Alternativ zum Europäischen Mahnverfahren gibt es die Möglichkeit der Durchsetzung einer bestimmten Forderung im Wege eines Mahnverfahrens nach den einschlägigen nationalen Vorschriften, vorliegend somit nach polnischem Recht.
Ein Mahnverfahren nach polnischem Recht (postępowanie upominawcze, Artikel 4971- 505 des polnischen Zivilprozessbuches - Kodeks postępowania cywilnego) kann zum Beispiel dann in Betracht kommen, wenn die Leistung eines polnischen Dienstleisters ausgeblieben oder mangelhaft erbracht worden ist.
Das polnische Mahnverfahren unterscheidet sich erheblich vom deutschen. Erforderlich für die erfolgreiche Durchführung eines polnischen Mahnverfahrens ist die Anfertigung einer Klageschrift, in welcher die geltend gemachte Forderung zu begründen ist und durch Beweis untermauert werden kann. Ob die Forderung gerechtfertigt ist, entscheidet das Gericht in einer nicht-öffentlichen Sitzung ausschließlich unter Bezugnahme auf die Klageschrift. Nur wenn der Klagevortrag evident nicht substantiiert ist, wird das Gericht keinen Zahlungsbefehl (nakaz zapłaty) erlassen, der gleichzusetzen ist mit dem Mahnbescheid im deutschen Mahnverfahren. Die Gegenseite, mithin der Adressat des Zahlungsbefehls, erhält keine Gelegenheit zur Stellungnahme. Erst mit Zustellung des Zahlungsbefehls erhält die Gegenseite, neben der Aufforderung zur Zahlung, Gelegenheit zur Darstellung ihres Standpunkts und zum Einlegen eines Einspruchs. Der Einspruch gegen den Zahlungsbefehl stellt diesen jedoch nicht in seiner Gesamtheit streitig. Er verliert seine Wirksamkeit nur in den Teilen, die auch tatsächlich angefochten wurden. Zu beachten sind auch gewisse formale Besonderheiten. Wurde das Mahnverfahren auf einem dafür gerichtlich vorgefertigten Formular eingeleitet, so muss der Einspruch auch auf einem explizit gerichtlich vorbereiteten Einspruchsformular erfolgen.
Der erfolgreich eingelegte Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl führt dazu, dass das Gericht einen Termin zur Hauptverhandlung bestimmt.
Unterbleibt die Einlegung eines Einspruchs, so hat der Zahlungsbefehl die gleiche Wirkung wie ein rechtskräftiges Urteil.
Neben dem Mahnverfahren gibt es auch weitere beschleunigte Verfahren, die zum Erlass eines Mahnbescheides führen können. Eines davon stellt das sogenannte Befehlsverfahren (postępowanie nakazowe Artikel 4841-497 des polnischen Zivilgesetzbuches) dar. Das Befehlsverfahren ähnelt dabei sehr dem deutschen Urkundenprozess nach §§ 592 ff. der Zivilprozessbuches. Es ist eine kostengünstige Variante, bei der das Gericht auf eine entsprechende Klage hin, einen Zahlungsbefehl erlassen kann. Der Erlass eines Zahlungsbefehls setzt voraus, dass gemäß Artikel 485 § 1 des polnischen Zivilprozessbuches der Anspruch feststellbar und bewiesen ist durch:
- eine amtliche Urkunde (dokument urzędowy);
- eine vom Schuldner bestätigte Rechnung (zaakceptowany przez dłużnika rachunek);
- eine Zahlungsaufforderung mit schriftlichem Schuldanerkenntnis (pisemne oświadczenie dłużnika o uznaniu długu);
- eine Zahlungsaufforderung, die zwar vom Schuldner bestätigt, jedoch von der Bank mangels Kontodeckung zurückgewiesen wurde (zaakceptowany przez dłużnika żądanie zapłaty, zwrócone przez bank i nie zapłacone z powodu braku środków na rachunku bankowym).
Mit der Zustellung des Zahlungsbefehls erhält der Adressat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Einwendungen gegen den erlassenen Zahlungsbefehl vorzubringen. Die Gegenseite kann den Zahlungsbefehl in seiner Gesamtheit oder nur teilweise anfechten. Erfolgt die Anfechtung des Zahlungsbefehls nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Zwei-Wochen-Frist, so wird der Zahlungsbefehl sofort vollstreckbar, ohne dass es hierfür einer zusätzlichen Vollstreckungsklausel bedarf.
Werden die Einwendungen aber fristgerecht eingereicht, so bestimmt das Gericht wie beim Mahnverfahren einen Termin zur Hauptverhandlung.