Wirtschaftsausblick | Österreich
Österreichs Konjunktur kommt langsam in die Spur
Die gebeutelte österreichische Wirtschaft wächst 2024 wieder etwas, wenn auch ohne große Dynamik. Neuen Schwung erwarten Experten erst für 2025.
14.06.2024
Von Oliver Döhne | Bonn
Wirtschaftsentwicklung: Moderate Konjunkturerholung
Das österreichische Bruttoinlandsprodukt wird 2024 voraussichtlich um knapp 0,3 Prozent zulegen und damit nach dem schwachen Vorjahr immerhin wieder wachsen. Motor ist der private Konsum, der angesichts fallender Inflation und Lohnanstiegen vergleichsweise gut läuft. Davon profitiert in erster Linie die Dienstleistungswirtschaft. Bremsfaktoren bleiben die geringe Nachfrage im Ausland, die schwache Baukonjunktur und eine entsprechend geringe Investitionsneigung. Die Hoffnungen liegen auf Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB), einer konjunkturellen Erholung im Ausland, wohin ein Großteil der österreichischen Industrieproduktion geht, und auf dem neuen Förderpaket für die Bauindustrie, das seine Wirkung aber erst 2025 voll entfalten wird.
Vorerst weitere Zurückhaltung bei neuen Investitionen
Die Investitionsdynamik ist zur Jahresmitte 2024 noch schwach, sowohl im Bau als auch in der verarbeitenden Industrie. Die magere Auftragslage von 2023 und Anfang 2024 wird sich noch einige Zeit bemerkbar machen. Auch bei Auslandsinvestoren hat Österreich an Attraktivität eingebüßt, so das Fazit des aktuellen Attractiveness Survey des Beratungsunternehmens EY. Angeführte Gründe sind hohe Kosten, wenig Fortschritt bei Forschung und Entwicklung sowie wenig digitale Innovation.
Dennoch zeigen sich zur Jahresmitte erste Hoffnungsschimmer, auch begründet durch die erwarteten Zinssenkungen der EZB. Zäh bleibt die Lage besonders im Hochbau und in der baunahen Metallindustrie. Insgesamt werden die Bruttoanlageinvestitionen 2024 erneut sinken. Die österreichische Nationalbank war in ihrer Prognose von Anfang Juni (-1,9 Prozent) sogar noch skeptischer als die EU-Kommission Mitte Mai (-1 Prozent). Im Jahr 2025 könnten die Investitionen dann sowohl bei Ausrüstungen als auch im Bauwesen wieder anziehen. Der Staat investiert in die Infrastruktur, fördert energieeffiziente Bau- und Sanierungsmaßnahmen, die Energiewende in Industrie und Mobilität sowie den Ausbau der Halbleiterindustrie.
Privater Verbrauch stützt die Konjunktur
Positive Impulse kommen auch im 2. Halbjahr 2024 vom privaten Konsum. Die Inflation fällt 2024 laut EZB auf 3,4 Prozent, 2025 dann voraussichtlich auf 2,7 Prozent. Die zeitlich verzögert einsetzenden Lohnerhöhungen (als Ausgleich für die Inflation im Vorjahr) erhöhen die Reallöhne. Auf dem insgesamt weiter stabilen Arbeitsmarkt wächst die Zahl der Arbeitssuchenden und könnte im Jahresdurchschnitt 6,7 Prozent erreichen, 2025 dann aber wieder auf 6,3 Prozent fallen. Insgesamt überwiegt beim Konsum der positive Reallohneffekt.
Ein sich erholender Welthandel wird auch die Auslandsnachfrage nach österreichischen Gütern beleben. Im Gesamtjahr 2024 wird so der Export wieder positiv zum Wirtschaftswachstum beitragen. Bisher kommen Impulse aber nur aus Übersee, insbesondere aus den USA. Die noch immer schwache Konjunktur in Deutschland wirkt sich auch auf Österreich aus. Für 2025 und 2026 erwarten Experten eine Verbesserung des außenwirtschaftlichen Umfelds.
Top-Thema: Schwächephase der Industrie scheint abzuklingen
Lagerabbau bei Fertigwaren, ein abnehmender Produktionsrückgang und Anzeichen für eine bessere Auftragslage, besonders im Ausland, könnten ein baldiges Comeback von Österreichs leidender Industrie einläuten. Darauf deutet zumindest die monatliche Umfrage unter den österreichischen Einkaufsmanagern der verarbeitenden Industrie der Bank Austria, deren Index im Mai den höchsten (und damit positivsten) Wert seit 15 Monaten erreichte. Nach Angaben von Bank Austria deuten die Auftrags- und Lagerbestände auf eine bevorstehende Produktionsausweitung hin. Die Produktionserwartung für die kommenden zwölf Monate stieg ebenfalls an. Eine tatsächliche neue Wachstumsphase hat jedoch noch nicht begonnen und dürfte, wenn sie voraussichtlich im 2. Halbjahr 2024 einsetzt, vorerst moderat ausfallen, so Marktexperten.
Deutsche Perspektive: Nachbarland bleibt wichtiger Wirtschaftspartner
Österreich war im Jahr 2023 aus deutscher Sicht der siebtgrößte Absatzmarkt und der achtgrößte Lieferant. Das bilaterale Handelsvolumen belief sich laut Statistischem Bundesamt auf rund 137 Milliarden Euro. Der Marktanteil Deutschlands in Österreich ist groß und stabil, beide Länder sind wirtschaftlich eng miteinander verbunden. Rund 32 Prozent der österreichischen Importe stammten 2023 aus Deutschland; rund 29 Prozent der österreichischen Exporte gingen nach Deutschland. Als Wettbewerber für Lieferungen nach Deutschland folgen, mit größerem Abstand, China und Italien, wobei China 2023 Anteile einbüßte.
Auch bei den Neuansiedlungen setzt Deutschland nach wie vor auf Österreich. Die österreichische Standortagentur ABA führte 2023 rund 20 Prozent aller Investorenberatungsgespräche mit deutschen Unternehmen. Der Gesundheitskonzern Fresenius Kabi und das Unternehmen Bosch kündigten größere Investitionen an. "Linz ist mit seiner Wasserstoffexpertise ein wichtiger Standort, um einen raschen Aufbau der Wasserstoffproduktion in Europa und darüber hinaus voranzutreiben", sagt Bosch Österreich-Chef Helmut Weinwurm gegenüber ABA.
Österreich ist ein aufnahmefähiger Markt für Konsum- und Investitionsgüter. Die hohe Kaufkraft und die enge kulturelle Verbundenheit zu Deutschland sorgen für Nachfrage nach Kfz, Kleidung, Lebensmitteln, Möbeln, Schuhen und anderen Konsumgütern. Im Maschinenbau sowie in der Metall- und Elektroindustrie besteht ein enger Austausch entlang der Lieferketten. Potenzial besteht laut Landeskennern unter anderem im Energiesektor, bei nachhaltigen Baustoffen und Recycling, Speichertechnologien, Wasserstoff sowie Biotechnologie und Forschung.
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