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Chemiesektor bleibt ein Investitionsschwerpunkt
Nach der Öl- und Gasförderung ist die Chemieindustrie der wichtigste Wirtschaftszweig Saudi-Arabiens. Die Düngemittelproduktion und die Petrochemie werden stark ausgebaut.
01.10.2023
Von Robert Espey | Dubai
In Saudi-Arabien wird der Ausbau der chemischen Industrie mit Großinvestitionen fortgesetzt. Die Produktionskapazitäten könnten mittelfristig von aktuell etwa 120 Millionen Tonnen pro Jahr auf 130 Millionen Tonnen steigen. Derzeit sind Projekte im Wert von rund 29 Milliarden US-Dollar (US$) in Planung oder bereits im Bau (ohne Wasserstoffprojekte). Diese Vorhaben sollen innerhalb der nächsten fünf Jahren abgeschlossen sein. Neue Chemieanlagen im Wert von über 2 Milliarden US$ wurden 2022 fertiggestellt.
Hohe Investitionen im Düngemittelsektor
Das größte 2022 abgeschlossene Chemieprojekt ist ein drittes Werk zur Herstellung von Ammoniak der staatlichen Saudi Arabian Mining Company (Ma'aden) in Ras Al Khair an der Ostküste. Die Anlage verfügt über eine Kapazität von jährlich 1,2 Millionen Tonnen. Mit den Planungen für das 892 Millionen US$ teure Projekt wurde 2016 begonnen. Der Hauptbauauftrag ging 2018 an das südkoreanische Unternehmen Daelim. Die Technologielizenz kommt von Uhde (ThyssenKrupp).
Ma'aden verwendet das Ammoniak vor allem zur Produktion von Phosphatdünger (Di-Ammonium Phosphate/DAP, Mono-Ammonium Phosphate/MAP). Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als weltweit zweitgrößten Exporteur von Phosphatdünger. Die erste Ma'aden-Ammoniakanlage ging 2011 in Betrieb. Der Ammoniakausstoß stieg 2022 gegenüber dem Vorjahr um 77 Prozent auf 3,2 Millionen Tonnen, die Produktion von Düngemittelgranulat stagnierte bei 5,2 Millionen Tonnen.
Im Norden nahe der jordanischen Grenze, in der Wa'ad Shamal Industrial City, will Ma'aden weitere Produktionsstätten errichten. In der Region befinden sich große Phosphatvorkommen. In Wa'ad Al Shamal sind bereits Produktionsanlagen für Ammoniak (Investition: 825 Millionen US$), Phosphorsäure (896 Millionen US$) sowie DAP und Stickstoff, Phosphor, Kalium (600 Millionen US$) in Betrieb. In den Ausbau der Wa'ad Al Shamal Phosphatmine sind bislang über 2 Milliarden US$ geflossen. Die Wa'ad Al Shamal Region ist über das Schienennetz der "North-South Railway" mit der Westküste und der Hauptstadt Riad verbunden.
Noch 2023 will Ma'aden in Wa'ad Al Shamal ein Projekt für Phosphor- und Schwefelsäure im Wert von 278 Millionen US$ sowie den Bau einer 800 Millionen US$ Ammoniakanlage vergeben. Die Wa'ad Al Shamal-Projekte betreibt Ma'aden gemeinsam mit der Saudi Basic Industries Corporation (Sabic) und dem US-Unternehmen Mosaic.
Ma'aden besitzt weitere Phosphatminen in Al Jalamid und Al Khabra. In der Al Jalamid werden jährlich 10 Millionen bis 12 Millionen Tonnen Phosphat abgebaut. Das dort produzierte Konzentrat wird per Schiene zur Herstellung von Phosphatdünger ins über 1.000 Kilometer entfernte Ras Al Khair transportiert. Die Mine in Al Khabra kann jährlich 12 Millionen Tonnen Phosphat fördern. Die Weiterverarbeitung erfolgt in Wa'ad Al Shamal.
Milliardenaufträge für Amiral-Petrochemieprojekt vergeben
Die Planungen für den "Amiral" Raffinerie- und Petrochemiekomplex in Jubail begannen bereits 2005. Zur Realisierung des Großprojekts gründeten der nationale Ölkonzern Saudi Aramco und TotalEnergies 2008 die Saudi Aramco Total Refining and Petrochemical Company (SATORP). An dem Joint Venture ist Aramco mit 62,5 Prozent beteiligt, TotalEnergies hält die restlichen 37,5 Prozent.
Zunächst wurde eine Raffinerie mit einer Kapazität von 460.000 barrel per day (bpd) errichtet, die seit 2014 in Betrieb ist. "Arabian Heavy Crude Oil" wird zu Benzin, Diesel, LPG (Liquefied Petroleum Gas), Flugzeugtreibstoff, Propylen, Benzol, Paraxylol, Schwefel sowie Koks verarbeitet.
Nach jahrelangen Diskussion wurde im Dezember 2022 abschließend entschieden, die Raffinerie um den "Amiral" Petrochemiekomplex zu erweitern. Die Investitionen werden mit 11 Milliarden US$ veranschlagt. Im Juni 2023 erfolgte die Vergabe von Bauaufträgen im Gesamtwert von 8,3 Milliarden US$. Das Projekt soll bis 2028 fertiggestellt sein.
Das Herzstück des "Amiral" Petrochemieprojektes ist ein Ethylen-Cracker mit einer Jahresleistung von 1,65 Millionen Tonnen. Die Anlage wird von der Hyundai Engineering & Construction Company für 2,5 Milliarden US$ errichtet. An das südkoreanische Unternehmen ging ein weiterer 2,5 Milliarden US$ Auftrag für Infrastruktursysteme.
Maire Tecnimont hat einen 1,2 Milliarden US$ Auftrag für zwei Polypropylen-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von jährlich 1 Million Tonnen erhalten. Ferner baut das italienische Unternehmen für 720 Millionen US$ ein HDPE-Werk (High Density Polyethylene) und eine Logistikzone.
Weitere Aufträge erhielten Sinopec Engineering (Tankanlagen sowie Integration von Raffinerie und Petrochemiekomplex; 720 Millionen US$) sowie die lokalen Unternehmen Gulf Consolidated Contractors (Pipelines; 400 Millionen US$), Mohammed Ali Al Suwailem Trading and Contracting (Industrial Support Facilities; 80 Millionen US$), Mobarak M. Al Salomi and Partner (Construction Facilities; 80 Millionen US$) und Mofarreh Marzouq Al Harbi and Partners (Site Preparation; 80 Millionen US$).
In Kürze dürfte das für den "Amiral" Komplex geplante 470 Megawatt Kraftwerk, das 500 Millionen US$ kosten soll, vergeben werden. Eine Anlage zur Herstellung von synthetischem Gummi für 50 Millionen US$ ist ausgeschrieben.
Projekt | Investitionssumme (in Mio. US$) | Betreiber |
---|---|---|
PDH & PP Complex: Propane Dehydrogenation, Utilities & Offsites Package | 653 | |
PDH & PP Complex: Polypropylene (PP) Package | 500 | |
Caustic Soda Plant Project | 400 | |
Cracker DBN Project in Jubail | 400 | |
Jubail Industrial Gases Hub | 240 | |
Linear Alkyl Benzene (LAB) Plant: Phase - IV | 100 | |
Ibn Zahr C4 Low-Temperature Recovery Project | 80 | |
PKN MTBE Project | 80 | |
Citric Acid Plant at Jeddah | 35 |
COTC-Projekte sind in Planung
Gemäß der Datenbank MEED Projects sind derzeit im saudi-arabischen Chemiesektor Investitionsvorhaben im Gesamtwert von über 17 Milliarden US$ in der Planung. Hier sind grüne Wasserstoff-/Ammoniakprojekte nicht berücksichtigt. Die beiden größten geplanten Petrochemieprojekte sind Crude Oil-To-Chemicals-Anlagen (COTC) in Yanbu an der Ostküste und in Ras Al Khair für jeweils 5 Milliarden US$.
Projekt | Investitionssumme (in Mio. US$) | Projektstand *) | Betreiber |
---|---|---|---|
Yanbu Propylene Plant | 2.000 | FEED | |
Agricultural Chemicals Manufacturing Facility | 1.000 | ST | |
New Polyisobutylene Plant in Jubail | 800 | ST | |
Raibgh Recycling Polyethylene Terephthalate Plant | 500 | ST | |
Jubail Petrochemical Plant | 500 | ST | |
Nitric Acid & Ammonium Nitrate Plant | 300 | ST | |
Needle Coke / Synthetic Graphite Complex | 200 | FEED | |
Nexlene Project in Jubail | 150 | AP | |
Polypropylene Plant Expansion in Yanbu | 120 | ST | |
Technical Grade Ammonium Nitrate (TAN) Plant | 100 | FEED |
In dem in Yanbu geplanten COTC-Komplex soll neben den Petrochemieanlagen eine Raffinerie für 20 Milliarden US$ errichtet werden. Das Projekt befindet sich in einer frühen Planungsphase, Betreiber sind Aramco, Sabic und Sinopec. Auch die Planungen für das COTC-Projekt in Ras Al Khair (Betreiber: Aramco, Sabic) sind noch nicht weit fortgeschritten.