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Branchen | Nordafrika | Nahrungsmittel- , Verpackungsmaschinen

Große Bandbreite von Projekten im Nahrungsmittelsektor Nordafrikas

Tunesien zieht mehr ausländische Direktinvestitionen für Erweiterungen und neue Vorhaben an. Internationale Unternehmen engagieren sich in der ägyptischen Nahrungsmittelindustrie.

Von Verena Matschoß, Ullrich Umann, Marcus Knupp | Tunis, Casablanca, Berlin

Algerien will mit katarischem Unternehmen Milchpulverproduktion ausbauen

Ende April 2024 unterzeichneten das algerische Landwirtschaftsministerium und das katarische Unternehmen Baladna einen Rahmenvertrag zum Bau eines integrierten Komplexes zur Produktion von Milchpulver auf einer Fläche von 117.000 Hektar. Die erste von insgesamt vier Phasen startet 2026. Das Projekt in Adrar wird jährlich fast 194.000 Tonnen Milchpulver produzieren. Neun Jahre nach Projektstart soll der Viehbestand bei 270.000 und die Jahresproduktion bei 1,7 Milliarden Liter Milch liegen. 

Das Projekt in der Sahara umfasst drei Hauptbereiche: Getreide- und Futtermittelproduktion, Viehzucht für Milch und Fleisch sowie eine Milchpulverfabrik. Die Gesamtkosten werden auf 3,5 Milliarden US-Dollar (US$) geschätzt. Ein Joint Venture zwischen dem staatlichen Fonds National d’Investissement (49 Prozent) und Baladna (51 Prozent) soll das Projekt umsetzen. Die Aktionärsvereinbarung wurde am 19. September 2024 unterzeichnet.  

Ausländische Investitionen in Tunesiens Nahrungsmittelsektor steigen

Über neue Projekte in der tunesischen Ernährungswirtschaft ist wenig bekannt. Nach Angaben der tunesischen Foreign Investment Promotion Agency (FIPA) gab es im 1. Halbjahr 2024 aber eine positive Entwicklung bei den ausländischen Investitionen. So gab es insgesamt 47 Projekte mit ausländischer Beteiligung, davon 40 Erweiterungen und 7 neue Vorhaben. Der Wert der ausländischen Direktinvestitionen betrug umgerechnet rund 18 Millionen Euro. Im 1. Halbjahr 2023 waren es insgesamt nur 26 Projekte mit einem Wert der FDI von 10,5 Millionen Euro. 

In Marokko gehen die Investitionen leicht zurück

In der marokkanischen Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie gingen die Projekte im 2. und 3. Quartal 2024 zurück. Aktivitäten führten aber zumindest Hersteller von Couscous, von Verpackungen für die Nahrungsmittelindustrie, von Fischkonserven und ein marokkanischer Staatsfonds durch. Letzter bündelt in seinem Portfolio europäische und afrikanische Süßwarenhersteller. Die Regierung fördert die Rinderzucht und Milchwirtschaft, um den Inflationsdruck auf Fleisch und Milch zu lindern.

Couscoushersteller modernisiert IT

Dari Couspate, ein marokkanischer Hersteller und Exporteur von Couscous, mit einer Präsenz in mehr als 45 Ländern, modernisiert 2024 die IT-Systeme. Ziel ist ein höherer Automatisierungsgrad der Produktion sowie Effizienzsteigerungen. Ebenso werden Maßnahmen des Umweltschutzes, des Abfallmanagements und zur Verringerung des Strom- und Wasserverbrauchs durchgeführt. Die Tochtergesellschaft Dari Foods International hat 2024 eine Couscousproduktion in Belgien gekauft.

Bedruckte Verpackungen für die Nahrungsmittelindustrie

Der Hersteller von Verpackungen aus Papier und Karton, darunter für die Nahrungsmittelindustrie, GPC-Gharb, baut in Meknes eine Fabrik für bedrucktes Papier und Wellpappe im Investitionswert von 18 Millionen Euro. Installiert wird unter anderem eine High-Graphic-7-Farb-Druckmaschine. Mit dieser Produktionsanlage stärkt das Unternehmen seine führende Position bei hochwertigem Verpackungsmaterial.

Haliopolis errichtet Gefrieranlage

Im Industriepark für Fischverarbeitung, Haliopolis Agadir, wird eine Gefrieranlage im Wert von 4 Millionen Euro gebaut - in Folge entstehen 100 Arbeitsplätze. Mit der Fertigstellung wird 2025 gerechnet. Anschließend können angesiedelte Fischverarbeiter internationale Standards besser einhalten, was das Exportgeschäft beflügelt.

Die marokkanische Fischindustrie muss jedoch Maßnahmen gegen Überfischung ergreifen. Unterstützung erhält der Erwerbszweig dabei im Rahmen des Regierungsprogramms Blue Economy. Die Weltbank unterstützt das Programm mit einem Kredit in Höhe von 350 Millionen US$. Doch soll sich die Zahl der im Fischfang und der Fischverarbeitung tätigen Personen nicht verringern, sondern bis 2030 laut Regierungsplänen verdreifachen. Derzeit werden in diesem Erwerbszweig knapp 72.000 Arbeitsplätze gezählt, davon 40.000 im traditionellen Fischfang.

Staatsfond Al Mada verlinkt Europas und Afrikas Süßwarengeschäft

Teralys, eine Gesellschaft im Besitz des marokkanischen Staatsfonds Al Mada, steht kurz davor, den italienischen Hersteller von Brotaufstrichen und Schokolade, Nutkao, für 450 Millionen Euro zu übernehmen. Neben dem Stammsitz der Nutkao-Gruppe in Italien umfasst die Transaktion auch deren Tochterfirmen, so den Hersteller von Streichcremes Boerrineke in Belgien, weiterhin Antichi in Italien, ein Produzent handgemachter Pistazienbonbons, sowie den Verarbeiter von Kakaobohnen Afrotropic in Ghana.

Teralys hatte 2023 bereits Patisen, eine panafrikanische agroindustrielle Gruppe mit Sitz im Senegal übernommen. Durch die in Kürze zu erwartende Übernahme von Nutkao will Teralys seine industriellen und kommerziellen Kapazitäten auf den europäischen und afrikanischen Märkten für Süßwaren bündeln und damit für neue Synergien sorgen.

Krise der marokkanischen Fleisch- und Milchwirtschaft hält an

Die marokkanische Fleisch- und Milchwirtschaft hat sich von der Coronapandemie noch nicht wieder erholt. So ist der Rinderbestand von 2020 auf 2023 um 10 Prozent auf 1,64 Millionen gesunken, bei einem gleichzeitigen Einbruch der Milchproduktion um 25 Prozent auf circa 2 Milliarden Liter pro Jahr. Das Ministerium für Landwirtschaft, Seefischerei, ländliche Entwicklung und Wasser- und Forstwirtschaft steuert gegen und übertrug im September 2024 die Verwaltung des regionalen Zentrums für künstliche Besamung in Ain Jemaadem dem Branchenverband "Maroc Lait".

Verbandspräsident Rachid Khattate erklärte, dass das Hauptziel darin bestünde, die nötige Infrastruktur zu schaffen, um bis zu 50 Prozent der für die künstliche Besamung von Milchkühen benötigten Dosen direkt in Marokko herzustellen. Gleichzeitig fördert das Ministerium die Modernisierung von EDV-Systemen in ausgewählten Milchgenossenschaften: Etwa 700.000 kleine Landbetriebe sind in diesen Genossenschaften organisiert, die ihrerseits Großabnehmer wie Danone und COPAG mit Milch beliefern.

Internationale Unternehmen engagieren sich in Ägypten

Hohe Inflation und eine starke Abwertung verteuern den Import von Nahrungsmitteln und Vorprodukten nach Ägypten. Unternehmen reagieren mit einer verstärkten Lokalisierung der Produktion. Deutliches Zeichen dafür sind Erweiterungsinvestitionen bestehender Player und die Übernahme lokaler Unternehmen durch Konzerne aus Europa und vom arabischen Golf. Weitere Projekte betreffen die Infrastruktur, beispielsweise Silos, Lagerhallen und Kühlhäuser.

Das Unternehmen SulleX Logistics etwa baut in den nächsten sechs Jahren fünf sogenannte Cold Chain Hubs auf. Mit Kühlhäusern und einer Flotte von Kühllastwagen stellt SulleX die Einhaltung der Kühlkette sicher. Betriebe der Nahrungsmittelindustrie können diese in den Gewerbegebieten der Hubs nutzen. Ziel ist es, die bisher hohen Verluste an Frischwaren durch Verderben zu reduzieren.

Das ist besonders wichtig für Anbieter von Milchprodukten. In diesem Bereich ist derzeit erhöhte Aktivität zu beobachten. So bemüht sich der dänische Konzern Arla Food um die Übernahme des ägyptischen Molkereiunternehmens Domty, das neben Käse und Saft seit kurzem auch verpackte Sandwiches herstellt. Für den 100-prozentigen Erwerb von Domty hat Arla nach eigenen Informationen im Oktober 2024 einen Betrag von 183 Millionen US$ angeboten. Das Unternehmen Almarai aus Saudi-Arabien hat kürzlich zwei neue Produktionslinien für Milch bei seinem ägyptischen Tochterunternehmen Beyti in Betrieb genommen.

Bisco Misr ist ein Hersteller von Gebäck in Ägypten, an dem seit 2015 der US-amerikanische Konzern Kellanova (ehemals Kellogg's) mit 86 Prozent größter Anteilseigner ist. Diese Beteiligung wird im 1. Quartal 2025 von Hayel Saeed Anam (HSA) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) übernommen. Gegenüber der Presse sagte Muneer Hayel Saeed, Mitglied der HSA-Geschäftsführung, dass die Ankündigung eine starke Expansion bei Bisco Misr bedeute, ohne auf Details einzugehen.

Der schweizerische Hersteller von Schokolade Barry Callebaut, der weltweit über insgesamt 66 Produktionsstandorte verfügt, will nun auch in Ägypten aktiv werden. Das Unternehmen kündigte an, dort ein Produktionszentrum nicht nur für den lokalen Markt, sondern auch für die gesamte Region Mittlerer Osten und Nordafrika (MENA) sowie afrikanische Märkte aufzubauen. Barry Callebaut will dort 30 Millionen US$ investieren.

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