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Branchen | Senegal | Abfallentsorgung, Recycling

Abfallwirtschaft im Senegal nimmt an Fahrt auf

Das westlichste Land Afrikas erlebt seit der Jahrtausendwende einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Damit einher geht eine drastisch steigende Abfallbelastung.

Von Wolfgang Karg | Dakar

Ursachen für das Müllproblem sind auch im Senegal Bevölkerungswachstum, Verstädterung, steigender Konsum und Industrialisierung. So dürfte das tägliche Abfallaufkommen im Senegal mittlerweile ein Volumen von 9.000 Tonnen deutlich überschritten haben. Das sind mehr als drei Millionen Tonnen pro Jahr. Dazu kommen jährlich geschätzte 150.000 Tonnen Industrieabfälle. Straßenränder und Küsten im Land sind vielerorts voller Abfälle aus Haushalten und Unternehmen. Abwässer aus Haushalten und Unternehmen belasten Boden und Grundwasser. Das Land ist bis heute auch ein Ziel internationaler Müllverschiebung aus Industrieländern. Strukturen für die Entsorgung von Sonderabfall gibt es fast nicht. Lediglich in Zementwerken wird dieser teilweise verbrannt, die allerdings entweder über keine oder nur eine ungenügende Rauchgasreinigung verfügen.

Informeller Sektor weiterhin dominant 

Die Strukturen in der Abfallwirtschaft des Senegal machen in den letzten Jahren Fortschritte. Historisch gewachsene „wilde“ Müllkippen zur Abfallentsorgung sind allerdings noch immer die Regel. Die Abfallwirtschaft wird überwiegend vom informellen Sektor geprägt. Sammlung und Transport der Abfälle sowie Ansätze von Recycling erfolgen meist durch diese Akteure der Schattenwirtschaft. Die Müllsammlung per Eselskarren oder Motorradkutsche ist vielerorts noch immer die Regel. In teuren Wohnvierteln und bei meist internationalen Unternehmen werden Müllfahrzeuge eingesetzt, teilweise auch zum Transport größerer Müllmengen auf regionaler Ebene. Mit dem Sammeln von Abfällen sowie dem Sortieren von Plastik, Glas, Metall und Papier auf ungesicherten Müllkippen verdienen sich noch immer tausende Menschen ihren Lebensunterhalt. 

Jahrzehntelang waren Reformbemühungen in der Abfallwirtschaft des Senegal gescheitert. Intransparente, korrupte und zu zentralistische Strukturen blockierten Fortschritte. Selbst Konzerne wie Veolia aus Frankreich scheiterten mit ihrem Versuch, iinternationale Standards bei der Abfallentsorgung im Land umzusetzen. Auch andere französische Projekte wie von Syctom, dem kommunalen Abfallunternehmen von Paris, blieben im Senegal die Ausnahme. Branchenexperten sehen sie zudem eher als politische Gegengeschäfte, um an lukrative Aufträge für Großprojekte nationaler Konzerne zu kommen. 

Ein Fehler in der Vergangenheit war es, nicht nur im Senegal, den informellen Sektor nicht ausreichend in die Reformpläne einzubeziehen. Die Regierung von Präsident Macky Sall hat deshalb 2013 ein nationales Reformprogramm gestartet. Auch die Agenturen für städtische Entwicklung (ADM) und für lokale Entwicklung (ADL)  forcieren Projekte in der Abfallwirtschaft. Eine konsistente Gesetzgebung für die Abfall- und Kreislaufwirtschaft steht jedoch noch am Anfang. 

Nationales Programm zur Abfallwirtschaft gestartet

Mit dem „Programme national de Gestion des Déchets“ hat der Senegal eine landesweite Behörde für das Abfallmanagement ins Leben gerufen. Die „Unité de Coordination et de Gestion des déchets solides“ (UCG) ist Bestandteil einer nationalen Strategie, um das Abfallmanagement zu verbessern. Mitarbeiter und Fahrzeuge der UCG sind mittlerweile vielerorts im Einsatz. Bis 2030 will der Senegal die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung erreichen, ebenso die in der nationalen Reformagenda „Plan Sénégal emergent“ bis 2035 angestrebten Pläne. Dazu sind in den nächsten Jahren mehr Investitionen im Abfallsektor und für eine stärkere Kreislaufwirtschaft unumgänglich. Mit einer staatlichen Betreibergesellschaft namens Sendid S.A. will die UCG auch Konzepte unter Einbeziehung der Privatwirtschaft vorantreiben. Dies könnte für deutsche Unternehmen der Abfall- und Recyclingwirtschaft neue Chancen eröffnen.

Regierung will Recyclingquoten erhöhen

Die im Land gesammelten Abfallmengen steigen weiter deutlich. Allerdings werden viele Sammelstationen der UCG, in denen Bürger Wertstoffe getrennt abgeben sollen, noch immer wenig genutzt. Die meisten Bürger entsorgen ihren Hausmüll noch immer durch den informellen Sektor. Der senegalesische Präsident Sall hat zwar das Ziel „Sénégal zéro déchets“ für sein Land ausgegeben. Der Verwaltung ist es aber bisher nur zum Teil gelungen, das gesetzliche Verbot von Einwegplastiktüten durchzusetzen.  Mit Kampagnen wie „Sénégal propre“ wirbt die Abfallbehörde UCG um mehr Unterstützung in der Bevölkerung. Denn die Ziele der Regierung sind ambitioniert. Bis 2030 soll eine Recyclingquote von 65 Prozent bei Siedlungsabfällen, 75 Prozent bei Verpackungsmüll und 50 Prozent bei Plastikmüll erreicht werden. Initiativen wie „Zero Waste Senegal“ versuchen, die Abfallwirtschaft bei der Entwicklung zu unterstützen. 

Internationale Hilfen für Senegals Abfallsektor

Geldgeber wie Weltbank, Islamische Entwicklungsbank (IsDB) und Europäische Investitionsbank (EIB) sowie eine Reihe von Entwicklungsorganisationen unterstützen den Senegal in der Abfallwirtschaft. Mitte 2020 wurde für umgerechnet rund 260 Millionen Euro das Programm PROMOGED aufgelegt. Das Programm ist auf sechs Jahre angelegt. Ziel ist das nachhaltige Management fester Abfälle im ganzen Land. Verwaltungseinheiten wie Departments und Kommunen erhalten mittlerweile von UCG feste Budgets für den Abfallsektor zugewiesen. Damit werden auch Mitarbeiter bezahlt, die bislang teilweise im informellen Abfallsektor tätig waren. Reinigungskräfte der UCG sind auch mit dem Säubern öffentlicher Plätze beauftragt.

Der Ausbau der Infrastruktur mit Sammelbehältern, Fahrzeugen, Recyclingzentren und Deponien wird vorangetrieben – oder zumindest angestrebt. So soll auch die berüchtigte Müllhalde Mbeubeuss bei Dakar mit Millionenaufwand saniert werden. Eine Müllverbrennungsanlage ist für die Region um Kaolack im Gespräch. Auch die professionelle Entsorgung von Sonderabfällen aus Industrie, Gesundheitswesen und von eingeführtem Elektronikschrott dürfte im Senegal an Fahrt aufnehmen. In den nächsten Jahren sind daher eine Reihe von Investitionen in Maschinen und Anlagen zur Abfallwirtschaft und für Beratungsleistungen im Senegal zu erwarten.  
 

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