Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

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Folge 25: Architekturexport: Planvoll in die Welt

- Dezember 2024 -

Deutsche Architektur- und Planungsbüros engagieren sich auf der ganzen Welt. Ein Flughafen in Panama, ein Campus in Indien oder ein Park in Riad können ganz selbstverständlich am Reißbrett in Deutschland entstehen oder in einem Auslandsbüro vor Ort. 

WELTMARKT unterhält sich in dieser Folge mit einer Vertreterin des Netzwerks Architekturexport (NAX) darüber, wann es für ein Büro Sinn macht, sich ins Ausland zu orientieren und wo die größten Barrieren aber auch die vielversprechendsten Märkte warten. Und auch darüber, wer beim Schritt ins Ausland helfen kann. 

Außerdem sprechen wir mit einem Unternehmen, das seine Dienstleistungen bereits seit vielen Jahren erfolgreich ins Ausland exportiert: Die Priedemann GmbH ist spezialisiert auf Fassaden und gibt Gebäuden weltweit ein Gesicht, zum Beispiel dem John F. Kennedy International Airport in New York, Metrostationen in Saudi-Arabien und Bürotürmen in Dubai.

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Gäste in dieser Folge

FRIEDERIKE-SCHÖNHARDT-LIEDTKE-2-bearbeitet_RZ FRIEDERIKE-SCHÖNHARDT-LIEDTKE-2-bearbeitet_RZ | © Till Budde

Friederike Schönhardt-Liedtke

ist Referentin für Wirtschaftspolitik bei der Bundesarchitektenkammer (BAK) und seinem Netzwerk Architekturexport NAX. Mit dem NAX unterstützt die BAK deutsche Architektinnen und Architekten auf dem Weg ins Ausland. Das Netzwerk bietet deutschen Planerinnen und Planern eine Plattform, um sich über Exportfragen auszutauschen, sich mit deutschen und ausländischen Kollegen zu vernetzen und durch Erkundungsreisen internationale Märkte kennenzulernen. Friederike Schönhardt-Liedtke arbeitet seit acht Jahren bei der Bundesarchitektenkammer. Sie hat zuvor an der FU Berlin ihren Master in Medien und Politischer Kommunikation gemacht.

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Micha Pawelka

ist seit Januar 2023 CFO der Priedemann Holding GmbH und verantwortet die Administration sowie das Tagesgeschäft und die Finanzen der Gruppe. Zuvor war er Geschäftsführer von Priedemann FZCO in Dubai und leitete dort den Bereich Business Development für den Mittleren Osten. Micha Pawelka kann bereits auf über 20 Jahre Erfahrung in der Glas- und Fassadenbranche zurückblicken.

Zum Leistungsspektrum von Priedemann gehören Fassadenplanung, technisches Fassadendesign, Bauphysik, Nachhaltigkeit in der Fassade, Energieerzeugung und Energiespeicherung in der Fassade, Fassadenengineering, also Montageplanung, alle digitalen Services an der Fassade, von Parameteroptimierung bis hin zur digitalen Produkten, digitale Zwillinge, Sanierung und Bauen im Bestand.

 

Weiterführende Informationen

Netzwerk Architekturexport bei der Bundesarchitektenkammer e.V.

Priedemann

GTAI-Reihe Branche kompakt: Bauwirtschaft

Aktuelle Studie zum Architekturexport nach Saudi-Arabien

Studie zum Architekturexport nach Dänemark

Weitere Studien zum Architekturexport in verschiedene Zielmärkte von GTAI und NAX

GTAI-Länderseite Saudi-Arabien

Branchenanalyse Saudi-Arabien Bauwirtschaft

WELTMARKT Folge 17: Deutsche Ingenieure weltweit

WELTMARKT Folge 23: Deutsches Handwerk – goldener Boden im Ausland?

 

Transkript der Folge 

Das folgende Transkript wurde zum Zwecke der Barrierefreiheit mit einer Spracherkennungssoftware erstellt und danach auf offensichtliche Fehler hin korrigiert. Es entspricht nicht unseren Ansprüchen an ein vollständig redigiertes Interview. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Wenn in Dubai ein Bürohochhaus in den Himmel wächst, wenn in Riad der größte Park der Welt entsteht, wenn in Bengaluru ein immenser Campus gebaut wird, hat das oft mehr mit uns zu tun, als wir glauben. Und zwar nicht zwangsläufig, weil Material aus Deutschland geordert wurde – nicht selten haben deutsche Architekturbüros Projekte mitgeplant. 

Deutsche Architekten sind im Ausland in völlig unterschiedlichen Bereichen gefragt: im Hochbau, der Innenarchitektur, in der Landschafts- und Stadtplanung. Der Export von Architekturdienstleistungen ist unter deutschen Büros weit verbreitet. 

Friederike Schönhardt-Liedtke Es ist aber statistisch gesehen schon so, dass vor allen Dingen die größeren Büros mit zehn oder mehr Mitarbeitenden exportieren. Das hat natürlich einfach was mit den vorhandenen Ressourcen zu tun. Aber viel wichtiger ist es eben wirklich, dass der Elan und der Drive und dieser lange Atem da ist. Die Bereitschaft, wirklich sehr viel Energie und Herzblut in den Aufbau eines Exportgeschäftes zu stecken. Und wenn das vorhanden ist, dann kann auch ein kleines Büro sehr erfolgreich im Ausland sein. 

Viele Tipps für GROSSE und KLEINE Architekturbüros erfahren wir gleich von Friederike Schönhardt-Liedtke vom Netzwerk Architekturexport der Bundes-Architektenkammer. 

Aber zuerst unterhalten wir uns mit Micha Pawelka, dem CFO eines Unternehmens, das schon seit zwanzig Jahren Gebäuden weltweit ein Gesicht gibt. Die Priedemann GmbH aus Berlin ist Fassadenfachplaner und beschäftigt 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland, Indien und im Mittleren Osten. Das Unternehmen generiert mittlerweile rund ein Viertel seines Umsatzes im Ausland. 

Herr Pawelka, damit wir uns das ein bisschen besser vorstellen können: Für welche bekannten internationalen Gebäude hat Priedemann denn die Fassade geplant?

Micha Pawelka Das kommt ja immer ein bisschen darauf an, wo jemand unterwegs ist und ob man es kennt. Aber so die bekanntesten sind vielleicht auf der Welt, der JFK Airport in den USA. Dann haben wir in Dubai den ICD Brookfield Place Tower gemacht, ein relativ berühmter Turm von Foster + Partners, der zu den weltweiten Top 20 LEED Platinum Highrise-Gebäuden gehört. Also den kennt man schon. Panama Airport haben wir gemacht. Dann kennt man in Saudi-Arabien sicherlich King Abdullah Financial District oder in Saudi-Arabien auch die Haramain Train Station für den Highspeedtrain. 

Die Priedemann GmbH wurde ja Anfang der Neunziger in einem Berliner Kellerbüro gegründet. In der neuen Hauptstadt gab es viel zu tun. Doch dann begann die Reise ins Ausland. Könnten Sie uns da mal ein paar Stationen nennen? 

Micha Pawelka Der Gründer Wolfgang Priedemann hat schon zu DDR-Zeiten mit Fassadenprofilen und Fensterprofilen gehandelt, war also Händler im Fassadenbereich. 1993 ist das Unternehmen als solches gegründet worden. Vorher gab es schon sein Ingenieurbüro und dann hat man sich mit Fassadenexperten umgeben, die hauptsächlich aus der Ausführungsseite kamen, also von Metallbauern. Und 1996 ist dann die erste Honorarordnung für Fassadenberater entstanden in Deutschland. Wir sind also entstanden in dieser Zeit, wo diese Industrie eigentlich entstanden ist. Und dann sind wir vertikal im Fassadenbereich gewachsen durch die Leute, die wir in irgendeiner Form attracted haben zu unserem Unternehmen.

Und dann begann die Reise ins Ausland: 2004 Sankt Petersburg, 2005 Dubai, dann 2009 Umzug, wo wir jetzt sitzen in Großbeeren im Süden von Berlin in unserem Headquarter, wo es jetzt auch Research and Development gibt, wo es einen Showroom gibt. Und dann ging's weiter. 2011 Türkei und China, 12 Indien mit zwei Büros, dann Afrika, dann Australien. Ja, das war unsere Reise ins Ausland. 

Beeindruckend! Gibt es denn überhaupt noch Ecken in der Welt, die in Ihren Auftragsbüchern nicht vorkommen?

Micha Pawelka Ja, es gibt noch genügend und wir haben uns auch wieder zurückgezogen. Wir haben Australien geschlossen. Wir haben, in Afrika sind wir nicht mehr aktiv, in der Türkei nicht mehr. Wir konzentrieren uns auf unsere Kerne Deutschland oder die DACH-Region, Europa, Dubai, Indien, machen gute Geschäfte in den USA. Wir haben viel probiert, aber jetzt konzentrieren wir uns auf die Sachen, wo wir erfolgreich sind, wo man uns mag. 

Wie meinen Sie das, wo man Sie mag?

Micha Pawelka Also wir sind ja so ein bisschen ein familiengeführtes Unternehmen. Vertrauen ist wichtig bei uns und wir wachsen organisch, wir erarbeiten uns das selbst. Und deswegen ist immer lokal ein richtiger Partner wichtig, dass man einen vor Ort hat, der das Geschäft anlaufen lassen kann und dem man vertrauen kann, eben die Geschäfte zu führen in irgendeiner Form. Und da gibt es eben nicht so viele auf der Welt. Und in Deutschland machen wir es alles selber.

In Middle East haben wir seit vielen Jahren einfach die richtigen Leute. Von Middle East aus machen wir auch das Amerikageschäft mit auch einem Agenten, den wir schon viele Jahre kennen. Man hat also dann die richtigen Partner, auf die man sich langzeitig verlassen kann. Und man muss sich auf die Länder konzentrieren, die eben unsere Qualität mögen, die die Qualität schätzen, mit denen wir gerne zusammenarbeiten möchten und die unter Umständen uns eben auch brauchen. Also wenn man sich den Mittleren Osten anschaut, gerade Saudi-Arabien, kann also die lokal verfügbare Fähigkeit mit dem ambitionierten Design nicht mithalten. 

Das heißt, die brauchen einfach Fassadenberatung und deswegen ist es gut, sich auf den Markt zu konzentrieren, wo die Leistung einfach notwendig ist. Indien ist ein bisschen anders. Für uns ist Indien wichtig, weil dort unser Designstudio sitzt. Fassadenberatungsgeschäft in Indien machen wir nur limitiert, weil der Markt eben eine ganz andere Struktur hat, die nicht so hundertprozentig zu uns passt als deutsches Ingenieurunternehmen. 

Man braucht ja auch Kunden, denen Fassade wichtig ist, die dafür einen Sinn haben…

Micha Pawelka Ja, die so viel Bescheidenheit besitzen, dass sie wissen, sie brauchen einen Berater. Genau. Dann macht es Spaß.

Wie kommen Sie denn an Ihre Aufträge im Ausland? Haben Sie einen klassischen Weg?

Micha Pawelka Ins Ausland gekommen sind wir eigentlich immer mit Partnern. Mit welchen Partnern arbeitet man zusammen. Arbeitet man mit irgendeinem in Deutschland zusammen oder in Europa und der hat was im Ausland, braucht einen. Und dann haben wir sozusagen diese Chance genutzt und haben uns eben lokal niedergelassen. In der Zwischenzeit laufen natürlich Aufträge über Ausschreibungen. Jetzt hat man eine Reputation im Ausland sich über viele Jahre aufgebaut und man kennt und schätzt uns und jetzt kommen einfach Anfragen. Wir haben einen hohen Anteil an Stammkunden und da wird man einfach angefragt. Ansonsten machen wir schon Ausschreibungen, aber eher nicht so im Ausland. In den USA haben wir Business generiert, weil wir einen Agenten engagiert haben. Ein Deutscher, der dort lebt. Der für uns im Prinzip Business akquiriert, also verschiedene Möglichkeiten. 

Sie haben ja mehrere Büros im Ausland. Ist es denn so wichtig, vor Ort zu sein? 

Micha Pawelka Ja, ich glaube, das geht gar nicht anders. Weil die lokale Struktur ist ganz anders. Also die Baukultur ist anders, die Budgets vor Ort sind anders und es geht gar nicht, wenn man nicht vor Ort ist. Die Entscheidungsgeschwindigkeiten sind andere und ich glaube, dieses deutsche Engineering kann man nur ausspielen, wenn man vor Ort verfügbar ist.

Es sind natürlich nicht nur Deutsche im Ausland, der Großteil sind gar keine Deutschen. Aber sie tragen diese deutsche Engineering-Kultur mit. Und das ist schon wichtig und auch, also das weiß man aus dem Mittleren Osten, man kann nur Geschäfte machen, wenn man da ist, weil die Entscheidungsdauer viel zu lange ist. Das zieht sich alles wie ein Kaugummi, bis entschieden worden ist und dann ist so entschieden und dann muss man morgen anfangen und übermorgen fertig sein. Es geht gar nicht, wenn sie da: Da muss ich erst mal ‘n Flieger buchen und muss mal gucken und in vier Wochen und so, dann haben die anderen Leute längst das abgegrast, das geht gar nicht. Also man muss vor Ort sein, ganz klare Sache. 

Schicken Sie da Ihre deutschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hin? Oder stellen Sie lokal ein?

Micha Pawelka Klassische Entsendungen machen wir selten. Das muss man wirklich sagen. Das gibt es nicht mehr so oft, wie man das vielleicht aus alten Zeiten kennt, aus den Anfangszeiten des Booms im Mittleren Osten. Wir tauschen regelmäßig, also wir schicken Leute von Indien nach Dubai, von Indien nach Deutschland, von Deutschland nach Dubai, von Deutschland nach Indien. Also es findet ein Austausch statt. Der ist aber meistens temporär, projektbezogen. 

Und der Planungsprozess, ist der im Ausland ähnlich wie bei uns?

Micha Pawelka Ne, der läuft schon ziemlich anders. Also man muss auch sagen, auch in Deutschland hat sich ja das Geschäft verändert. Wissen wir alle. Es geht weg vom Neubau zum Bauen im Bestand. Aber lokal ist es definitiv ganz anders. Also in den VAE ist die Fassade zum Commodity geworden. Man baut dort für ein Viertel unseres Preises. 

Was heißt Commodity in dem Fall? 

Micha Pawelka Also das ist ein Standardprodukt fast geworden. Man ist so ein Experte lokal geworden, die Leute aus dem Mittleren Osten verkaufen ihre Fassaden mittlerweile nach Amerika. So gut sind die, so effizient sind die. Aber man baut für ein Viertel des Preises als wir in Europa bauen immer noch und damit sind die Preise ganz anders unter Druck. Man kauft sich ambitioniertes Design international und lässt es lokal von Generalplanern zu Ende bringen. Es ist eine völlig andere Baudesignstruktur, als wir sie in Europa haben. Ganz andere Situation, ganz andere Entscheidungswege, Entscheidungsgeschwindigkeiten. Es ist einfach eine ganz andere Marktdisziplin da. Also ein großer Unterschied.

Sie meinten, es geht weg vom Neubau. Aber in Saudi-Arabien wird Bauen im Bestand jetzt wahrscheinlich nicht so eine Rolle spielen, oder...

Micha Pawelka Tatsächlich auch, interessanterweise auch. 

Wirklich? Da denkt man doch immer an Neubau.

Micha Pawelka Na ja, schon, aber es ist eben so, dass wenn etwas schlecht gebaut wird, weil wenig Erfahrung da ist oder da gewesen ist, dann muss man das Gebäude nach weniger wie zehn Jahren sanieren. Und genau das haben wir im Moment. Also das sind dann eben Gebäude, die sind nicht wasserdicht und wenn es dann regnet, in Saudi-Arabien, in der Wüste, und das gesamte Wasser strömt nach innen wie in einer Dusche. Dann muss man sanieren tatsächlich, nach weniger wie zehn Jahren. 

Aber warum engagieren Sie sich überhaupt im Ausland? 

Micha Pawelka Also man muss ja mal schauen, wie sehr hat man auf europäischem Boden Wachstumspotenzial, wenn Sie als Unternehmen wachsen wollen. Und für uns ist es immer wichtig gewesen, dass wir Spaß an der Arbeit haben. Und da, wo man uns schätzt, gehen wir gerne hin. Deswegen haben wir in China nie viel gemacht. Und deswegen macht es uns vielleicht im Mittleren Osten so Spaß. Oder in Indien oder in Amerika, weil man uns einfach schätzt. Also ich glaube schon, dass man das Ausland als europäisches Unternehmen in bestimmten Branchen braucht, um zu wachsen. Das ist schon wichtig und für uns ist es ein wichtiges Standbein. 

Womit können sich deutsche Unternehmen denn im Ausland hervortun?

Micha Pawelka Also es ist schon sicherlich ganz vorne dran das deutsche Engineering, das schätzt man schon. Es ist immer noch ein Brand im Ausland. Definitiv. Architektur ist sicherlich herausfordernd, weil all diese Leute jetzt speziell im Mittleren Osten große Architekten natürlich lieben und eben irgendwie spektakuläre Konzepte kaufen und sie dann lokal sozusagen umsetzen lassen. Aber ich bin überzeugt davon, dass die deutschen Architekten ihren Platz dort haben. Unter Umständen muss man sich als deutscher Architekt eben öffnen für diesen Markt und muss auf diese spektakuläre Anforderung eingehen in irgendeiner Form. Und es gibt ja sehr, sehr gute Beispiele von europäischen Architekten, die im Mittleren Osten Großes geleistet haben, große Designs, und ich bin sicher, dass wir da unseren Platz haben. 

Und in punkto Nachhaltigkeit?

Die Nachhaltigkeitsthematik ist, glaube ich, ein bissl anders geartet lokal. Währenddem die Nachhaltigkeit bei uns eher ein Paradigmenwechsel ist, weil wir uns plötzlich auf andere Dinge konzentrieren, die wir in der Vergangenheit vernachlässigt haben, ist es, glaube ich, lokal eher Teil des Prozesses ohnehin geworden. Also die Projekte sind frischer, die Leute sind jünger, die Designer sind jünger, der Kronprinz ist jung. Dieses Nachhaltigkeitsthema ist eingebettet. Das glaubt man gar nicht in einem Land wie Saudi-Arabien, das vom Ölverkaufen lebt. Aber dieser Nachhaltigkeitsfaktor ist Teil des Designs in vielen, vielen Bereichen. Also da sind wir wahrscheinlich sogar eine Nasenlänge voraus, was wir als deutsche Architekten und Ingenieure dort hinbringen. 

Also, wir sind eine Nasenlänge hinterher, oder? 

Micha Pawelka Ne, wir sind voraus, weil wir wissen, wie das geht. Und weil wir das eben dort bringen können sozusagen, weil sie es sowieso haben wollen. Das ist also nichts, von dem man sie überzeugen muss. Das ist Teil der Arbeit und das ist ein Vorteil für uns. 

Worauf muss man sich denn als Unternehmen auf dem Weg ins Ausland kulturell vorbereiten? Womit muss man da rechnen? 

Micha Pawelka Es gibt ganz spezielle lokale Dinge, die lernt man und die muss man akzeptieren und die fallen einem sicherlich nicht leicht als Deutscher. Ich habe selber 13 Jahre im Mittleren Osten gelebt. Ich weiß, von was ich spreche. Also ein Inder oder jemand aus der Golfregion sagt nicht nein. Ein Nein gibt es nicht. Man sagt nicht nein, das ist nicht höflich. Das muss man alles lernen. 

Das Leben hat seinen eigenen Rhythmus. Die Entscheidungswege haben ihren eigenen Rhythmus, ihre eigene Geschwindigkeit. Das Leben ist im Mittleren Osten in weiten Teilen geprägt vom Islam als Staatsreligion. Und diesen Rhythmus muss man verstehen und respektieren und in irgendeiner Form sich darauf einlassen, sonst funktioniert es glaube ich nicht.

Priedemann macht ja sehr viel in Saudi-Arabien. Wie läuft denn da die Zusammenarbeit? Wie fühlt sich das an?

Micha Pawelka Das fühlt sich super an. Also wenn Sie mich heute fragen, ob ich nach Dubai ziehen würde oder nach Riad, dann würde ich tatsächlich Riad wählen, mittlerweile. Also. Es ist cool geworden, es ist sauber geworden, es ist modern geworden, es ist Leben auf der Straße und wir werden als Deutsche da unheimlich geschätzt. Man liebt German Engineering, man schätzt es unheimlich. 

Und da gibt es Megaprojekte und auch eben schon Bauen im Bestand. Und es gibt wenig lokale Erfahrung. Und die Saudis müssen zwangsläufig im Ausland kaufen, also im Rest von den Golfstaaten, wollen es aber eigentlich gar nicht, weil sie ihre eigenen Leute in Lohn und Brot bringen wollen, weil sie ihre eigenen Fabriken bauen wollen. Und da ist einfach super Potenzial für uns in diesem Thema, knowledgetransfer, saudization. Also in Saudi-Arabien kann man wunderbar arbeiten. Aber auch da ist es so: Die Entscheidungsgeschwindigkeit ist ganz, ganz, ganz, ganz anders. 

Was denken Sie: Was ist das Geheimnis des Erfolgs von Priedemann?

Micha Pawelka Ich glaube, wir haben einfach jetzt viel Erfahrung. Uns gibt es 33 Jahre. Wir sind 20 Jahre im Mittleren Osten? Wir verstehen die die Kultur. Wir haben uns nie vor Verantwortung gedrückt. Wir haben nicht nur designt, wir sind auch auf die Ausführungsseite gesprungen, wenn es kompliziert geworden ist, weil einer gesagt hat: Tolles Design, kann aber keiner bauen.

Ich glaube, dass wir visionäre Leader haben, die immer die Zeichen der Zeit erkannt haben und rechtzeitig bestellt haben. Und irgendwie haben wir eine Nase dafür, wo man hingeht, um die richtigen Geschäfte zu machen und und wir lieben, was wir machen. Und ich glaube, man merkt es auch international, dass wir lieben, was wir machen. 

Was würden Sie anderen Unternehmen gern mitgeben?

Micha Pawelka Ich würde sagen selbstbewusst sein, offen sein, flexibel auf die lokalen Wunschdesigns reagieren, also auch mal crazy gehen, wenn man das gerne so hätte. Nicht Deutschland kopieren, sondern sich anpassen. Und man muss ein bisschen Geduld mitbringen. Aber ansonsten glaube ich, kann die deutsche Zukunft international großartig sein. 

Lieben, was man macht. Wunschdesigns erfüllen. Und Knowhow exportieren, nicht gleich den eigenen Geschmack. Das ist doch ein schöner Wegweiser für den planerischen Erfolg im Ausland. Vielen Dank dafür, Micha Pawelka! 

Gleich lernen wir die Perspektive von Friederike Schönhardt-Liedtke beim Netzwerk Architekturexport kennen. Aber vorher macht WELTMARKT einen kleinen Deep Dive in die Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz und erklärt, inwieweit das international bereits Standard ist.

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Konkret & Kompakt

Wenn Architektinnen und Architekten im Ausland tätig sind, geht es natürlich vor allem um Baukultur, um Statik und um Nutzerfreundlichkeit. Aber nicht nur. In immer mehr Ländern geht es auch um Nachhaltigkeit. 

Innerhalb der EU gibt es seit einiger Zeit die Energieeffizienzrichtlinie, und die Thematik ist allen am Bau Beschäftigten bestens vertraut. Doch nicht nur die EU bemüht sich um Effizienz und Nachhaltigkeit.

In Kanada will die Regierung den Energiebedarf von Gebäuden künftig vollständig mit sauberen Energiequellen decken. In Toronto hat man darüber hinaus mit dem „Toronto Green Standard“ ein mehrstufiges System von Leistungsindikatoren eingeführt, um eine nachhaltige Bauplanung zu fördern. 

In Saudi-Arabien, wie auch in vielen anderen Ländern, spielt die LEED-Zertifizierung eine wichtige Rolle. LEED steht für Leadership in Energy and Environmental Design, die dahinterstehenden Standards wurden vom US-amerikanischen Green Building Council entwickelt. Im März 2024 gab es in Saudi-Arabien bereits 737 LEED-zertifizierte Gebäude, für fast genauso viele liefen Antragsverfahren.

Auch andere Länder, wie zum Beispiel Australien oder Japan, bemühen sich aktiv um mehr Nachhaltigkeit in der Baubranche. 

Sicherlich sind es derzeit noch die reicheren Länder, die vorangehen. Doch nicht allein. Laut US Green Building Council gibt es aktuell in 185 Ländern der Welt Planerinnen und Planer, die eine LEED-Akkreditierung haben. 

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Jetzt kommen wir zu unserer zweiten Gesprächspartnerin: Friederike Schönhardt-Liedtke vom Netzwerk Architekturexport, kurz NAX. NAX ist eine Initiative der Bundes-Architektenkammer, um deutsche Architektinnen und Architekten auf ihrem Weg ins Ausland zu unterstützen. Das Netzwerk für  Architekturbüros und Baufachplaner aller Disziplinen hat aktuell um die 60 Mitgliedsbüros, die sie auch Paten nennen. Auch Priedemann ist ein NAX-Pate.  

Frau Schönhardt-Liedtke, was versteht man eigentlich genau unter Architekturexport?

Friederike Schönhardt-Liedtke Architekturexport ist natürlich nicht der Export von einem bestimmten Produkt oder einer Ware sondern eher von einem geistigen Gut. Streng genommen ist es eine Dienstleistung. Dementsprechend sind andere Sachen wichtig als beim Warenexport. 

Es ist zum Beispiel viel weniger zollrelevant als ein Waren- oder Produktexport. Ganz konkret heißt Architekturexport, dass im Grunde ein deutsches Architekturbüro im Ausland alle Tätigkeiten oder Leistungen, man spricht ja im Fachjargon von Leistungsphasen, erbringen kann, die es auch im Inland erbringt, also zum Beispiel von der Entwurfsplanung für ein Gebäude, für ein Stadtquartier oder eine Grünanlage über die Einreichung des Bauantrags bei den Behörden zur Vergabeplanung von Leistungen an einzelne Gewerke und bis hin zur Objektüberwachung, das heißt die Errichtung des Gebäudes gemäß den erstellten Plänen.

In der Praxis ist es dann aber so, dass bei Auslandsprojekten die deutschen Architektinnen und Architekten in der Regel oft nur ausgewählte Leistungsphasen ausüben und erbringen. In einigen Ländern, zum Beispiel in China, ist es die Regel, dass ein internationales Architekturbüro nur den Entwurf anfertigt, die Ausführung dann aber lokal geplant wird. 

Man denkt da schnell an Stararchitekten, die ja immer international tätig sind. Liegt man damit falsch?

Friederike Schönhardt-Liedtke Ja und nein. Unter den weltweit erfolgreich planenden Büros sind natürlich sehr viele der sehr großen und bekannten deutschen Architekturbüros, aber erfolgreich exportieren natürlich nicht nur die ganz Großen, sondern im Export erfolgreich sind auch sehr viele kleinere Büros. Es ist einfach so, dass die deutsche Architekturbranche von kleinen und mittelgroßen Büros geprägt ist. Und auch diese haben sehr viele Projekte im Ausland. 

Einige Büros machen mal ein Projekt im Ausland, andere haben regelmäßig Engagements in Europa oder auch in Übersee. Und internationale Projekte müssen auch nicht immer gleich die riesen Sportstadien sein, die Botschaften oder die Nationalbibliotheken. Das sind natürlich diejenigen, die in den Medien beleuchtet sind und von denen man dann auch in Deutschland mal was hört. Aber es wird auch einfach sehr viel im Wohn- und Bürogebäudebereich geplant im Ausland oder auch im Tourismusbereich von deutschen Architektinnen und Architekten. 

Wo engagieren sich deutsche Architektinnen und deutsche Architekten denn besonders häufig? 

Friederike Schönhardt-Liedtke Deutsche Büros sind aufgrund der geringen Barrieren häufig in den deutschen Nachbarländern unterwegs, also Österreich, Schweiz, Frankreich, Spanien, Italien. Dorthin sind natürlich die Markteintrittsbarrieren eher gering. Dadurch, dass diese Länder auch innerhalb der EU sind, gibt es die Dienstleistungsfreiheit, die Niederlassungsfreiheit und auch die geringeren sprachlichen Barrieren. Sehr viel weniger häufig sind deutsche Architekten dann in Übersee tätig, obwohl es dort ja auch sehr vielversprechende Märkte wie Saudi-Arabien oder Indien beispielsweise gibt. Aber diese Märkte sind dann eben auch mit hohen Eintrittsbarrieren verbunden. 

Und wie sieht es mit China aus?

Friederike Schönhardt-Liedtke China hat sich in den letzten Jahren für ausländische Architektinnen und Architekten eher verschlossen. Es gibt zum Beispiel mittlerweile die Vorschrift, dass zwingend eine Kooperation mit einem chinesischen Designstudio eingegangen werden muss, um ein Projekt zu bearbeiten. 

Das macht ein Engagement vor Ort nicht gerade leicht. Könnten Sie uns mal ein paar Beispiele nennen für gelungenen Architekturexport?

Friederike Schönhardt-Liedtke In diesem Jahr gerade eingeweiht wurde zum Beispiel die Große Moschee in Algier, Algerien, das ist die drittgrößte Moschee der Welt, mit dem höchsten Minarett der Welt. Also ein sehr großes Projekt. Das ist auch nicht nur eine Moschee, sondern auch ein Forschungszentrum für den Islam, ein Konferenzzentrum, eine Bibliothek, eine Hochschule. Dort gibt es Apartments und Infrastrukturgebäude. 

Das Projekt wurde geplant von einer Arbeitsgemeinschaft aus dem deutschen Architekturbüro KSP Engel und dem Ingenieurbüro Krebs und Kiefer. Und ich finde es besonders bemerkenswert, dass ein solches kulturelles und religiöses Wahrzeichen deutschen Architekten und Ingenieuren anvertraut wurde. Ich finde, das ist ein großer, herausragender Vertrauensbeweis und zeigt eben, dass im Ausland deutschen Architekturbüros schon auch die Fähigkeit zugeschrieben wird, sich auf die unterschiedlichsten Gegebenheiten einzustellen, also auf kulturelle Gegebenheiten einzugehen, sich klimatischen Voraussetzungen anzupassen und eben auch religiöse Ansprüche umzusetzen.

Ein anderes gerade noch in Planung sich befindendes Projekt ist der Siemens Healtheneers Campus in Bengaluru in Indien, geplant von Eller und Eller Architekten zusammen mit Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten. Das ist ein Campus mit 175.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche für Forschung, Entwicklung und Produktion der Firma Siemens Healtheneers. 

Im Endeffekt entstehen dann sieben Gebäude mit bis zu 18 Geschossen, die über Skywalks verbunden sind. Es wird ein ein gewaltiger Campus werden. Und dieses Projekt beinhaltet auch ein recht komplexes Nachhaltigkeitskonzept, das aus natürlicher Belüftung und natürlichem Tageslicht besteht, aus Solarenergie und sehr großen Grünflächen, sodass innerhalb dieses Campuses dann ein sehr mildes lokales Mikroklima entsteht, was in Indien natürlich dann einfach sehr angenehm sein wird für die Mitarbeitenden dort vor Ort. 

Wie wichtig ist es denn für Architekten, ihre Dienstleistung im Ausland anzubieten? 

Friederike Schönhardt-Liedtke Der Schritt ins Ausland öffnet natürlich neue Absatzmärkte, neue Reichweiten, neue Kundenpotenziale. Man kann sein Portfolio auch mit internationalen Referenzen anreichern, was natürlich auch am deutschen Markt sehr hilfreich ist und Anerkennung und Ansehen bringt. Es ist natürlich auch für die Resilienz eines Büros sehr hilfreich, ein Inlandsgeschäft und ein Exportgeschäft zu haben. 

Wenn einer der Märkte mal schwächelt, dann hat man immer noch ein zweites Standbein in einem anderen Markt, das aushelfen kann, sozusagen. Bereichernd und wichtig ist der Export aber auch, ich würde sagen, auf einer unternehmensphilosophischen Ebene und auf der persönlichen Ebene für die Büros. Denn wie in allen Branchen ist die Zusammenarbeit mit Menschen aus anderen Ländern einfach noch mal eine ganz neue Erfahrung, eröffnet ganz neue Perspektiven, andere Herangehensweisen an Probleme. 

Im Ausland sind die Bauaufgaben teilweise ganz andere. Die Herausforderungen und die Anforderungen an Gebäude und Städte sind andere, auf klimatische Weise, aber auch in sozialer Hinsicht. Und das erweitert natürlich auch so das Leistungsportfolio eines Büros. Insofern ist das auf jeden Fall auch fürs Inlandsgeschäft sehr bereichernd, ein Exportgeschäft zu haben. 

Wann macht es denn für ein Büro Sinn, sich im Ausland zu engagieren?

Friederike Schönhardt-Liedtke Eine Faustregel würde ich sagen gibt es nicht. Man kann jetzt also nicht sagen, es braucht erst so und so viele Mitarbeitende, um die Ressourcen zu haben, ein Auslandsprojekt zu stemmen. Oder man kann erst im Ausland tätig werden, wenn man auch vor Ort eine Dependance eröffnen kann. Das kann man so nicht sagen, denn auch kleinere Büros sind im Ausland erfolgreich tätig. Es ist aber statistisch gesehen schon so, dass vor allen Dingen die größeren Büros mit zehn oder mehr Mitarbeitenden exportieren. 

Das hat natürlich einfach was mit den vorhandenen Ressourcen zu tun. Aber viel wichtiger ist es eben wirklich, dass der Elan und der Drive und dieser lange Atem da ist. Die Bereitschaft, wirklich sehr viel Energie und Herzblut in den Aufbau eines Exportgeschäftes zu stecken. Und wenn das vorhanden ist, dann kann auch ein kleines Büro sehr erfolgreich im Ausland sein. 

Wie essentiell ist es eigentlich, dort auch eine Auslandsdependence zu eröffnen?

Friederike Schönhardt-Liedtke Das machen Büros tatsächlich sehr unterschiedlich. Es gibt einige, die auf ein deutsches Headquarter setzen und dann vor allen Dingen in deutschen Nachbarländern unterwegs sind und dort Projekte realisieren. Es gibt aber auch viele Büros, die dann den Schritt wagen, vor Ort dann doch eine Dependance aufzubauen. Da muss man sagen, dass das auch stark vom Land abhängt, denn die Geschäftsmentalität unterscheidet sich natürlich international sehr. Und in einigen Ländern ist es eben sehr wichtig, sehr viel präsent vor Ort zu sein. Das ist zum Beispiel in China der Fall oder auch in Saudi-Arabien. 

Es gibt in manchen Ländern ja sogar wie Saudi-Arabien zum Beispiel mittlerweile die rechtlichen Vorschriften, dass es eine Dependance vor Ort geben muss, um tätig zu werden. Und in einigen Ländern, vor allen Dingen in Europa und in den deutschen Nachbarländern, ist es mittlerweile durchaus auch möglich, das von Deutschland mit dem Pendeln ins Ausland dann immer zu bestimmten Terminen auch möglich zu machen. 

Was würden Sie sagen: Wodurch tun sich deutsche Architekturbüros besonders hervor? Weswegen werden sie gern engagiert?

Friederike Schönhardt-Liedtke Uns wird aus dem Ausland oft gespiegelt, dass man an den deutschen Architektinnen und Architekten sehr zu schätzen weiß, dass sie einen gewissen ganzheitlichen Blick auf den Bauprozess oder überhaupt auf die Architektur und den Planungsprozess mitbringen. Das bedeutet, dass sie eben in allen Leistungsphasen tätig sein können, das heißt vom Entwurf bis zur Objektüberwachung in Deutschland alle Phasen durchlaufen und alle Tätigkeiten durchführen. 

Und das unterscheidet sie von anderen Architektinnen und Architekten im Ausland doch manchmal. Das hat vor allen Dingen mit der Architekturausbildung in Deutschland zu tun. Im Ausland werden Architektinnen und Architekten oft an Kunsthochschulen und Designinstituten ausgebildet und haben somit dann auch in ihrer Arbeit einen sehr viel künstlerischeren Fokus, als das vielleicht in Deutschland der Fall ist. In Deutschland ist der Architekt zum einen natürlich der Designer, der Künstler, der den Entwurf herstellt. Er ist aber auch derjenige, der die Ausführung plant und die Vergabe regelt.

Was sollte man denn beachten, bevor man den Schritt ins Ausland macht?

Friederike Schönhardt-Liedtke Also es ist natürlich sehr wichtig, dass man eine gute Marktrecherche betreibt, das ist nicht nur in der Architekturbranche so, sondern immer, wenn man ein Exportgeschäft aufbauen will. Es ist ja da besonders entscheidend, dass man herausfindet, was die guten Nischen sind für ein deutsches Büro in einem bestimmten Land, wo es vielleicht eine Möglichkeit gibt, eine besondere Expertise zum Einsatz zu bringen, oder welche Bauaufgaben gerade besonders drängend sind in einem bestimmten Land. 

Und dann kann man schauen, wie das mit dem eigenen Portfolio und den eigenen Fähigkeiten zusammenpasst. Und es ist natürlich wichtig, sich über die rechtlichen Voraussetzungen zur Berufsausübung in dem bestimmten Land zu informieren. Also ist es zum Beispiel notwendig, sich in der entsprechenden Landeskammer als Architekt einzutragen. Braucht es eine Berufshaftpflichtversicherung? Braucht es bestimmte Versicherungen für das Projekt im Land? Braucht es zwingend Kenntnisse der Landessprache? 

Und man sollte genau recherchieren und da auch Erfahrungswerte von vielleicht bereits erfolgreich exportierenden anderen Architekten einholen, wie viel Präsenz dann im Land selbst notwendig ist, um ein Auslandsgeschäft aufzubauen, um ein Projekt zu bearbeiten. Also braucht es wirklich die Dependance vor Ort? Oder reicht es auch, in einem deutschen Hauptquartier, vielleicht mit einem ausländischen Partner zu kooperieren und dann ins Land zu pendeln, zum Beispiel. 

Welche praktikablen Wege gibt es denn für deutsche Büros, die ins Ausland wollen?

Friederike Schönhardt-Liedtke Man kann natürlich an internationalen Wettbewerben teilnehmen, als Architekturbüro, das heißt meist die öffentliche Hand schreibt einen Wettbewerb für ein Bauprojekt aus. Manchmal sind das Wettbewerbe, wo bestimmte Büros direkt eingeladen werden. Manchmal sind es aber auch ganz offene Wettbewerbe, wo sich dann aber tatsächlich auch weltweit Architekten darauf bewerben können. Dementsprechend ist die Konkurrenz dann auch groß und international. 

Und welche weiteren Möglichkeiten gibt es noch, die Sache anzugehen?

Man kann sich an internationalen Immobilienmessen beteiligen, als Aussteller oder als Gast. Dort gibt es unter anderem den German Pavillon des Wirtschaftsministeriums, bei dem deutsche Firmen aus dem Architektur- und Baubereich ihre Projekte ausstellen können und mit den tausenden Entwicklern, Immobilienentwicklern und anderen Büros, die vor Ort sind, dann in Kontakt treten können, Gespräche führen können und so eben von dieser geballten Immobilienbranchenpower vor Ort profitieren können. 

Es gibt natürlich auch Netzwerke, wie das NAX, über die Kooperationen mit anderen Büros zum Beispiel eingegangen werden können. Der Klassiker ist zum Beispiel, dass ein Hochbauarchitekturbüro mit einem Landschaftsarchitekturbüro kooperiert, um ein größeres Projekt im Ausland anzugehen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, mit einem ausländischen Büro zu kooperieren, das vielleicht schon einen Auftrag in einem bestimmten Land hat und dann noch einen Innenarchitekten oder einen Landschaftsarchitekten sucht, um diesen Auftrag zu bearbeiten.

Über uns, aber auch andere Stellen, ist es natürlich auch möglich, an Markterkundungsreisen, Geschäftsanbahnungsreisen ins Ausland teilzunehmen, um so einen Markt erst mal zu erkunden und zu erschließen und sich die Voraussetzungen und die Möglichkeiten, die ein Markt bietet, erst mal anzuschauen, bevor man alles weitere in die Wege leitet. 

Netzwerken scheint also extrem wichtig zu sein...

Friederike Schönhardt-Liedtke Ja, auf jeden Fall. Netzwerke sind im Architekturbereich sehr wichtig, vor allen Dingen im internationalen Vergleich, weil deutsche Büros eher eine kleine Struktur haben, also eher weniger Mitarbeitende im Durchschnitt haben als meinetwegen Büros in China oder den USA. Und deshalb ist es für Deutsche sehr wichtig, gute Netzwerke und Konsortien zu bilden, um eben auch im internationalen Vergleich mit den Büros, die 1000 Mitarbeiter haben in den USA konkurrieren zu können. 
 

Netzwerke pflegen, Partnerschaften eingehen, Konsortien bilden. Vielen Dank Friederike Schönhardt-Liedtke für diesen Aufruf, sich zusammenzuschließen und den Markt im Ausland gemeinsam in den Blick zu nehmen. 

In unseren Shownotes finden Sie unter anderem Links auf die gemeinsam von GTAI und NAX herausgegebenen Studien zum Architekturexport in verschiedene Zielmärkte, zum Beispiel zu Saudi-Arabien, USA, China, Dänemark, Belgien und Österreich. Hören Sie auch gerne unsere Folge zum Deutschen Handwerk im Ausland und lassen Sie sich von uns auf eine Baustelle in den Niederlanden mitnehmen.

In der nächsten WELTMARKT-Folge schalten wir aus aktuellem Anlass nach Washington zu unserem GTAI-Korrespondenten Roland Rohde und wagen eine Prognose, was die neue Präsidentschaft von Donald Trump für deutsche Unternehmen bedeuten könnte. Machen Sie es gut und bis bald!

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