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Insolvenzrecht

Ein deutscher Dienstleistungsempfänger kann unter Umständen in die unangenehme Situation gelangen, dass der portugiesische Dienstleister, der für ihn einen Auftrag ausführt, insolvent wird. Dies kann beispielsweise für noch bestehende Rückzahlungsansprüche oder offene Ansprüche auf Nachbesserung, Gewährleistunggegebenenfalls auch für noch ausstehende Wartungsarbeiten von Bedeutung sein. Vor diesem Hintergrund wird ein kurzer Überblick über das Insolvenzverfahren für Unternehmen in Portugal wichtig. Dabei wird hier nur das reguläre Insolvenzverfahren betrachtet, das auch ein Gläubiger einleiten kann.

Solvenzprüfung im Vorfeld

Das portugiesische Justizministerium unterhält einen Online-Informationsauftritt mit Insolvenzbekanntmachungen (Publicidade da Insolvência), in dem auch eine Suche anhand von Unternehmensnamen möglich ist. Gericht, Art, Datum und Aktenzeichen der Bekanntmachung sowie die Person des vom Verfahren erfassten Schuldners sind dort kostenfrei recherchierbar. 

Gesetzlicher Rahmen des Insolvenzrechts

Das portugiesische Gesetzbuch über Insolvenz und Unternehmenssanierung (Código da Insolvência e da Recuperação de Empresas, kurz: CIRE) ist die vornehmliche Rechtsgrundlage für Insolvenzen portugiesischer Unternehmen. 

Auch ein Gläubiger (credor) kann die Insolvenz eines portugiesischen Unternehmens (etwa einer portugiesischen AG oder GmbH) beantragen (Artikel 20 CIRE). Ein portugiesisches Unternehmen gilt grundsätzlich als insolvent, wenn es seinen Zahlungspflichten nicht mehr nachkommen kann oder wenn die Verbindlichkeiten der Gesellschaft signifikant höher liegen als das Gesellschaftsvermögen (Artikel 3 Abs. 1 und 2 CIRE).

Der Schuldner (devedor) ist verpflichtet, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens innerhalb von 30 Tagen ab dem Tag zu stellen, an dem er Kenntnis des Insolvenzgrundes erlangt hat oder hätte erlangen müssen (Artikel 18 Abs. 1 CIRE). Die Anforderungen an den Antrag auf Insolvenzeröffnung sind in den Artikeln 23 ff. CIRE geregelt.  Danach muss der Antrag unter anderem schriftlich gestellt werden. Ein gläubigerseitiger Antrag muss darüber hinaus die Anforderungen des Artikel 20 CIRE erfüllen.

Nach Eingang des Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, hat das Gericht innerhalb von drei Tagen die Insolvenz zu erklären, wenn der Schuldner den Antrag gestellt hat (Artikel 28 CIRE). Hat dieser den Antrag nicht gestellt, stellt das Gericht ihm den Antrag zunächst zu (Artikel 29 Abs. 1 CIRE). Der Schuldner hat dann die Möglichkeit, dem Eröffnungsantrag innerhalb von 10 Tagen zu widersprechen (Artikel 30 Abs. 1 CIRE), woraufhin das Gericht innerhalb von fünf Tagen nach Eingang des Widerspruchs einen mündlichen Verhandlungstermin ansetzen muss (Artikel 35 Abs. 1 CIRE). Wenn der Schuldner die 10-tägige Frist aus Artikel 30 Absart 1 CIRE versäumt, wird der Vortrag des Gläubigers als wahr unterstellt (Artikel 30 Abs. 5 CIRE).

Der Inhalt der Entscheidung des Gerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist in Artikel 36 Abs. 1 CIRE geregelt. Danach ist insbesondere eine Frist von maximal 30 Tagen für die Forderungsanmeldung festzulegen und ein Termin für die Durchführung der Gläubigerversammlung zu bestimmen.

Anmeldung von Forderungen

Gläubiger eines portugiesischen Unternehmens, über das ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, müssen ihre Forderungen in der Regel innerhalb von maximal 30 Tagen nach dem Insolvenzbeschluss anmelden (Artikel 128 i.V.m. Artikel 36 Abs. 1 lit. j CIRE). Die Forderungsanmeldung (reclamação de créditos) erfolgt elektronisch, per E-Mail oder postalisch per Einschreiben (Artikel 128 Abs. 2 und 3 CIRE). In der Forderungsanmeldung sind die in Artikel 128 Abs. 1 CIRE aufgezählten Informationen aufzuführen, also insbesondere die Daten der Forderung, ihr Entstehungsgrund, ihre Fälligkeit, ihre Höhe, das Bestehen von Bedingungen oder persönlichen Garantien sowie der anwendbare Verzugszinssatz.

Seit dem 26.6.2017 gilt die EU-Verordnung 2015/848 vom 20.5.2015 über Insolvenzverfahren. Danach können ausländische Gläubiger das in der Durchführungsverordnung (EU) 2017/1105 vom 12.6.2017 vorgesehene Standardformular für die Forderungsanmeldung verwenden (Artikel 55 Abs. 1 EU-Verordnung 2015/848). Die Frist für die Forderungsanmeldung beträgt für ausländische Gläubiger mindestens 30 Tage seit Bekanntmachung des Insolvenzeröffnungsbeschlusses im Insolvenzregister des Staates der Verfahrenseröffnung (Artikel 55 Abs. 6 EU-Verordnung 2015/848).

Eine verspätete Forderungsanmeldung ist innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Insolvenz durch eine Klage gegen die Insolvenzmasse, die Gläubiger und den Schuldner möglich (Artikel 146 Abs. 1, 2 lit. b 1. Fall CIRE). Gläubiger, die bereits gemäß Artikel 129 Abs. 4 CIRE über das Gläubigerverzeichnis benachrichtigt wurden, dürfen keine derartige Klage erheben.

Nach Ablauf der Frist zur Forderungsanmeldung übermittelt der Insolvenzverwalter dem Gericht das Gläubigerverzeichnis (Artikel 129 CIRE). Die Gläubiger werden anschließend entweder durch den Insolvenzverwalter benachrichtigt oder können sich über einen Beschluss, der im portugiesischen Amtsblatt (Diário da Repúblicabeziehungsweise in großen Zeitungen bekanntgemacht wird, informieren. Die Frist ist häufig auch im Online-Informationsauftritt mit Insolvenzbekanntmachungen (Publicidade da Insolvência) des portugiesischen Justizministeriums recherchierbar.

Die Forderungen werden in vier Kategorien unterteilt:

  • privilegierte, gesicherte Forderungen (créditos garantidos), z.B. Forderungen, die durch eine Hypothek abgesichert sind (Artikel 174 CIRE)
  • privilegierte, ungesicherte Forderungen (créditos privilegiados), z.B. Steuerforderungen oder Sozialabgaben (Artikel 175 CIRE)
  • einfache Forderungen (créditos comuns) (Artikel 176 CIRE)
  • untergeordnete Forderungen (créditos subordinados) (Artikel 177 CIRE).

Sobald alle einzuhaltenden Fristen verstrichen sind, stellt das Gericht die Rangfolge der Forderungen fest (Artikel 130 Abs. 3, 140 CIRE).

Vorschriften über die Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse sind in den Artikeln 149 bis 171 CIRE zu finden.
 

weiterführende Informationen

Durch den Insolvenzbeschluss verliert das portugiesische Unternehmen grundsätzlich das Recht, über die Insolvenzmasse zu verfügen und diese zu verwalten. Diese Funktionen nimmt der Insolvenzverwalter wahr, wenn nicht gerichtlich anderweitig entschieden wird. Verletzt das portugiesische Unternehmen diese Bestimmungen, sind die Geschäfte grundsätzlich unwirksam.

Germany Trade & Invest (Stand: November 2023

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