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Special | Österreich | Klimaschutz im Dialog

Die Kreislaufwirtschaft stellt ganze Wertschöpfungsketten neu auf

Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 komplett auf CO2-Emissionen zu verzichten und setzt dabei unter anderem auf eine funktionierende Kreislaufwirtschaft.

Von Benedict Hartmann | Bonn

Die innovativen Geschäftsideen der überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen im österreichischen Green Tech Cluster leisten dabei einen entscheidenden Beitrag. Kooperationsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen ergeben sich vor allem bei digitalen Anwendungen und Maßnahmen für eine sortenreine Mülltrennung. Innovative Geschäftsmodelle sind gefragt. Bernhard Puttinger, Geschäftsführer des Green Tech Clusters im Süden Österreichs, spricht im Interview mit Germany Trade & Invest über den aktuellen Stand der nationalen Kreislaufstrategie in Österreich. 

Bernhard Puttinger, Green Tech Cluster Styria Bernhard Puttinger, Green Tech Cluster Styria | © stella

Herr Puttinger, wie entscheidend ist die Kreislaufwirtschaft für das Erreichen der Klimaschutzziele in Österreich?

Die Wiederverwendung von Ressourcen in einer bestenfalls geschlossenen Kreislaufwirtschaft ist eine der wichtigsten Maßnahmen für den Klimaschutz. Die ambitionierten Ziele der österreichischen Regierung sind wichtige Impulsgeber, vor allem in Bezug auf die gegenwärtige Entwicklung der Kreislaufwirtschaftsstrategie. Konkret will man die Ressourceneffizienz und Nutzungsrate wiederverwendbarer Stoffe steigern. Ein durchaus vielversprechender Weg, schaut man sich die positiven Beispiele an, etwa in den Niederlanden. Eine Herausforderung wird es jedoch sein, die weiteren Ziele umzusetzen, etwa den Ressourcenverbrauch allgemein sowie den Materialverbrauch im privaten Konsum deutlich zu senken.

Mit der Entwicklung einer nationalen Kreislaufstrategie ist Österreich Deutschland einen Schritt voraus. Ist das auf die Bestrebungen der aktuellen Regierung zurückzuführen?

Für den Erfolg der nationalen Kreislaufstrategie ist es sehr wichtig, bestehende Maßnahmen, wie zum Beispiel das Abfallvermeidungsprogramm und den Masterplan Umwelttechnologie miteinander zu verzahnen. Diese sind von den Schwerpunktsetzungen der jeweiligen Regierungen abhängig. EU-Richtlinien hingegen schaffen einen langfristigen Rahmen für klimaschutzwirksame Programme. So müssen sich etwa die Unternehmen an die Berechnungen der europaweit geltenden, unternehmensbezogenen Treibhausgasemissionen halten. Um diese in produzierenden Unternehmen zu senken, ist die Nutzung von Sekundärrohstoffen mit deutlich geringerem CO2-Rucksack ein zentraler Hebel.

Wie schätzen Sie die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen innerhalb der Bevölkerung ein?

Der Klimawandel ist mehr denn je im Bewusstsein der Menschen angekommen. Nicht zuletzt aufgrund des Krieges in der Ukraine und dem damit einhergehenden Bedarf an alternativen Energiequellen. Es wird entscheidend sein, inwieweit dieses Bewusstsein nun zu noch umfassenderen Klimaschutzmaßnahmen der einzelnen Regionen führen wird. In Bezug auf die Kreislaufwirtschaft ist zum Beispiel bei der so wichtigen Vorsortierung der Abfälle nach wie vor sehr viel Luft nach oben, insbesondere in den urbanen Regionen. 

Wie lassen sich die Kreisläufe mithilfe Ihrer Mitgliedsunternehmen schließen?

Klimaschutz ist bei den Unternehmen angekommen, Kreislaufwirtschaft und das Bewusstsein für nachhaltige Wertschöpfungsketten folgt in dessen Windschatten. Auch finanzielle Anreize spielen dabei eine Rolle: So lassen sich durch eine effiziente Rohstoffnutzung erheblich Unternehmenskosten einsparen und mit nachhaltigeren Produkten die eigene Wettbewerbsposition etwa in der Automobil- oder Mikroelektronikindustrie stärken. Die Unternehmen des Green Tech Valley bieten hier über 600 Lösungen für die grüne Transformation der Industrie an.

Ein weiterer Aspekt, warum Unternehmen einen Fokus auf eine nachhaltige Transformation legen, ist der Fachkräftemangel in Österreich. Wir sehen, dass Unternehmen mit einer glaubwürdigen grünen Transformationsstrategie tendenziell eher Fachkräfte binden können.

Welche Herausforderungen oder Risiken sehen Sie im Rahmen einer Kreislaufwirtschaftsstrategie?

Im Bereich der Kreislaufwirtschaft für Unternehmen bestehen derzeit wenige ausgeprägte Standards, anders als etwa die Normen für Klimabilanzen, die auf dem Greenhouse Gas Protocol aufbauen. Mit der Kreislaufwirtschaft steht für viele Unternehmen auch das eigene Geschäftsmodell zentral auf dem Prüfstand. Am Beispiel eines Glasflaschen-Produzenten: Soll ich nachhaltiger produzieren, oder soll ich meine Kunden stärker bei der Mehrfachnutzung meines veränderten Produktes unterstützen? Oder am Beispiel eines Eisenbahnschienen-Produzenten: Wie kann ich die längere Lebensdauer meiner Hochqualitätsschienen mit dem entsprechenden Klimavorteil über den Lebenszyklus beim Produktvergleich sichtbar machen?   

Wie könnten denn Unternehmen aus Deutschland und Österreich einen gemeinsamen Weg finden?

Es gibt viele Kooperationsmöglichkeiten. Gerade das Green Tech Valley bietet als erstklassiger Technologie-Hotspot für Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft viele Lösungen, Kooperationspartner und Forschungseinrichtungen für Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Gibt es hierzu Beispiele aus der Praxis?

Einige namhafte Kooperationen haben sich bereits gebildet. So bündeln beispielsweise die Firma Saubermacher AG aus Graz und die Redux GmbH aus Bremerhaven ihre Ressourcen, um das Batterierecycling effektiver voranzutreiben. Auch die ANDRITZ AG kooperiert mit der MAN Energy Solutions SE bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff.

Gerade mit der Kreislaufwirtschaft werden ganze Wertschöpfungsketten neu aufgestellt. Die Chancen für gemeinsame Aktivitäten zwischen deutschen und österreichischen Unternehmen als Pioniere in diesem Bereich sind also größer denn je.

Weitere Informationen:


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