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Pflichtversicherung
24.08.2017
Germany Trade & Invest (Stand: 24.8.2017)
Zuständige Stelle für die allgemeine gesetzliche Pflichtversicherung ist die Polnische Sozialversicherungsanstalt (Zakład Ubezpieczeń Społecznych - ZUS), die dem Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik untersteht. Rechtliche Grundlage der Pflichtversicherung ist vor allem das polnische Gesetz über das Sozialversicherungssystem (Ustawa z dnia 13 października 1998 r. o systemie ubezpieczeń społecznych).
Das polnische Sozialversicherungssystem umfasst dabei die:
Altersrentenversicherung (ubezpieczenie emerytalne);
Erwerbsminderungsrentenversicherung (ubezpieczenie rentowe);
Krankengeld- und Mutterschaftsgeldversicherung (ubezpieczenie w razie choroby i macierzyństwa);
Arbeitsunfall- und Berufskrankheitsversicherung (ubezpieczenie z tytułu wypadków przy pracy i chorób zawodowych).
Die (Sozial-) Versicherungspflicht gilt aber nicht in gleichem Maße für alle Personen. Es muss zwischen verschiedenen Berufsgruppen unterschieden werden.
Versicherungspflichtig in der Altersrenten- und Erwerbsminderungsrentenversicherung sind:
Arbeitnehmer;
Mitglieder von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften;
Auftragnehmer;
Gewerbetreibende außerhalb der Landwirtschaft;
Geistliche;
Parlaments- und Senatsabgeordnete, die Bezüge erhalten;
Empfänger von Arbeitslosengeld;
Personen, die Erziehungsurlaub machen oder Mutterschaftsgeld beziehen.
Versicherungspflichtig in der Krankengeld- und Mutterschaftsgeldversicherung sind:
Arbeitnehmer;
Mitglieder von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften;
Zivildienstleistende.
Der Krankengeld- und Mutterschaftsgeldversicherung können freiwillig noch Gewerbetreibende außerhalb der Landwirtschaft beitreten.
Versicherungspflichtig in der Arbeitsunfall- und der Berufskrankheitsversicherung sind Personen, die den Rentenversicherungspflichten unterliegen.
Die Beitragshöhe für die jeweilige Versicherung setzt sich dabei wie folgt zusammen:
für die Altersrentenversicherung | 19,52% vom Bemessungsentgelt |
für die Erwerbsminderungsrentenversicherung | 8,00% vom Bemessungsentgelt |
Krankengeld- und Mutterschaftsgeldversicherung | 2,45% vom Bemessungsentgelt |
Arbeitsunfall- und Berufskrankheitsversicherung (je nach Risikokategorie) | 0,67% - 3,87% vom Bemessungsentgelt |
Nähere Informationen hierzu bieten eine 78-seitige deutschsprachige Broschüre "Sozialversicherung in Polen-Informationen, Fakten" sowie eine 80-seitige ebenfalls deutschsprachige Broschüre über die Anmeldemodalitäten der polnischen gesetzlichen Pflichtversicherungen.
Bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen erlangen die polnischen Regelungen zu Arbeitsunfällen besondere Bedeutung, auf welche vorliegend genauer eingegangen werden soll:
Unter Arbeitsunfall versteht man in Polen ein plötzliches Ereignis, welches durch einen äußeren Umstand verursacht wurde und zur Verletzung oder zum Tod des Arbeiters im Zusammenhang mit der Verrichtung seiner (Arbeits-) Pflichten geführt hat.
Diese Definition eines Arbeitsunfalls ist in Artikel 3 Absatz 1 des Gesetzes über die Absicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten (Ustawa z dnia 30 października 2002 r. o ubezpieczeniu społecznym z tytułu wypadków przy pracy i chorób zawodowych) verankert. Gleichzeitig wird durch das Gesetz auch klargestellt, wann von einem Zusammenhang mit der Verrichtung von Arbeitspflichten ausgegangen werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn:
der Arbeitsunfall beim Erfüllen der gewöhnlichen Tätigkeiten des Arbeitnehmers oder Weisungen des Vorgesetzten erfolgt ist;
der Arbeitsunfall beim Erfüllen von sonstigen Tätigkeiten eingetreten ist, die für den Arbeitgeber erfolgten;
der Arbeitsunfall eingetreten ist, während sich der Arbeitnehmer im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses auf dem Weg vom Sitz des Arbeitgebers zum Erfüllungsort seiner arbeitsvertraglichen Pflichten befand.
Zu erwähnen sind noch die beruflichen Haftpflichtversicherungen. Eine allgemeine Pflicht zum Abschluss solcher Versicherungen kennt das polnische Recht nicht. Nur bestimmte Berufszweige unterliegen diesbezüglich gesetzlichen Verpflichtungen.
Hierzu zählen:
- Rechtsanwälte, Rechtsberater, Notare und Patentanwälte;
- Steuerberater, Vermögensverwalter, Immobilien- und Börsenmakler, Immobilienverwalter;
- Architekten und Bauingenieure;
- Bestimmte Tätigkeiten im landwirtschaftlichen Umfeld, im Straßen- und im Luftverkehr, im Bereich von Gesundheitsdiensten und bei der Organisation von Massenveranstaltungen.
Die Versicherungspflicht der unabhängigen technischen Berufe im polnischen Bausektor hat ihre gesetzliche Grundlage in Artikel 6 des polnischen Gesetzes über die Selbstverwaltung der Architekten, Bauingenieure und Stadt- bzw. Raumplaner (Ustawa z dnia 15 grudnia 2000 r. o samorządach zawodowych architektów, inżynierów budownictwa oraz urbanistów)
Dieses Gesetz zur Selbstverwaltung der polnischen Bauberufe sieht vor, dass durch eine Verordnung zur Sicherstellung der zivilrechtlichen Haftung von Architekten und Bauingenieuren in Polen (Rozporządzenie Ministra Finansów z dnia 11 grudnia 2003 r. w sprawie obowiązkowego ubezpieczenia odpowiedzialności cywilnej architektów oraz inżynierów budownictwa) Umfang, Dauer und Höhe der beruflichen Haftpflichtversicherung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Berufes und des Schwierigkeitsgerades der übernommenen Aufgaben festgelegt werden.
Die Haftungs-Deckungssummen betragen gemäß Artikel 4 der genannten Verordnung mindestens den Gegenwert von 50.000 Euro in polnischer Währung (für Bauingenieure liegt der genaue Betrag im Jahr 2017 bei 220.785 Złoty, was in etwa 51.669 Euro entspricht).
Weitere Einzelheiten zu den jeweiligen Versicherungen, die von den jeweiligen polnischen berufsständischen Kammern im Rahmen von Gruppenvereinbarungen angeboten werden, finden sich in polnischer Sprache auf den Internetseiten der polnischen Architektenkammer (Izba Architektow Rzeczypospolitej Polskiej), der polnischen Kammer der Bauingenieure (Polska Izba Inżynierów Budownictwa Krajowa Rada), der polnischen Rechtsanwaltskammer und Rechtsberaterkammer (Naczelna Rada Adwokacka, Krajowa Izba Radców Prawnych) und der polnischen Steuerberaterkammer (Krajowa Izba Doradców Podatkowych).
Germany Trade & Invest (Stand: 24.8.2017)