv sind, können sich an die Delegation der Deutschen Wirtschaft in Nigeria (AHK) wenden, die einige Personaldienstleistungen anbietet. Dazu gehören die Rekrutierung von Fachkräften, die Durchführung von Background Checks und die Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Geschäftspartnern.

    "Das Thema Skills-Development spielt in Nigeria eine große Rolle und birgt enormes Potenzial",

    sagt Timo Pleyer, Delegierter der deutschen Wirtschaft in Nigeria. So wird die AHK im September beispielsweise – in Zusammenarbeit mit der IHK Giesen-Friedberg – eine nigerianische Delegation nach Deutschland führen um über das duale Ausbildungssystem zu informieren. 

    Personalsuche erfolgt oft digital

    Zur Akquise geeigneter Bewerber nutzen Unternehmen unterschiedliche Kanäle. In der Regel veröffentlichen Firmen Stellenanzeigen auf ihrer Homepage und gängigen Jobportalen. Sehr beliebt sind Social-Media-Kanäle wie das Berufsportal LinkedIn,. Dort schalten auch Personalvermittlungsfirmen entsprechende Anzeigen. Jobmessen werden ebenfalls zum Recruiting genutzt. Folgende Personaldienstleister sind in Nigeria vertreten: Jobberman, Hamilton Lloyd, Alder Consulting und Phillips Consulting.

    Je nach zu besetzender Stelle arbeiten Unternehmen auch eng mit Bildungseinrichtungen wie Universitäten und Berufsakademien zusammen. Das Netzwerk von Unternehmen beziehungsweise Mitarbeitern und persönliche Empfehlungen spielen ebenfalls eine große Rolle. 

    Bewerbungsunterlagen werden in der Regel digital eingereicht und auch Interviews werden in der ersten Runde oft virtuell geführt. Die Bewerbungsunterlagen bestehen meist aus einem Anschreiben, Lebenslauf und Referenzen. In der Regel sind die Angaben und ausgewiesenen Fähigkeiten zutreffend. Das Auswahlverfahren besteht zumeist aus zwei bis drei Runden. Einstellungstests zur Personalauswahl kommen vor, sind aber nicht die Regel. Banken, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nutzen dieses Instrument und auch im IT-Sektor sind Tests beliebt.

    Gehalt ist oft entscheidend

    Die Bereitschaft, den Job zu wechseln, ist relativ hoch. In der Regel sind die Vergütung und die jeweiligen freiwilligen Zulagen (allowances) das entscheidende Kriterium. Bei einem Arbeitgeberwechsel können meist höhere Gehaltssteigerungen durchgesetzt werden. Ausschlaggebend sind auch weitere Faktoren wie Weiterbildungsmöglichkeiten sowie die Übernahme neuer Aufgaben und eines größeren Verantwortungsbereichs.

    Arbeiten ist flexibler geworden

    Die Work-Life-Balance hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Die Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten und flexible Arbeitszeiten zu haben ist für viele Arbeitnehmer wichtig. Spätestens seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie bieten Arbeitgeber vermehrt Homeoffice an. In großen Städten wie Lagos ist dies mit Blick auf die teilweise sehr langen Arbeitswege sehr relevant. Eine Pendelzeit von bis zu vier Stunden am Tag sind dort keine Seltenheit.

    Outsourcing ist verbreitet

    Die Auslagerung der Personalverwaltung ist erlaubt und wird genutzt. Das betrifft sowohl das Outsourcing der gesamten Abteilung als auch einzelner Bereiche wie die Buchhaltung und Gehaltsabrechnung (Payroll services). Auch die Überlassung von Arbeitnehmern ist  beliebt da meist kostengünstiger und besonders im Bankensektor und in der Öl- und Gaswirtschaft verbreitet.

    Die Delegation der Deutschen Wirtschaft in Nigeria bietet als Dienstleistung auch die Übernahme des Gehaltsabrechnungsmanagements an.

    Von Corinna Päffgen | Accra

  • Löhne und Gehälter

    Löhne und Gehälter variieren je nach Branche und Position stark. Ausländische Unternehmen zahlen gut und sind beliebt.

    Seit 2016 ist die Inflationsrate in Nigeria zweistellig. Zuletzt hat die starke Abwertung des Naira die Inflation ordentlich angeheizt. 

    In diesem Jahr erwartet die Economist Intelligence Unit einen Rückgang der durchschnittlichen Reallöhne um 4,4 Prozent. In den Jahren 2019 bis 2023 konnten die durchschnittlichen Nominallöhne um rund 20 Prozent zulegen, die Reallöhne stiegen jedoch um lediglich 2 Prozent pro Jahr. Davon dürften jedoch nur wenige Arbeitnehmer profitieren können. Angestellte im öffentlichen Dienst müssen seit Jahren mit schrumpfenden Reallöhnen zurechtkommen. Auch Unternehmen haben aufgrund von Währungsverlusten und hoher Inflation wenig Spielraum, Löhne und Gehälter zu erhöhen oder einen Inflationsausgleich zu zahlen.

    Regierung und Gewerkschaften verhandeln über Mindestlohn

    Seit 2019 beträgt der monatliche Mindestlohn 30.000 Naira, was derzeit etwa 18,80 Euro entspricht. Damit liegt der Mindestlohn weit unter einem existenzsichernden Lohn. Diesen bezifferte das Anker Research Institute und die Global Living Wage Coalition im Jahr 2022 auf mindestens 462 US-Dollar pro Monat (entsprach etwa 192.000 Naira im Jahr 2022). Nach aktuellem Umrechnungskurs würde dies etwa 710.000 Naira entsprechen.

    Derzeit verhandeln die Regierung und Arbeitnehmervertretungen (Nigeria Labour Congress und Trade Union Congress) über die Anhebung des Mindestlohns. Gewerkschaften möchten eine Steigerung auf rund 500.000 Naira monatlich erreichen (rund 303 Euro), die Regierung bietet jedoch nur 60.000 Naira (etwa 36 Euro) an. Zwischenzeitlich kommt es immer wieder zu Streiks. Ein Ende der Verhandlungen ist nicht absehbar, zu weit gehen die Positionen noch auseinander.

    Ausländische Unternehmen zahlen gut

    Unternehmen, vor allem internationale Firmen, zahlen in der Regel Löhne und Gehälter weit über dem Mindestlohn und sind beliebt. Viele ausländische Unternehmen besetzen auch leitende Positionen nicht mit Expatriates sondern mit lokalen Kräften. Dabei entsprechen die Löhne und Gehälter abhängig nach Position und Qualifikation internationalen Standards. 

    Freiwillige Lohnbestandteile weit verbreitet

    Zusatzleistungen, so genannte Allowances, spielen eine wichtige Rolle bei der Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften und der Bindung an den Arbeitgeber. Ob ein Arbeitgeber Allowances zahlen kann, hängt maßgeblich von der Unternehmensgröße und Marktkapitalisierung ab.

    Zudem ist die Höhe der Zulagen stark vom Sektor und der Branche abhängig. Beispielsweise ist es üblich, dass im Öl- und Gassektor sowie in der Bankenbranche attraktive Allowances gezahlt werden. Die am häufigsten verwendeten sind Rent Allowance (Mietzuschuss), Transport Allowance (Zuschuss zum ÖPNV) sowie Urlaubszulagen. Üblich sind auch Bonuszahlungen am Ende des Jahres, abhängig von der jeweiligen Zielerreichung.

    Einige Unternehmen gewähren auch Aus- und Weiterbildungsbeihilfen, um die Weiterbildung und Kompetenzentwicklung der Belegschaft zu fördern. Diese Zuschüsse sind üblicherweise unternehmensintern geregelt. Eine höhere Position in der Hierarchie geht mit höheren Zuschüssen einher.

    Durchschnittliche Monatslöhne für ausgewählte Branchen In US-Dollar, 2019
    Branche

    Monatslohn

    Durchschnittslohn

    148

    Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei

    94

    Verarbeitendes Gewerbe

    110

    Strom-, Gas-, Wärme- und Kälteversorgung

    182

    Wasserversorgung, Abfallwirtschaft

    115

    Baugewerbe

    202

    Groß und Einzelhandel, Reparatur von Kfz

    109

    Transport und Lagerhaltung

    137

    Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie

    104

    Informations- und Kommunikationsleistungen

    232

    Finanz- und Versicherungswesen

    313

    Quelle: ILO 2019

    Durchschnittliche Monatslöhne für ausgewählte Positionen In US-Dollar, 2019
    Position

    Monatslohn

    Durchschnittslohn

    148

    Führungskraft

    142

    Personal mit akademischer Ausbildung

    197

    Techniker:in

    177

    Unterstützende Bürokraft

    144

    Dienstleistungs- und Verkaufskraft

    82

    Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft

    85

    Handwerker:in

    128

    Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft

    131

    Hilfskraft

    86

    Quelle: ILO 2019

    Nebenkosten durchschnittlich hoch

    Die Lohnnebenkosten betragen in Nigeria rund 20 bis 25 Prozent und liegen im weltweiten Vergleich damit im durchschnittlichen Bereich.

    Beiträge für die Rentenversicherung sind für öffentliche Unternehmen und Unternehmen mit mehr als 15 Mitarbeitern verpflichtend. Der Arbeitgeber zahlt einen Anteil von 10 Prozent an den staatlichen Rentenfonds, der Arbeitnehmer einen Beitrag von 8 Prozent. Es obliegt dem Arbeitgeber, darüber hinaus für seinen Arbeitnehmer einen höheren Beitrag zu zahlen. Zudem kann der Arbeitgeber entscheiden, den gesamten Beitrag zu übernehmen. In dem Fall beträgt er allerdings mindestens 20 Prozent.

    Beiträge für die Krankenversicherung (National Health Insurance System, NHIS) sind für Arbeitgeber ab fünf Mitarbeitern verpflichtend. Der Beitrag für den Arbeitgeber beträgt 10 Prozent, der Arbeitnehmeranteil 5 Prozent. Der Arbeitgeber kann aber auch den gesamten Beitrag übernehmen. Arbeitgeber, die nicht zur Zahlung von Beiträgen an das NHIS verpflichtet sind, erstatten ihren Mitarbeitern oftmals die Arztrechnungen.

    Des Weiteren sind Beiträge zum Nigerian Social Insurance Trust Fund (NSITF) verpflichtend, der im Falle von Arbeitsunfällen an den Arbeitnehmer und die Hinterbliebenen Unterstützungszahlungen leistet. Der Arbeitgeber muss zum NSITF einen Beitrag in Höhe von 1 Prozent zahlen.

    Zudem führt der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer 2,5 Prozent an den National Housing Fund (NHF) ab. Verpflichtend ist dies jedoch nur für Angestellte im öffentlichen Dienst. Für Arbeitnehmer im Privatsektor ist die Abführung freiwillig. Öffentliche Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, ihre Mitarbeiter beim NHF zu registrieren.

    Sozialbeiträge 2024In Prozent der Bemessungsgrundlage
     

    Beitragshöhe in Prozent

    Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil)

    10

    Krankenversicherung (Arbeitgeberanteil)

    10

    Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsschutz (Arbeitgeberanteil)

    k.A.

    Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil)

    k.A.

    Abgaben für Nigerian Social Insurance Trust Fund (Arbeitgeberanteil)

    1

    Abgaben für National Housing Fund (Arbeitgeberanteil, nur tlw. Pflichtabgabe) 

    2,5

    falls dieses Feld nicht ausreicht, bitte die Anmerkungen im Detailtext ausführenQuelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Von Corinna Päffgen | Accra

  • Arbeitsrecht

    Das nigerianische Individualarbeitsrecht geht grundsätzlich vom Prinzip der Vertragsfreiheit aus. Daneben sind zahlreiche weitere Vorschriften zu beachten.

    Das nigerianische Arbeitsgesetzbuch (Labour Act) unterscheidet zwei Kategorien von Beschäftigten: Arbeiter (workers) und Mitarbeiter (employees). Der Begriff des Arbeiters ist in Sec. 91 Arbeitsgesetzbuch (Labour Act) legaldefiniert als allgemeine Arbeitnehmer, die manuelle Arbeit (manual work) oder Büroarbeit (clerical work) verrichten und die keine administrative, leitende, oder technische Funktion ausüben oder professionelle Dienstleistungen (professional function) erbringen. Dies gilt zum Beispiel für Manager, Krankenschwestern, Banker und Anwälte.

    Beschäftigte, die letztere Funktionen ausüben, gelten als Mitarbeiter und werden von den meisten Vorschriften des Arbeitsgesetzbuchs nicht erfasst. Maßgeblich für die Arbeitsbedingungen sind hier die jeweiligen Verträge. 

    Zu beachten ist, dass andere arbeitsrechtliche Vorschriften diese Unterscheidung nicht treffen.

    Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
    Vergütung: Regelung durch Individualarbeitsverträge und Tarifverträge.
    Mindestlohn: 30.000 Naira monatlich; wird derzeit neu ausgehandelt.
    Arbeitsstunden pro Woche: 48 Stunden.
    Regelarbeitstage pro Woche: Maximal 6 Tage.
    Zulässige Überstunden: Keine Regelung, mindestens ein Ruhetag pro Woche.
    Bezahlte Feiertage: 12 Tage.
    Bezahlte Urlaubstage: Mindestens 6 Tage, ist Verhandlungssache.
    Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt): Kein gesetzlicher Anspruch. Bonuszahlungen sind verbreitet und Verhandlungssache.
    Tage mit bezahltem Arbeitsausfall: Kein gesetzlicher Anspruch. Viele Arbeitgeber gewähren aber Sonderurlaub für Beerdigungen, Hochzeiten etc.
    Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: 12 Tage im Jahr.
    Probezeit: Gesetzlich nicht vorgeschrieben.
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Rechtsgrundlagen

    Die folgende Auflistung stellt eine Auswahl einschlägiger Gesetze zum Individualarbeitsrecht ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

    • Der Labour Act 2004 enthält Regelungen unter anderem zum Arbeitsverhältnis, Kündigungsrecht und Arbeitsschutzrecht.
    • Der National Minimum Wage Act 2019 legt den bundesweiten Mindestlohn fest.
    • Der Trade Unions Act regelt das Recht der Gewerkschaften und das Recht der Vereinigungsfreiheit.
    • Der Factories Act enthält Vorschriften zum Arbeitsschutz. Der Employees´ Compensation Act regelt Entschädigungsleistungen bei Unfällen am Arbeitsplatz.
    • Der National Health Insurance Act regelt das nationale Krankenversicherungssystem mit dem Ziel, einen universellen Zugang zum Gesundheitssystem zu erreichen. 
    • Vorschriften zur Rente finden sich im Pension Reform Act.
    • Zudem existieren eine Reihe von Vorschriften zu Abgaben an bestimmte Funds wie den National Housing Fund Act und den Industrial Training Fund Act.
    • Antidiskriminierungsgesetze wie der HIV and AIDS (Anti-Discrimination) Act und der Discrimination against Persons with Disabilities (Prohibition) Act verbieten die Diskriminierung aufgrund von Krankheiten und Behinderungen.

    Vertragsabschluss 

    Grundsätzlich kann ein Arbeitsvertrag mündlich oder schriftlich geschlossen werden, allerdings schreibt Sec. 7 Arbeitsgesetzbuch vor, dass innerhalb von drei Monaten dem Arbeiter ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt werden muss. Dieser hat bestimmte vorgeschriebene Bestandteile zu enthalten, dazu zählen unter anderem die Art der zu verrichtenden Arbeit, Angaben zum Lohn und der Berechnung des Lohns, Arbeitszeit, Urlaubstage und Kündigungsfrist, Jahresbonus sowie zu einer Abfindung im Kündigungsfalle (Sec. 7 Arbeitsgesetzbuch).

    Eine Form für einen Vertrag von Mitarbeitern (employees) ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Ein schriftlicher und möglichst detaillierter Vertrag ist für Beweiszwecke dringend zu empfehlen.

    Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

    Die Rechte und Pflichten für Mitarbeiter und Arbeiter ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag, dem Arbeitsgesetzbuch und weiteren oben aufgeführten Schutzgesetzen. Zudem schreibt Sec. 7 Arbeitsgesetzbuch vor, dass der Arbeiter seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen sicheren Arbeitsplatz zur Verfügung stellen muss.

    Vertragsbeendigung 

    Ein Arbeitsverhältnis kann ordentlich und außerordentlich gekündigt werden. Zur ordentlichen Kündigung muss der Arbeitsvertrag sowohl bei Arbeitern als auch bei Mitarbeitern entsprechende Regelungen (Kündigungsfrist und Abfindung) enthalten.

    Grundsätzlich kann einem Arbeiter jederzeit ohne die Angabe von Gründen ordentlich gekündigt werden. Das Nationale Arbeitsgericht (National Industrial Court) hat jedoch darauf hingewiesen, dass in Übereinstimmung mit internationalen Standards die Gründe für eine Kündigung dem Arbeiter mitzuteilen sind. Die gesetzliche Kündigungsfrist richtet sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses (Sec. 11 Arbeitsgesetzbuch): 

    • ein Tag bei einem Arbeitsverhältnis, das weniger als 3 Monate besteht;
    • eine Woche bei einem Arbeitsverhältnis, das mehr als drei Monate aber weniger als zwei Jahre besteht;
    • zwei Wochen bei einem Arbeitsverhältnis, das mehr als zwei Jahre aber weniger als fünf Jahre besteht;
    • ein Monat bei einem Arbeitsverhältnis, das länger als fünf Jahre besteht.

    Eine abweichende Vereinbarung kann im Arbeitsvertrag vereinbart werden, jedoch können die gesetzlichen Fristen nicht unterlaufen werden.

    Beträgt die Kündigungsfrist eine Woche oder mehr, muss die Kündigung schriftlich erfolgen. Eine Kündigung darf grundsätzlich nicht während der Zeit des Mutterschutzes erfolgen (Sec. 54 Arbeitsgesetzbuch).

    In der Rechtsprechung anerkannt ist zudem die außerordentliche Kündigung aufgrund von Fehlverhalten des Arbeitnehmers. Dies kann beispielsweise kriminelles Verhalten aber auch berufliche Inkompetenz oder Verstöße gegen die vereinbarten Arbeitnehmerpflichten beinhalten und kommt auf den jeweiligen Einzelfall an. Vor einer Kündigung aus besonderem Grund sollte in der Regel eine Abmahnung erfolgen.

    Betriebsbedingte Entlassungen sind ebenfalls möglich (Vgl. Sec. 20 Arbeitsgesetzbuch).

    Von Corinna Päffgen | Accra

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Delegation der Deutschen Wirtschaft in NigeriaUnterstützt deutsche Unternehmen vor Ort
    Federal Ministry of Labour and EmploymentArbeitsministerium
    National Health Insurance SchemeKrankenversicherung
    National Bureau of StatisticsStatistikbehörde
    Nigeria Investment Promotion CommissionInvestitionsbehörde

     

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