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Schwarzmeerhafen Constanta erhält intermodales Upgrade
Rumänien investiert 40 Millionen Euro in ein intermodales Terminal. Es wird dringend benötigt, um ukrainische Waren wieder auf die Weltmeere zu bringen.
29.06.2022
Von Dominik Vorhölter | Bukarest
Insgesamt 25 Millionen Tonnen ukrainisches Getreide müssen dieses Jahr über alternative Routen ans Ziel gebracht werden. Gemessen daran sind die bisher im rumänischen Schwarzmeerhafen Constanța umgeschlagenen Mengen überschaubar. Die Gründe dafür sind auf beiden Seiten der Grenze zu finden, darunter:
- administrative und sprachliche Barrieren,
- fehlende durchgehende Bahnverbindung aus der Ukraine zum Hafen Constanța,
- überforderte ukrainische Donauhäfen, die das Zwischenlagern um Umladen auf Frachtschiffe erschweren.
Zumindest auf rumänischer Seite ist nun Besserung in Sicht. Der Hafen Constanța soll zu einem alternativen Umschlagplatz für Getreide aus der Ukraine werden. Für den Ausbau eines intermodalen Terminals am Hafen stellt die rumänische Regierung insgesamt 40 Millionen Euro bereit.
Hafen Constanța verschifft in der Regel Getreide aus Serbien und Ungarn
Im größten rumänischen Hafen werden zwischen 21 und 25 Millionen Tonnen Getreide pro Jahr abgefertigt. Das meiste davon stammt aus Serbien und Ungarn, von wo es über die Donau per Schiff nach Constanța transportiert wird. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine am 24. Februar 2022 ist der größte Schwarzmeerhafen Odessa blockiert. Lkw und Donauschiffe mit Getreidelieferungen aus der Ukraine steuern seitdem vermehrt den Hafen Constanța an.
Bezeichnung | 2019 | 2020 | 2021 |
---|---|---|---|
Getreide | 21,3 | 21,9 | 25,2 |
Erdöl | 8 | 6,6 | 6,7 |
Erdölerzeugnisse | 6,3 | 5 | 5,4 |
Düngemittel | 4 | 4,4 | 4,1 |
Eisen und Schrott | 5,2 | 3,8 | 4,8 |
Kohle | 3,8 | 2,8 | 3,4 |
Nichteisenerze | 3,9 | 2,3 | 3,2 |
Insgesamt | 52,5 | 46,8 | 52,4 |
Bisher wurde rund 1 Million Tonnen ukrainisches Getreide abgefertigt. Bis Ende Juli 2022 werden voraussichtlich rund 2 Millionen Tonnen ukrainischer Weizen den Hafen von Constanța verlassen haben, schätzt Daniel Jarnea von der Verwaltung der Seehäfen Constanța. Er geht davon aus, dass die Umschlagskapazität für Getreide aus der Ukraine bis Ende des Jahres auf rund 5 Millionen Tonnen erhöht werden kann. Dafür müssen so schnell wie möglich ungenutzt Hafenareale modernisiert werden.
per Lkw: pro Lkw-Fahrt bis zu 7 Tonnen per Donauschiff: zwischen 1.000 und 1.500 Tonnen (im Konvoi von bis zu 12 Schiffen möglich) per Güterzug: bis zu 700 Tonnen (zwischen 28 und 30 Güterwaggons) |
Anschluss an Güterzugverkehr soll Kapazitäten erhöhen
Im nördlichen Teil des Hafens befinden sich seit 25 Jahren stillgelegte Gleisanlagen, die nun instandgesetzt werden sollen. Den Auftrag, einen Teil der Gleisanlage zu reparieren, hat das Gleisbau-Unternehmen Wiebe von der rumänischen Eisenbahngesellschaft, Calatorie Feroviar CF Constanta Regional, für umgerechnet 11,4 Millionen Euro erhalten. Die Arbeiten haben Ende Juni 2022 begonnen.
Dieses Projekt ist Teil des Baus eines intermodalen Terminals für 40 Millionen Euro. Mit der Investition verspricht sich die rumänische Regierung mittelfristig eine Steigerung der Umschlag-Kapazitäten um 15 Prozent. Bis 2030 soll der Güter- und Schiffsverkehr mit dem Straßenverkehr konkurrieren können. Laut dem Verkehrsministerium hat sich Rumänien diesem EU-weiten Ziel verpflichtet. Der Autohersteller Dacia nutzt bereits nach eigenen Angaben bevorzugt Güterzüge für Lieferungen von und zum Hafen Constanța.
Getreidefuhren sind logistische Herausforderung
Bisher erreichen nur Lkw oder Donauschiffe mit Weizenfuhren den Hafen Constanța - und das mit riesigem logistischen Aufwand. An den Donauhäfen fehlt es an Kränen und Silos, um die Getreidemengen umzuschlagen. Außerdem kommen die Verwaltungen und Zollstellen in den Donauhäfen nicht mit den Kontrollen hinterher.
An den Grenzposten, etwa in Siret, müssen Lkw-Fahrer zwischen einer und zwei Wochen warten, bis sie nach Rumänien einreisen dürfen. Die Zollkontrollen rauben Zeit, weil bei Einfuhren aus Drittländern phytosanitäre Kontrollen vorgeschrieben sind. Dabei prüft der Zoll, ob die Pflanzen beispielsweise mit Schädlingen befallen sind.
Die Bahnstrecke zum Hafen Constanța aus der Ukraine heraus ist ein weiterer logistischer Flaschenhals. Denn eine durchgehende Bahnverbindung existiert schlichtweg nicht. Ein Problem ist die unterschiedliche Spurbreite der rumänischen und ukrainischen Eisenbahn.
Die rumänische Eisenbahn nutzt die normale Spurweite, bei der die Schienenstränge einen Abstand von 1435 Millimetern haben. Die Eisenbahnen in der Ukraine und der Republik Moldau fahren auf Gleisen, bei denen die Schienen einen Abstand von 1520 Millimetern haben. |
Donauhafen Galati als möglicher Umschlagplatz
Der Donauhafen Galati könnte im Zuge der Transportkrise zum künftigen Hub für Warenströme aus der Ukraine avancieren, da dieser lediglich 5 Kilometer von der Grenze zur Republik Moldau entfernt ist. Die dortige Eisenbahn nutzt wie auch die Ukraine die Breitspur. Von der moldauischen Stadt Giurgiulesti gibt es eine 4 Kilometer lange, stillgelegte Breitspur-Bahn-Strecke zu den Anlegestellen des Donauhafens Galati. Sie soll schnellstmöglich wieder in Betrieb genommen werden, verkündete das Verkehrsministerium. Die Instandsetzungsarbeiten sollen innerhalb von 60 Tagen abgeschlossen werden. Eine Ausschreibung für dieses Vorhaben hat die zuständige Eisenbahngesellschaft Calatorie Feroviar CF Ende Juni 2022 jedoch annulliert. Lokalen Medienberichten zufolge will die Eisenbahngesellschaft selbst die Reparaturarbeiten ausführen.
Sobald die direkte Zugverbindung nach Galati funktioniert, kann der Weizen per Donauschiff nach Constanța transportiert werden. Um den Weizen zu verladen, muss der Güterbahnhof Galati modernisiert werden. Es braucht eine Anlage, mit der die aus der Ukraine und Moldau ankommenden Züge auf die Normalspur gehoben werden können. Zudem müssen die Verlade-Docks ausgebaut werden. Ob sich hier eine Investition lohnt, hängt davon ab, wie lange Rumänien Lieferungen aus der Ukraine aufnehmen muss.
Engpässe bei Güterzügen in der Ukraine
Auch wenn in Rumänien alle Arbeiten abgeschlossen werden, gibt es Schwierigkeiten mit dem Bahntransport auf der ukrainischen Seite. "Wir wissen, dass die ukrainische Bahn zurzeit begrenzte Kapazitäten hat, um Güterzüge an die rumänische Grenze fahren zu lassen. Die Güterwaggons werden dort für andere Transporte im Land benötigt", berichtet der Bürgermeister der Stadt Galati, Cezar Ionut Bichescu. Er beruft sich dabei auf Gespräche mit ukrainischen Amtskollegen.