Die Organisation der polnischen Gerichte basiert auf der Grundlage des polnischen Gerichtsverfassungsgesetzes (Ustawa z dnia 27 lipca 2001 r. - Prawo o ustroju sądów powszechnych). Der Gerichtsaufbau der ordentlichen Gerichte (sądy powszechne), die für den deutschen Dienstleistungsempfänger als relevanteste Gerichte anzusehen sind, stellt sich wie folgt dar:
- Amtsgerichte (sądy rejonowe)
- Bezirks-/Landgerichte (sądy okręgowe)
- Berufungsgerichte (sądy apelacyjne)
- Oberstes Gericht (Sąd Najwyższy)
Die Ermittlung des für den Rechtsstreit zuständigen Gerichts kann dabei erfolgen anhand der in dem polnischen Zivilprozessbuches (Ustawa z dnia 17 listopada 1964 r. - Kodeks postępowania cywilnego) geregelten :
- allgemeinen Zuständigkeit (właściwość ogólna, Artikel 27-30 des polnischen Zivilprozessbuches);
- Gerichtswahl (właściwość przemienna, Artikel 31-37 des polnischen Zivilprozessbuches);
- ausschließlichen Zuständigkeit (właściwość wyłączna, Artikel 38-42 des polnischen Zivilprozessbuches);
- besonderen Zuständigkeit (właściwość szczególna, Artikel 43-46 des polnischen Zivilprozessbuches).
Die allgemeine Zuständigkeit bestimmt sich im polnischen Recht gemäß Artikel 27 des polnischen Zivilprozessbuches nach dem Wohnsitz des Beklagten (miejsce zamieszkania pozwanego). Der Wohnsitz des Beklagten ist nach Artikel 25 des polnischen Zivilgesetzbuches (Ustawa z dnia 23 kwietnia 1964 r. - Kodeks cywilny) als der Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts definiert. Dieser kann aber von der bei den Behörden bekannten Meldeanschrift abweichend sein. Bei juristischen Personen ist indes der Geschäftssitz (miejsce siedziby) entscheidend.
Bei der Gerichtswahl steht dem Kläger ein Wahlrecht zu, bei welchem Gericht er seine Ansprüche geltend machen will. Das polnische Zivilgesetzbuch führt dabei aus, in welchen Situationen der Kläger seine Klage auch bei einem anderen Gericht einreichen kann. Es handelt sich dabei unter anderem um:
- Klagen, die die Geltendmachung von Vermögensansprüchen gegen Unternehmen zum Inhalt haben. Hier kann auch vor dem Gericht geklagt werden, in dessen Zuständigkeitsbereich sich die Hauptbetriebsstätte oder eine Niederlassung des Unternehmens befindet und diese Unternehmensteile im Zusammenhand mit dem Vermögensanspruch stehen (Artikel 33 des polnischen Zivilgesetzbuches);
- Klagen auf Feststellung, Erfüllung, Auflösung oder Ungültigkeitserklärung eines Vertragsverhältnisses. Zuständig ist auch das Gericht, in dessen Zuständigkeitsbereich der Erfüllungsort des streitigen Vertrages liegt (Artikel 34 des polnischen Zivilgesetzbuches);
- Klagen, die ihre Begründung in der Begehung einer unerlaubten Handlung oder eines strafrechtlich relevanten Verhaltens haben. In diesen Fällen kann die Klage vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Zuständigkeitsbereich die betreffende Handlung erfolgt ist (Artikel 35 des polnischen Zivilgesetzbuches).
Aus der Reihe der Fälle, für die eine zwingende, sogenannte ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts besteht, sei hier nur auf die Klagen im Zusammenhang mit Rechten an Immobilien hingewiesen, bei denen der sogenannte Belegenheitsort, also die Lage der Immobilie (położenie nieruchomości) für die gerichtliche Zuständigkeit ausschlaggebend ist.
In Polen liegt im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit die erstinstanzliche sachliche Zuständigkeit gemäß Artikel 16 des polnischen Zivilprozessgesetzes bei den Amtsgerichten (sądy rejonowe).
Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn das polnische Zivilprozessgesetz für ganz bestimmte Konstellationen die erstinstanzliche Zuständigkeit der Bezirks/- Landgerichte festschreibt. Diese Ausnahmen sind in Artikel 17 des polnischen Zivilgesetzbuches nummerisch aufgezählt. Hierzu zählen
- Rechtsstreitigkeiten mit einem Streitwert von mehr als 75.000 Złoty (circa 18.850 Euro);
- presserechtliche Streitigkeiten sowie
- Streitigkeiten im gewerblichen Rechtsschutz.
Das polnische Recht sieht schließlich die Möglichkeit vor, die gerichtliche Zuständigkeit durch schriftliche Parteivereinbarung, also etwa im Rahmen des Vertragsabschlusses, in Abänderung der gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich frei zu bestimmen (Artikel 46 des polnischen Zivilprozessgesetzes); dies ist jedoch bei den Fällen der ausschließlichen Gerichtsbarkeit nicht möglich.
Eine Informationsseite zu polnischen Gerichten mit (Internet-) Kontaktinformationen der polnischen ordentlichen Gerichte betreibt das Justizministerium Polens (Ministerstwo Sprawiedliwości) im Internet.