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Special Polen

Polens Regierung will Innovationen stärker fördern

Polen hat beim Thema Innovation Nachholbedarf. Das zeigt das European Innovation Scoreboard der Europäischen Kommission: Polen belegt hinter Rumänien, Bulgarien und Kroatien den viertletzten Platz und gehört damit aus Sicht der Kommission zu den moderaten Innovatoren. Wesentlicher Grund für das schwache Abschneiden sind die niedrigen Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E). Im Jahr 2017 investierte Polen 1,03 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Durchschnitt der 28 Mitgliedstaaten war mehr als doppelt so hoch.

Die Regierung wird sich deshalb in den kommenden Jahren speziell dieses Themas annehmen. Mit Hilfe eines Wirtschaftsplans soll das Land innovativer werden. Dabei wird es auch um verbesserte Rahmenbedingungen für F&E gehen, um neue Technologien besser zu fördern. Zudem sollen die finanziellen Fördermöglichkeiten für Start-ups in Polen erweitert werden.

Die Pläne der Regierung sowie der europaweite Trend, jungen Unternehmen mehr Aufmerksamkeit zu schenken, gibt der Start-up-Szene Rückenwind. Die Zahl der Start-up-Veranstaltungen steigt, neue Acceleratoren- und finanzielle Förderprogramme werden aufgelegt.

Fördergelder für Start-ups verfünffacht

Das größere Interesse der polnischen Regierung schlägt sich bereits in konkreten Zahlen nieder: Der Nationale Kapital Fonds hatte zwischen 2009 und 2017 ein Volumen von rund 116 Millionen Euro zur Förderung innovativer Projekte von Unternehmen. Dem Nachfolger PFR-Ventures steht für den Zeitraum 2018 bis 2023 mehr als die fünffache Summe zur Verfügung. Rund 660 Millionen Euro kann der zur Gruppe des Polnischen Entwicklungsfonds gehörende Fonds in diesem Zeitraum in den polnischen Risikokapitalmarkt (Venturecapital) investieren.

Die Fördergelder sind dabei auf verschiedene Fonds aufgeteilt, die auf Start-ups in unterschiedlichen Entwicklungsphasen abzielen. Gefördert werden dabei wie beim Vorgänger jedoch nicht direkt die Start-ups, sondern VC-Fonds. Durch die Bereitstellung der Fördergelder sollen Business Angels, Großunternehmen und internationale Venturecapitalfonds für den polnischen Risikokapitalmarkt geworben werden.

Darüber hinaus existieren weitere Fördermaßnahmen: Im Internet stehen Informationen für Start-ups in verschiedenen Entwicklungsphasen bereit. Unter anderem wird das eigene Bildungsprogramm PFR School of Pioneers vorgestellt. In Zusammenarbeit mit der Universität Cambridge im Vereinigten Königreich, dem Internetauktionshaus Allegro und der Investitionsfirma TDJ werden Gründer geschult.

Dringender Nachholbedarf beim Risikokapitalmarkt

Der polnische Risikokapitalmarkt für Start-ups ist noch unterentwickelt. Zwar gibt es in Polen rund 100 Risikokapitalfonds, doch nur fünf von ihnen arbeiten ausschließlich mit privatem Kapital. 81 Prozent der bisher in polnische Start-ups investierten Fördermittel kommen ursprünglich von der Regierung, der Europäischen Union (EU) oder anderen öffentlichen Stellen.

Aus diesem Grund wird die gestiegene finanzielle Unterstützung der polnischen Regierung für Start-ups teilweise kritisch betrachtet. Nach Aussagen von Branchenexperten könnten die Fördermittel zu hoch sein. Kurzfristig sei eine starke Unterstützung notwendig - mittel- bis langfristig könnte das große öffentliche Fördervolumen jedoch zu Verdrängungseffekten führen und den Aufbau eines Marktes für privates Risikokapital in Polen behindern, warnen Experten. Ein weiteres Problem sei zudem die mangelnde Kooperation von Ministerien und anderer öffentlicher Stellen untereinander. Eine Verschwendung von Fördermitteln ist nach Aussage von Branchenvertretern das Ergebnis.

Noch überwiegt das Bootstrapping

Der Anteil der Start-ups mit externer Finanzierung bleibt trotz steigender Fördermöglichkeiten unverändert: Wie aus dem Polish Startups-Report hervorgeht, finanzieren sich immer noch rund 60 Prozent in Form des Bootstrapping; das heißt ausschließlich aus eigenen Mitteln. Dabei existiert ein großer Bedarf an externer Finanzierung. Besonders Venturecapitalfonds sind bei den Start-ups gefragt. 42 Prozent der jungen Unternehmen gaben an, in den nächsten sechs Monaten gerne eine Finanzierung von einem polnischen oder ausländischen Risikokapitalfonds in Anspruch zu nehmen. Neben öffentlichen Finanzierungsquellen stehen zudem Business Angels sowie strategische Industrieinvestoren ganz oben auf der Liste.

Zahl der Inkubatoren wächst rasant - Sandkästen sollen Fintechs fördern

Wie sehr die Start-up-Szene in Polen wächst, zeigt auch die steigende Zahl an Inkubatoren im Land. Allein in Warschau gibt es mittlerweile rund 20 - einer der bekanntesten von ihnen ist der Google Campus in Warschau, der seit 2015 besteht. Seit seiner Gründung haben die dort ansässigen Start-ups Finanzmittel von rund 16 Millionen US-Dollar (US$) eingesammelt, davon allein rund 10 Millionen US$ im Jahr 2017.

In Kooperation mit Mastercard und der Ghelamco Gruppe eröffnete der bereits vorher in der polnischen Start-up-Szene aktive Unternehmensclub D-Raft 2016 das Warschauer Kooperationszentrum The Heart. Es soll die Beziehungen zwischen Unternehmen und skalierbereiten Start-ups aus Europa und Israel aufbauen. Einen besonderen Fokus legt The Heart auf die Bereiche Einzelhandel, Finanztechnologien (Fintech) und Versicherungstechnologien (Insurtech). Das Kooperationszentrum bietet zudem eine Start-up-Suche an, um aktiv und zielgenau nach möglichen Geschäfts- und Technologiepartnern zu suchen. Sollte kein passendes Start-up gefunden werden, ist auch die Gründung eines Unternehmens, welches dann die gewünschte Technologie entwickelt, im Rahmen von The Heart Ventures möglich. Die Gründung dieser Start-up-Fabrik hatten The Heart und Mastercard im November 2018 gemeldet.

Zur Förderung von Fintechs hat die Polnische Finanzaufsichtsbehörde die Gründung von acht sogenannten Regulierungssandkästen ("sand boxes") bekanntgegeben. The Heart sowie die PKO, Alior und Pekao Bank werden beispielsweise jeweils einen der Sandkästen betreiben. Zielgruppe sind Start-ups, die neue Technologien für den Finanzsektor entwickeln.


Text: Niklas Becker

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