Branchen | Polen | Finanzwesen
Factoring zur Absicherung von Forderungen beliebt
Konjunkturflaute und Preissteigerungen begrenzen die Liquidität polnischer Unternehmen. Forderungen werden abgesichert. Factoring-Anbieter konnten auch 2022 kräftig zulegen.
14.02.2023
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Immer mehr polnische Unternehmen geraten in Zahlungsschwierigkeiten. Das für 2023 erwartete geringe Wirtschaftswachstum, steigende Preise - etwa für Energie und Materialien - sowie höhere Löhne schmälern die Liquidität. Daher wird es auch für deutsche Unternehmen noch wichtiger, Forderungen aus ihrem Polengeschäft abzusichern. Etliche Gesellschaften bieten in Polen Factoring-Leistungen an, darunter auch Export-Factoring für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
Umsatz erreicht fast 100 Milliarden Euro
Bereits 2022 stiegen die Factoring-Umsätze mit 27 Prozent auf Złoty-Basis nominal kräftig gegenüber 2021 auf 98,3 Milliarden Euro. Das errechnete der Polnische Factoring-Verband (Polski Związek Faktorów; PZF) auf Basis der Angaben seiner rund 30 Mitgliedsfirmen, die den Großteil der Factoring-Anbieter repräsentieren. Diese kauften insgesamt 23,9 Millionen Rechnungen auf (2021: 21,1 Millionen; +13 Prozent), allerdings von einer geringeren Anzahl von Unternehmen (-4 Prozent). Die wichtigsten Kunden der Factoring-Anbieter bleiben Produktions- und Vertriebsunternehmen. Die Bedeutung von Transportfirmen nahm 2022 allerdings merklich zu.
Jahr | Anzahl Kunden | Umsatz |
---|---|---|
2018 | 16.900 | 57,0 |
2019 | 18.000 | 65,5 |
2020 | 18.400 | 64,9 |
2021 | 25.800 | 79,4 |
2022 | 24.800 | 98,3 |
Sektor | Anteil 2021 | Anteil 2022 |
---|---|---|
Produktion | 44,6 | 45,0 |
Vertrieb | 35,5 | 36,6 |
Einzelhandel | 3,8 | 4,6 |
Transport | 2,9 | 4,6 |
Dienstleistungen | 1,9 | 1,9 |
Baugewerbe | 0,9 | 1,2 |
Sonstige | 10,4 | 6,1 |
Besonders kräftig legte 2022 das unechte Factoring zu, bei dem eine Zahlungsunfähigkeit des Handelspartners nicht abgesichert wird. Es überstieg die mit dem echten Factoring erzielten Umsätze, das dieses Risiko abdeckt. Der Schwerpunkt lag auf dem Inlandsgeschäft, während auf das internationale Factoring nur gut ein Fünftel der Umsätze entfiel. Relativ geringe Bedeutung hat weiterhin das stille Factoring, bei dem ein Unternehmen seine offenen Forderungen an ein Factoring-Unternehmen verkauft, ohne den Kunden darüber zu informieren.
2020 | 2021 | 2022 | Veränderung 2022/21 2) | |
---|---|---|---|---|
Echt | 31.575,7 | 40.469,4 | 48.136,0 | 22 |
Unecht | 33.279,3 | 38.913,3 | 50.144,3 | 32 |
Inländisch | 53.651,6 | 65.570,2 | 81.175,4 | 27 |
International | 11.203,5 | 13.812,5 | 17.104,8 | 27 |
Offen | 58.089,1 | 72.034,7 | 90.161,1 | 28 |
Still | 6.765,9 | 7.348,0 | 8.119,1 | 13 |
BNP Paribas Faktoring expandiert
Der PZF listet 24 Mitgliedsfirmen nach ihren Umsätzen 2022 auf. Unter den führenden Akteuren ist Auslandskapital stark vertreten. Spitzenreiter blieb die inländische Pekao Faktoring, die ihren Aufwärtstrend der vergangenen Jahre fortsetzen konnte. Ihren 2. Platz eroberte sich BNP Paribas Faktoring zurück und verwies ING Commercial Finance wieder auf den 3. Rang. Weiter gut zulegen konnte auch Eurofactor Polska. Der Factoring-Bereich der Sparkassenorganisation PKO erwies sich 2022 ebenfalls als besonders dynamisch.
Factoring-Anbieter | 2020 | 2021 | 2022 | Veränderung 2022/21 2) |
---|---|---|---|---|
Pekao Faktoring | 13.307,9 | 15.968,2 | 19.476,3 | 25 |
BNP Paribas Faktoring | 9.510,7 | 11.600,8 | 17.525,9 | 63 |
ING Commercial Finance | 8.320,1 | 11.060,4 | 14.221,6 | 26 |
Santander Factoring | 6.757,6 | 7.788,5 | 8.557,2 | 13 |
mFaktoring | 5.365,1 | 6.527,0 | 7.707,5 | 21 |
PKO Faktoring | 4.180,5 | 4.931,9 | 6.706,6 | 40 |
Coface Poland Factoring | 4.189,1 | 5.691,1 | 6.467,4 | 17 |
Bank Millennium | 5.229,6 | 5.957,0 | 5.823,8 | 0 |
Citi Handlowy | 2.211,3 | 2.445,5 | 2.415,9 | 1 |
Eurofactor Polska | 789,8 | 1.402,6 | 2.039,4 | 49 |
Zahlungsausfälle spürbar
Experten befürchten 2023 eine weitere Verschlechterung der Zahlungsmoral, die schon jetzt nicht gut sei. Laut dem Wirtschaftsinformationsbüro BIG InfoMonitor beklagten im 4. Quartal 2022 rund 43 Prozent der befragten KMU, offene Rechnungen zu haben, deren Zahlungsziel um 30 Tage überschritten wurde. Über 60 Tage lang warteten 35 Prozent vergeblich auf die Begleichung von fälligen Forderungen.
Sektor | Anteil |
---|---|
Industrie | 43 |
Baugewerbe | 39 |
Handel | 35 |
Dienstleistungen | 28 |
Transport | 23 |
Ende Oktober 2022 summierten sich laut der Datenbasis für Kreditinformation BIK von BIG InfoMonitor ausstehende Verbindlichkeiten von Unternehmen auf 8,5 Milliarden Euro (auf Złoty-Basis nominal +2,5 Prozent gegenüber Ende Dezember 2021). In den ersten drei Quartalen 2022 wurden 4.400 Firmen neu in die Datenbank der unsoliden Zahler aufgenommen. Ihre Gesamtzahl stieg damit auf knapp 316.000.