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Transport von Getreide und Kohle belastet Polens Infrastruktur

Häfen und Bahnbetreiber in Polen stehen vor gewaltigen Aufgaben. Sie müssen ukrainisches Getreide exportieren und Kohle aus Überseeländern importieren. Investitionen sind nötig.

Von Christopher Fuß | Warschau

Polen hat Schwierigkeiten, ukrainisches Getreide weiterzuleiten. Bislang exportierte die Ukraine dieses auf dem Seeweg. Das ist nach Russlands Überfall kaum noch möglich. Gemeinsam mit weiteren Nachbarländern hat Polen Unterstützung angeboten. Züge und Lkw sollen das Getreide von der ukrainischen Grenze zu den Überseehäfen in der EU bringen.

Laut Angaben des polnischen Landwirtschaftsministeriums belaufen sich die heimischen Kapazitäten für den Getreideumschlag auf 1,5 Millionen Tonnen im Monat. Die tatsächlich nach Polen importieren Mengen an ukrainischem Getreide fallen deutlich kleiner aus. Zwischen Januar und Juli 2022 lagen sie bei insgesamt 684.000 Tonnen. Die Ukraine wolle aber monatlich 5 Millionen Tonnen exportieren, so das Landwirtschaftsministerium. Sonst drohen in afrikanischen Abnehmerländern Hungerkrisen.

Bahnunternehmen und Häfen arbeiten am Limit

Polens Infrastruktur scheint der Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Wie die Tageszeitung Gazeta Wyborcza berichtet, warten Züge nahe der polnisch-ukrainischen Grenze tagelang auf eine Abfertigung. "Das größte Problem dürfte die Eisenbahninfrastruktur sein – unzureichende Kapazitäten an den Grenzübergängen und im Schienennetz sowie unterschiedliche Spurweiten", zitiert Gazeta Wyborcza den Ökonomen Jan Strzelecki vom staatlichen Thinktank Polnisches Wirtschaftsinstitut (Polski Instytut Ekonomiczny; PIE). Polens Schienennetz verwendet Normalspur, das ukrainische hingegen Breitspur. Einzig über die eingleisige Strecke LHS können Breitspur-Züge von der ukrainischen Grenze aus tiefer ins polnische Landesinnere fahren.

Lkw und Normalspur-Züge befördern das Getreide weiter, unter anderem zu polnischen Häfen. Doch auch dort sind die Kapazitäten eingeschränkt. Kein neues Problem: Der polnische Verband der Getreidehersteller (Polski Związek Producentów Roślin Zbożowych; PZPRZ) beschwerte sich im Januar 2022, die polnische Regierung würde trotz steigender Lebensmittelexporte kaum in Hafenterminals für Agrargüter investieren.

Die Einlagerung in Silos wiederum ist umstritten. Heimische Agrarbetriebe fürchten, ukrainisches Getreide könne auf dem polnischen Markt die Preise drücken.

Polen steckt in einem Dilemma. Neben den ukrainischen Importen muss das Land die eigene Getreideproduktion abfertigen. Wie Jakub Olipra, Ökonom der Bank Crédit Agricole, im Wirtschaftsmagazin Puls Biznesu erklärt, erweitern die Unternehmen ihre Umschlagkapazitäten nur zögerlich. "Es ist nicht bekannt, wie lange die Ukraine Getreide durch Polen schicken wird. Möglicherweise zahlt sich die Investition nicht aus", so Olipra. Der Verband unabhängiger Eisenbahnunternehmen (Związek Niezależnych Przewoźników Kolejowych; ZNPK) glaubt, dass die Firmen ohne Förderung nicht investieren.

Neue Getreidelager in Vorbereitung

Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk formulierte bereits Appelle: "Wir brauchen Container, Transportwagen und Umschlaggeräte an der Grenze." Die Europäische Kommission hat sogenannte Solidaritätskorridore angekündigt. Die USA wollen Silos bauen, höchstwahrscheinlich nahe der LHS-Breitspurstrecke. Laut Auskunft des Landwirtschaftsministeriums blieb es in beiden Fällen bislang bei Absichtserklärungen.

Das bedeutet nicht, dass es keine Fortschritte gibt. Polens staatliche Lebensmittel-Einkaufsgesellschaft (Krajowa Grupa Spożywcza; KGS) baut im Hafen von Gdańsk ein Agrarterminal mit einer Lagerfläche von 100.000 Tonnen. Der staatliche Schienennetzbetreiber PKP PLK hat Investitionen angekündigt: Gelder sollen in die Linien an den Grenzübergängen wie zwischen Medyka und der Großstadt Rzeszów fließen. Der Schienenverband ProKolej fordert Investitionen in die LHS-Breitspurstrecke, aber viele der Arbeiten benötigen Jahre.

Dass Investitionen in Umschlagtechnik, Schienenwege und Häfen stattfinden werden, gilt als wahrscheinlich. Polen will auch abseits von Getreideexporten mit der Ukraine stärker zusammenarbeiten. Vorerst bleibt es aber bei Ad-hoc-Lösungen. Das polnische Klimaministerium spricht laut Puls Biznesu mit den Hafengesellschaften darüber, ob man laufende Verträge aussetzen könne, um Platz zu schaffen für Getreide – und für Steinkohle.

Kohletransport setzt Infrastruktur zusätzlich unter Druck

Während Polen Getreide zügig exportieren will, sucht die Regierung gleichzeitig nach Möglichkeiten, um mehr Steinkohle einzuführen. Rund ein Viertel aller Haushalte heizt mit Kohle; der Energieträger kam bislang überwiegend aus Russland. Der Abbau aus polnischen Bergwerken eignet sich nicht für Heizöfen. Nach Russlands Überfall auf die Ukraine hat Polen seine Kohleeinfuhren aus dem Osten gestoppt, sodass nun der Brennstoff fehlt. Laut Klimaministerin Anna Moskwa liegt die Versorgungslücke bei 6 Millionen Tonnen – rund 13 Prozent des Jahresverbrauchs im Energiesektor. Die Preise für Heizkohle haben sich seit Februar 2022 verdreifacht, weshalb betroffene Haushalte einmalig 640 Euro Unterstützung erhalten sollen.

Polen importiert auf absehbare Zeit keine Kohle mehr aus Russland. Stattdessen werden Schiffe den Rohstoff aus anderen Ländern zu den polnischen Häfen bringen. Wie schon beim Getreidetransport kann das dauerhaft nur mit Investitionen in die Infrastruktur gelingen. Die Kammer der Kohlehändler (Izba Gospodarcza Sprzedawców Polskiego Węgla; IGSPW) moniert, die Häfen des Landes seien für Kohleimporte zu klein. Kurzfristig aushelfen könnten die baltischen Länder Litauen und Lettland. Polens Infrastrukturministerium spricht bereits mit den Hafenbetreibern in Riga und Klaipėda. Der Premierminister Mateusz Morawiecki hat außerdem das teilstaatliche Bahnunternehmen PKP Cargo verpflichtet, Kohletransporte mit Priorität zu behandeln.

Die Preissteigerungen für Kohle haben noch einen weiteren Effekt: Alternative Wärmequellen gewinnen an Bedeutung. Mit dem Programm Saubere Luft (Czyste Powietrze) unterstützt Polen den Austausch von Heizungen in Einfamilienhäusern. Wärmepumpen sind mittlerweile die beliebteste Alternative. Seit Juli 2022 gibt es das Programm auch für Mehrfamilienhäuser.

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