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Zuständige Gerichte

Germany Trade & Invest (Stand: 16.04.2025)

Ist ein deutscher Unternehmer gezwungen, seine Forderungen gerichtlich durchzusetzen, muss er den rumänischen Dienstleistungserbringer vor dem zuständigen Gericht verklagen. Bei Gerichtsprozessen zwischen Parteien aus verschiedenen Staaten muss hierzu geklärt werden, ob die Gerichte des einen oder des anderen Staates den Streit entscheiden dürfen. Das Gericht, vor dem man klagt (oder verklagt wird), muss also international zuständig sein.

Die Frage nach dem Ort, an dem in diesem Staat geklagt werden kann bezeichnet man als örtliche Zuständigkeit des jeweiligen Gerichts. Schließlich ist noch zu klären, ob es einem bestimmten Gericht vorbehalten ist, in dem Fall zu entscheiden (sachliche Zuständigkeit). Dies kann sich beispielsweise nach Art oder Höhe der Forderung richten.

 

Internationale Zuständigkeit

Bei Streitigkeiten zwischen rumänischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern richtet sich im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Frage der internationalen und örtlichen Zuständigkeit zunächst nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Auf Verfahren, die vor dem 10. Januar 2015 eingeleitet worden sind, finden die Vorschriften der EuGVVO in der Fasssung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Anwendung.

Gerichtsstandsvereinbarungen sind dabei grundsätzlich zulässig. Darunter versteht man eine Vertragsklausel, die bestimmt, an welchem Ort oder vor welchem Gericht bei Streitigkeiten geklagt werden darf. Es ist also möglich, mit einer Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts vertraglich zu bestimmen.

Auch wenn gemäß Artikel 25 EuGVVO nicht nur schriftliche Gerichtsstandvereinbarungen möglich sind, ist eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien jedoch ratsam. Zu beachten ist weiterhin, dass bei Versicherungs- und Verbrauchersachen (Artikel 15 und 19 EuGVVO) besondere Voraussetzungen für den Abschluss einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung bestehen. Verfahren hinsichtlich bestimmter Verfahrensgegenstände, wie z.B. dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen oder die Gültigkeit von gewerblichen Schutzrechten führen stets zu einer ausschließlichen Zuständigkeit (Art. 24 EuGVVO). In diesen Fällen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung ausgeschlossen.

Fehlt eine Gerichtsstandsvereinbarung im Vertrag, sind nach Artikel 4 EuGVVO grundsätzlich die Gerichte des Wohnsitzstaates des Beklagten international zuständig. Für juristische Personen wie zum Beispiel eine GmbH wird (mangels Wohnsitzes) auf den satzungsmäßigen Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung abgestellt (Artikel 63 EuGVVO).

Einen detaillierteren Überblick über die EuGVVO bietet ein EU-Portal mit Zusammenfassungen der EU-Gesetzgebung in deutscher Sprache.

Um die internationale Zuständigkeit im konkreten Fall zu bestimmen, ist in dieser Reihenfolge vorzugehen:

  • Zunächst ist zu prüfen, ob eine ausschließliche Zuständigkeit vorliegt. Dies ist bei den in Artikel 24 EuGVVO genannten Verfahrensgegenständen der Fall. Ist einer der dort genannten Verfahrensgegenstände einschlägig, ist vor den Gerichten des ausschließlich zuständigen Mitgliedsstaats zu klagen.
  • Liegt keine ausschließliche Zuständigkeit vor, ist zu prüfen, ob eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung vorliegt. Bei Versicherungssachen und Verträgen, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, sind die besonderen Voraussetzungen der Artikel 15 bzw. 19 EuGVVO zu berücksichtigen. Im Übrigen müssen die Voraussetzungen der Artikel 25 und 26 EuGVVO erfüllt sein.
  • Liegt auch keine (wirksame) Gerichtsstandsvereinbarung vor, ist zu festzustellen, ob eine besondere Zuständigkeit vorliegt. Diese gehen der allgemeinen Zuständigkeitsregel in den Artikeln 4 bis 6 EuGVVO vor. Dazu gehören zunächst die bereits oben genannten Versicherungs- und Verbrauchersachen (Artikel 10 bis 14, bzw. 17 bis 18). Sind diese Vorschriften nicht einschlägig, finden sich in den Artikeln 7 bis 9 weitere besondere Zuständigkeiten.
  • Ist von den oben genannten Vorschriften keine einschlägig, kommt die allgemeine Zuständigkeit aus den Artikeln 4 bis 6 zur Anwendung. Danach ist grundsätzlich vor den Gerichten des Mitgliedstaats zu klagen, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz oder seine Niederlassung hat.

Der Kläger hat bei den besonderen Zuständigkeiten aus den Artikeln 7 bis 9 EuGVVO stets die Wahl zwischendiesen Gerichtsständen und dem allgemeinen Gerichtsstand,

Beispiel: Ein deutscher Unternehmer möchte einen rumänischen Dienstleistungserbringer verklagen, da dessen Dienstleistung mangelhaft war. Eine Gerichtsstandsvereinbarung haben sie nicht geschlossen. Die Dienstleistung wurde auf einer Baustelle in Deutschland erbracht.

Eine ausschließliche Zuständigkeit nach Artikel 24 EuGVVO liegt nicht vor. Auch eine Gerichtsstandsvereinbarung scheidet aus. Versicherungs- und Verbrauchersachen liegen ebenfalls nicht vor, beide Parteien sind Unternehmer. Hier liegt allerdings eine besondere Zuständigkeit nach Artikel 7 Nr. 1 lit. b2. Spiegelstr. vor. Danach kann der rumänische Dienstleistungserbringer wegen der Ansprüche aus dem Dienstleistungsvertrag in dem Mitgliedsstaat verklagt werden, in dem sich der Erfüllungsort dieses Vertrages befindet. Dies ist der Ort, an dem die Dienstleistung erbracht worden ist, also Deutschland. Dem deutschen Unternehmer steht es dennoch offen, am allgemeinen Gerichtsstand in Rumänien zu klagen.

 

Örtliche und sachliche Zuständigkeit

Die örtliche Zuständigkeit kann sich sowohl nach der EuGVVO, als auch nach dem nationalen Recht richten.

Die EuGVVO regelt die örtliche Zuständigkeit nur in bestimmten Fällen und zwar dann, wenn eine besondere Zuständigkeit nach Artikel 7 EuGVVO vorliegt, mit Ausnahme der Ziffer 6. Als Beispiel für eine besondere Zuständigkeit ist hier zu nennen: Bildet ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand eines Verfahrens, kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedsstaat verklagt werden vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.

Falls die EuGVVO die örtliche Zuständigkeit nicht regelt, richtet sie sich in Rumänien grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten (Artikel 117 der rumänischen ZPO).

Die sachliche Zuständigkeit ist auch in Rumänien abhängig vom Streitwert und stellt sich etwa wie folgt dar (Artikel 92-95 der rumänischen ZPO):
 

  • Amtsgericht (Judecatorie):
    • Streitwert von bis zu 200.000 rumänische Lei (RON)
    • Verwaltungssachen
       
  • Landgericht (Tribunal)
    • Streitwert über 200.000 rumänische Lei (RON)
    • Alle übrigen Streitgegenstände, soweit sie nicht zu den Amtsgerichten gehören

Aktualisierte deutschsprachige Informationen zur Gerichtsorganisation in Rumänien enthält auch das Europäische Justizportal im Länderteil Rumänien

Rechtsmittel

Das rumänische Gerichtssystem verfügt über einen vierstufigen Aufbau und besteht aus den folgenden Gerichten:

  • Amtsgerichte (Judecatorii, landesweit 178 in größeren Städten und Landgemeinden)
  • Landgerichte/ Gerichtshöfe (Tribunale, landesweit 41 auf Kreisebene und in Bukarest)

    • Fachgerichte/ Spezialtribunale (Tribunale specializate, davon landesweit drei Handelsgerichte)
  • Berufungs- oder Appellationsgerichte (Curti de Apel, landesweit 15 als wesentliche Rechtsmittelinstanz)
  • Oberster Gerichtshof (Inalta Curte de Casatie si Justitie a Romaniei, auch Kassationsgerichtshof).

Die rumänische Zivilprozessordnung sieht im Wesentlichen diese Rechtsmittel vor:

  • Berufung (Apelul, §§ 460-476)
  • Revision (Revizuirea, §§ 503-507)

Justizreform und EU-Kooperations- und Kontrollverfahren

Das rumänische Justizsystem wies noch zum Zeitpunkt des EU-Beitritts am 1. Januar 2007 trotz der durch Gesetz Nr.--Nummer 247/2005 durchgeführten umfassenden Justizreform erhebliche Defizite auf.

Vor diesem Hintergrund richtete die EU für Rumänien (und auch parallel für Bulgarien) das sogenanntes Kooperations- und Kontrollverfahren ein, in dessen Rahmen die EU-Kommission zweimal im Jahr Berichte zum Stand der Fortschritte bei der Justizreform und Korruptionsbekämpfung veröffentlicht. Am 15. September 2023 teilte die Europäische Kommission mit, dass Rumänien in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit alle Verpflichtungen erfüllt habe, die zum Zeitpunkt ihre EU-Beitritts festgelegt wurden. Die EU-Kommission hat deshalb das Kooperations- und Kontrollverfahren (CVM) förmlich abgeschlossen.

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