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Branchen | Polen | Wasserwirtschaft

Investitionen für mehr Gewässerschutz

Das Fischsterben in der Oder 2022 hat das deutsch-polnische Verhältnis belastet. Polen will nun entlang des Flusses Kläranlagen bauen. Es ist nicht das einzige Wasserprojekt.

Von Christopher Fuß | Warschau

Das Infrastrukturministerium hat Investitionen in Höhe von 350 Millionen Euro angekündigt, um den deutsch-polnischen Grenzfluss Oder wiederzubeleben. Neue Kläranlagen und Abwasserleitungen sollen Umweltkatastrophen wie der vom Sommer 2022 vorbeugen. Zwischen Juli und August 2022 kam es in der Oder zu einem Fischsterben. Als Hauptursache gilt laut einer von der polnischen Regierung eingesetzten Kommission der erhöhte Salzgehalt im Fluss. Dieser hatte unter anderem zu einer für die Fische tödlichen Algenblüte beigetragen. Hinzu kamen ein niedriger Pegelstand und eine erhöhte Wassertemperatur.

Staatssekretär Marek Gróbarczyk erklärte im Februar 2023, das Infrastrukturministerium arbeite an einem Maßnahmenpaket. Dazu gehöre der Bau von 18 Kläranlagen, die Modernisierung von 118 bestehenden Abwasserwerken und die Verlegung von Kanalisationsleitungen mit einer Länge von über 2.100 Kilometern. Höhere Gebühren für die Einleitung von salzhaltigen Abwässern sollen Unternehmen dazu anregen, in umweltfreundlichere Produktionstechniken zu investieren. Eine neue Kontrollbehörde steht ebenfalls in den Plänen des Ministeriums.

Illegal eingeleitete Giftstoffe scheinen nicht die Ursache für das Fischsterben gewesen zu sein. Unter Berufung auf die Regierungskommission schreibt die Tageszeitung Rzeczpospolita, es seien insbesondere die behördlich genehmigten Einleitungen von Abwasser, die zu dem erhöhten Salzgehalt geführt hätten. Die entsprechenden Bescheinigungen erteilen sowohl zentralstaatliche Behörden, als auch lokale Gemeinden. Eine Koordinierungsstelle, bei der alle Fäden zusammenlaufen, scheint zu fehlen. Polnische Oppositionspolitiker berichten, dass der Salzgehalt der Oder weiterhin erhöht sei. Entlang des Flusses befinden sich mehrere Industriezentren Polens. Unternehmen sind aber nicht die einzigen, die Abwasser einleiten. Auch Städte und Gemeinden nutzen die Oder als Abfluss.

Stadtwerken fehlt oft Geld für Investitionen

Forderungen nach umfangreichen Investitionen in das polnische Wasser- und Abwassernetz gibt es schon länger. Eine Untersuchung des Obersten Rechnungshofes NIK kam zu dem Ergebnis, dass gerade auf dem Land viele Leitungen undicht sind. Die Europäische Kommission leitete im Frühjahr 2022 sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein. Hintergrund ist laut Kommission, dass "mehr als 1.000 Gemeinden über keine Kanalisation [verfügen], was bedeutet, dass Abwasser unbehandelt in Flüsse […] eingeleitet wird." Polen hat bereits ein neues Wassergesetz verabschiedet. Demnach haben Gemeinden bis Ende 2027 Zeit, um die Vorgaben der europäischen Richtlinie 91/271/EWG umzusetzen.

Die kommunalen Wasserversorger würden laut eigener Auskunft gern investieren, haben aber kein Geld. Stadtwerke können gestiegene Kosten nicht ohne weiteres an Privathaushalte weitergeben. Polens zentrale Gewässerverwaltung Wody Polskie (WP) muss höhere Preise genehmigen. WP lehnt aktuell fast alle Anträge ab. Die Behörde argumentiert, Haushalte sollten angesichts der hohen Inflation nicht zusätzlich belastet werden.

Zofia Koszutska-Taciak, Pressesprecherin von Aquanet, dem Wasserversorger der Stadt Poznań, warnt in der Rzeczpospolita: "Wenn die Tarife nicht erhöht werden, müssen die Investitionen erheblich reduziert werden." Das heißt nicht, dass Stadtwerke ihre Projekte vollständig einstellen. Der Versorgungsbetrieb in der Stadt Tychy beispielsweise will 2023 über 25 Millionen Euro ausgeben. Auch Aquanet hofft, dank EU-Geldern Modernisierungsvorhaben umsetzen zu können. In der Stadt Wrocław wiederum arbeiten die Stadtwerke an einem Pumpensystem. Es soll Abwärme aus der Kanalisation in das Fernwärmenetz der Stadt einspeisen.

Weniger Verbrauch, mehr Regenwasserrückhaltung

Auch Unternehmen wollen Abwässer effektiver nutzen. Polmlek, einer der größten Molkereibetriebe Polens, hat seine Kläranlage im Werk Lidzbark Warmiński für 18 Millionen Euro modernisiert. Ein Fermenter hilft dabei, die Milchabfälle in Strom umzuwandeln. Dadurch spart das Unternehmen Energiekosten. Überhaupt konnten Unternehmen, ähnlich wie Privathaushalte, ihren Wasserverbrauch in den vergangenen Jahren deutlich reduzieren.

Die zentrale Gewässerverwaltung WP wiederum kann 2023 laut Haushaltsplan auf 276 Millionen Euro für Investitionen zugreifen. Rund zwei Drittel der Gelder stammen aus EU-Programmen. Die Mittel fließen unter anderem in den Hochwasserschutz. Größere Baumaßnahmen laufen beispielsweise an der Weichsel nahe der Ortschaft Bączki. Polen will Projekte mit Unterstützung aus dem europäischen Wiederaufbaufonds und den kohäsionspolitischen Töpfen umsetzen.

Ein Ziel ist, mehr Wasser zu speichern. Polen ist im europäischen Vergleich sehr trocken. Rückhaltebecken sollen helfen, Niederschläge aufzufangen. Bereits 2022 wollte das Kabinett ein 2,3 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm verabschieden. Das Geld sollte den Bau von 19 Auffangbecken und drei Staustufen finanzieren. Passiert ist wenig. Laut Kabinettskalender möchte die Regierung das Vorhaben nun bis Ende 2023 auf den Weg bringen.

Dürregebiete in Polen

Das staatliche Institut für Bodenkunde und Pflanzenzucht IUNG (Instytut Uprawy Nawożenia i Gleboznawstwa Państwowy Instytut Badawczy) hat eine interaktive Karte mit besonders von Dürre bedrohten Gebieten veröffentlicht.

Flussausbau sorgt für Kontroversen

Gleichzeitig nimmt WP mehrere Investitionsprojekte an Flüssen in Angriff. Entlang der Oder will die Behörde laut eigener Auskunft den Hochwasserschutz verbessern. Umweltschutzorganisationen und das Land Brandenburg stemmen sich gegen das Vorhaben. Sie argumentieren, es ginge Polen eigentlich um einen Ausbau der Binnenschifffahrt - ohne die Umweltfolgen zu berücksichtigen.

Ein anderes Projekt von WP tritt auf der Stelle. In der Nähe der Ortschaft Nieszawa an der Weichsel sollte eine neue Staustufe für 950 Millionen Euro entstehen. Die Ausschreibungsfrist verstrich, ohne dass eine Bewerbung einging. Möglicherweise haben Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ministerien potenzielle Auftragnehmer verunsichert. So kippte das Klimaministerium einen Umweltbescheid für das Bauvorhaben, ehe ein Gericht die Entscheidung des Ministeriums wieder rückgängig machte. WP und das Infrastrukturministerium sind weiter am Bau interessiert.

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