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E-Mobilität könnte dem Kfz-Sektor neuen Schwung bringen
In Oman befindet sich der Kfz-Markt seit vielen Jahren in der Krise. Aber bei Elektrofahrzeugen könnte es zukünftig signifikante Zuwächse geben.
08.06.2022
Von Robert Espey | Dubai
Die Bedeutung von E-Mobilität ist in Afrika/Nahost bislang noch marginal. In der Region wurden 2021 insgesamt nur 18.364 vollelektrische Batterieelektrofahrzeuge (Battery Electric Vehicles/BEV; ohne Plug-in Hybrid Electric Vehicles/PHEV) verkauft, so die Berechnungen von "E-Volumes.com". Dieser Wert entsprach weniger als 0,4 Prozent des weltweiten BEV-Absatzes.
EV-Bestand gering, nur wenige Ladestationen
Auch im Sultanat Oman sind Elektroautos noch Exoten. Zuverlässige Angaben über die Zahl der in Oman derzeit registrierten EV-Fahrzeuge liegen nicht vor, Schätzungen gehen von weniger als 500 aus. Eine öffentliche Ladeinfrastruktur fehlt. Electromaps listet landesweit neun Ladestationen mit insgesamt 18 Anschlüssen. Davon befinden sich sieben Ladestationen in der Hauptstadtregion. Für Tesla stehen elf Anschlüsse bereit, ferner gibt es vier Typ-2 Anschlüsse und jeweils einen Schuko-, einen CCS2 und einen CHAdeMO-Anschluss.
Shell Oman hat im Februar 2022 an einer Tankstelle in Muscat (Al Bandar Service Station in Seeb) eine erste Ladestation (Leistung: 50 Kilowatt) in Betrieb genommen. Das Unternehmen macht keine Angaben über die mögliche Installation weiterer Ladestationen.
Die "Authority for Public Services Regulation" (APSR) will bis Ende 2022 eine Verordnung für den Betrieb von Ladestationen erarbeiten. Dabei wird unter anderem mit dem Ministerium für Handel, Industrie und Investitionsförderung, dem Ministerium für Energie und Mineralien sowie der Royal Oman Police kooperiert.
Forcierung der E-Mobilität seit Jahren im Gespräch
Bereits 2018 hatte Omans Authority for Electricity Regulation (AER) das US-Beratungsunternehmen Energy and Environmental Economics (E3) zusammen mit dem britischen Consultant Baringa Partners beauftragt, eine Studie über "Regulatory Frameworks for Electric Vehicles in Oman - International Best Practices Findings and Prioritized Recommendations" zu erstellen. Die 100-seitige Studie wurde im Oktober 2018 vorgelegt. Anfang 2019 fand in Muscat ein "E-Mobility Forum" statt.
Prototyp eines omanischen Elektroautos präsentiert
Die Diskussionen über E-Mobilität haben durch die Vorstellung eines in Oman entwickelten BEV-Prototyps neue Impulse erhalten. Im Februar 2022 präsentierte das lokale Unternehmen Mays Motors im Al Bustan Palace Hotel (Muscat) ein zweisitziges Elektrofahrzeug, den Mays iE1. Das Auto mit Karbonfaserkarosserie hat einen Hinterradantrieb, soll über eine Reichweite von mehr als 500 Kilometer verfügen und eine Spitzengeschwindigkeit von 280 Kilometer pro Stunde erreichen.
Mays Motors wird vom staatlichen Oman Technology Fund unterstützt beziehungsweise finanziert. Das Unternehmen plant, für 13 Millionen US-Dollar (US$) eine Fabrikationsanlage zu errichten und Ende 2023 mit der Fertigung zu beginnen. Innerhalb der ersten fünf Jahre wird eine Produktion von insgesamt 600 Fahrzeugen angestrebt. Nach Firmenangaben sind schon über 100 Vorbestellungen eingegangen. Der Preis für die iE1 Basisversion beträgt 65.000 US$.
Kfz-Markt setzt Talfahrt fort
In Oman ist der Verkauf von Pkw und leichten Lkw (SUV, Pick-ups etc.) im 1. Quartal 2022 möglicherweise weiter geschrumpft. Dem Informationsdienst "Best Selling Cars" zufolge ging der Absatz im März gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat um 26 Prozent auf 5.861 Fahrzeuge zurück. Daten für Januar und Februar liegen nicht vor.
Der Absatz ist 2021 mit 72.190 Fahrzeugen auf Vorjahresniveau stagniert (2020: 72.014 Einheiten). Mit 219.636 abgesetzten Fahrzeugen wurde 2013 der bisherige Spitzenwert erreicht.
Omans Pkw- und Leicht-Lkw-Markt ist durch die Dominanz japanischer Marken gekennzeichnet, der Marktanteil lag 2021 bei über 79 Prozent. Toyota hatte mit 36.677 Fahrzeugen (einschließlich Lexus) einen Markanteil von rund 51 Prozent. Die SUV- und Pick-up-Sparte bildet bei Toyota den Absatzschwerpunkt. Von den Toyota-Modellen Hilux, Land Cruiser, Fortuner, Lexus LX, Prado, RAV4, Highlander und FJ Cruiser (Reihenfolge nach Absatzzahlen) wurden 26.089 Einheiten verkauft. Auf die Pkw-Modelle Corolla, Camry, Yaris und Lexus ES entfielen 4.549 Einheiten.
Nissan war 2021 in Oman der zweitgrößte Anbieter mit 12.876 verkauften Fahrzeugen (einschließlich Infiniti). Das Nissan-Modell Sunny kam auf 10.920 Einheiten, der SUV Patrol auf 658. Den 3. Platz belegte die Hyundai/Kia-Gruppe mit 6.193 Fahrzeugen. Die chinesischen Anbieter MG, Changan und Geely setzen insgesamt 4.339 Fahrzeuge ab.
Der Fahrzeugbestand ist in den letzten Jahren nur noch langsam gewachsen. Nach Angaben der Royal Oman Police ist die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge (alle Kategorien) zwischen Ende 2018 und Ende 2021 lediglich um insgesamt 3,8 Prozent gestiegen, von 1,50 Millionen auf 1,55 Millionen. Für April 2022 werden 1,57 Millionen angegeben. Der Anteil der Fahrzeuge mit einem Hubraum unter 1.500 Kubikzentimeter lag bei 7,5 Prozent. Ende 2020 hatten 57 Prozent der Fahrzeuge ein Baujahr zwischen 2010 und 2020, auf die Baujahre 2000 bis 2009 entfielen 35 Prozent, die restlichen 8 Prozent waren mehr als 20 Jahre alt.
Erstes Kfz-Montagewerk in Betrieb gegangen
Oman strebt seit langem den Aufbau einer Kfz-Industrie an. Ein erstes großes Projekt, ein 240 Millionen US$ teures Montagewerk für chinesische Busse, hat nach zweijähriger Bauzeit Ende 2021 die Produktion aufgenommen. Die Anlage steht in der Sonderwirtschaftszone Duqm. Der Investor, Karwa Automobiles, ist ein Joint Venture aus der Qatar National Transport Company (Mowasalat) und dem omanischen Staatsfonds (Oman Investment Fund). Es werden Busse der Marke "Higer" montiert. Eine Jahreskapazität von zunächst 500 und in der Endstufe von 3.000 Fahrzeugen ist vorgesehen. Karwa prüft auch die Möglichkeit, Elektrobusse zu produzieren.
Ein zwischen dem Oman Investment Fund und dem iranischen Automobilbauer Iran Khodro 2016 vereinbartes Projekt zum Bau von jährlich 15.000 bis 20.000 Pkw liegt seit 2019 auf Eis. Ob mittelfristig noch Realisierungschancen bestehen, ist unklar.