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Folge 27: Afrika - unser Nachbarkontinent

- März 2025 -

Unser Nachbarkontinent Afrika ist nicht nur groß, sondern mit seinen 54 Ländern auch extrem vielfältig. Genauso groß und vielfältig sind auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten für deutsche Unternehmen. 

Die Chancen wachsen sogar noch mit der exponentiell wachsenden Bevölkerung: In einem Vierteljahrhundert dürfte jeder vierte Mensch Afrikanerin oder Afrikaner sein. Der Bedarf reicht von Lebensmitteln und Infrastruktur zu Energie- und Medizintechnik, über Konsumgüter bis hin zur Digitalisierung. Das Potenzial liegt auf der Hand. Allerdings gibt es auch Risiken.

Das norddeutsche Unternehmen TIA Technologien zur Industrie-Abwasser-Behandlung GmbH hat sich schon vor Jahren mit seinen Kläranlagen auf den Kontinent gewagt - und zwar sowohl in Nordafrika als auch in Subsahara-Afrika. TIA-Geschäftsführerin Anna Lena Blanke berichtet in dieser Folge anschaulich von ihren Erfahrungen. Im Anschluss beantwortet Jana Unger vom Wirtschaftsnetzwerk Afrika zahlreiche Fragen. Außerdem erfahren Unternehmen, wo sie welche Unterstützungsmöglichkeiten bekommen. 

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Gäste in dieser Folge

Anna Lena Blanke Anna Lena Blanke

Anna Lena Blanke

ist seit 2019 Geschäftsführende Gesellschafterin bei der TIA Technologien zur Industrie-Abwasser-Behandlung GmbH. Außerdem ist sie mit einem Lehrauftrag an der Hochschule Wismar zum Schwerpunkt „Industrielle Abwasserbehandlung“ betraut und engagiert sich unter anderem als Vorstandsmitglied des Fachverbands Verfahrenstechnische Maschinen und Apparate im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA). 

Jana Unger Jana Unger | © LICHTHELDEN FOTOSTUDIO KAUFFMANN BERLIN

Jana Unger

ist seit über zehn Jahren in der Außenwirtschaftsförderung tätig. Seit 2019 arbeitet sie im Wirtschaftsnetzwerk Afrika und leitet die Geschäftsstelle seit Oktober 2023. Zuvor war sie mehrere Jahre im Management von EU- und GIZ-finanzierten Projekten zur Außenwirtschaftsförderung in Lateinamerika, Afrika und Asien aktiv. Sie studierte Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Köln, Paris sowie Florianópolis.

Weiterführende Informationen

Africa Business Guide - Wegweiser für Ihren Erfolg in Afrika

Wirtschaftsnetzwerk Afrika

Förderprogramm Beratungsgutscheine Afrika

GTAI-Länderübersicht Afrika

Branchenexperten vor Ort

WELTMARKT Folge 13: Automobilindustrie in Afrika

WERLTMARKT Folge 18: Wasserwirtschaft: ein lebenswichtiger Markt

WELTMARKT Folge 22: Weltweit für die deutsche Wirtschaft im Einsatz

Unternehmen TIA
 

Transkript der Folge 

Das folgende Transkript wurde zum Zwecke der Barrierefreiheit mit einer Spracherkennungssoftware erstellt und danach auf offensichtliche Fehler hin korrigiert. Es entspricht nicht unseren Ansprüchen an ein vollständig redigiertes Interview. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Afrika – das sind 1,5 Milliarden Menschen, 54 Staaten und über 30 Millionen Quadratkilometer Fläche. Afrika ist nach Asien der zweitgrößte Kontinent, mit den zweitmeisten Menschen. Man würde denken: Der Erdteil vor unserer Haustür ist nicht zu übersehen. Trotzdem suchen viele deutsche Unternehmen erstmal woanders nach neuen Märkten. Dabei bietet Afrika enorm viele Chancen – längst nicht nur wegen diverser Rohstoffe, sondern auch, weil die Bevölkerung wächst: So stark, dass in 25 Jahren ein gutes Viertel  der Weltbevölkerung in Afrika leben dürfte. Mit der Bevölkerung wächst auch der Bedarf: von Infrastruktur zu Energie- und Medizintechnik, über Konsumgüter bis hin zur Digitalisierung. 

WELTMARKT unterhält sich in dieser Folge mit Jana Unger von der Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika. Sie wünscht sich, dass deutsche Unternehmen ihren Blick stärker auf unseren Nachbarkontinent richten:

Jana Unger Wenn wir von Afrika sprechen, dann sprechen wir von 54 Ländern, von 54 Märkten, die viel Potenzial für deutsche Unternehmen bereithalten. Es sind hochdynamische Wachstumsmärkte. Elf der zwanzig weltweit am schnellsten wachsenden Märkte liegen in Afrika. 

Aber zuerst reden wir mit Anna Lena Blanke, Geschäftsführerin des Unternehmens TIA, das in Afrika bereits sehr erfolgreich ist.

Liebe Frau Blanke, Ihr Firmenname TIA ist eine Abkürzung für Technologien zur Industrie-Abwasser-Behandlung. Sie bauen Kläranlagen in der ganzen Welt, und zwar meist für Industriebetriebe, teils auch für Kommunen. Können Sie uns etwas mehr zu TIA sagen?

Anna Lena Blanke Das Unternehmen wurde 1987 gegründet und ist tatsächlich ein Familienunternehmen. Das heißt, ich bin die zweite Generation. Mein Vater hat damals sich dazu entschlossen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen und das Unternehmen langsam aufgebaut. Jetzt sind wir ein kleines, aber feines Unternehmen, würde ich sagen. Wir sind immer so zwischen 15 und 20 Mitarbeitenden und machen aber sehr spannende Projekte von Deutschland aus. 

TIA sitzt in Breitenfelde bei Mölln, also in Schleswig-Holstein. Von dort planen Sie Kläranlagen für Kunden - WELTWEIT. Was sind denn Ihre wichtigsten Auslandsmärkte?

Anna Lena Blanke Das ist tatsächlich, wenn man es jetzt nach Ländern bezieht, neben Europa, ist das tatsächlich Nordafrika und dann auch die arabische Halbinsel. Das sind unsere stärksten Märkte. Und in Afrika, da der Schwerpunkt liegt tatsächlich in Ägypten, da haben wir die allermeisten Anlagen, im Ausland auch tatsächlich, bisher gebaut. 

Weil Ägypten ein wirtschaftliches Schwergewicht in der Region ist?
 

Anna Lena Blanke Genau, also das ist für uns ausschlaggebend. Denn wir brauchen ja ein Land, in dem die Industrie selber auch ist. Es gibt ja viele Länder in Afrika, die selber gar nicht so viel produzieren, die sehr viel importieren. Aber Ägypten ist tatsächlich ein sehr spannender Markt deswegen auch für uns. Genau. 

Und was sind das sonst so für afrikanische Länder, in denen Sie aktiv sind? 


Anna Lena Blanke Außer in Ägypten haben wir in Libyen Anlagen, die sind allerdings noch vor den Unruhen entstanden. Jetzt beruhigt sich die die Lage da ja wieder, das heißt, da werden wir dann auch demnächst noch mal gucken, ob wir da nicht vielleicht noch mal neu starten können. In Äthiopien haben wir tatsächlich auch eine Anlage. Und ansonsten in Mali, Kamerun, Elfenbeinküste, Ghana und  in Togo auch. Aber das sind so die Länder, in denen wir Referenzen bisher haben in Afrika. 

Welche Bedeutung hat denn Afrika für Ihr Unternehmen generell?

Anna Lena Blanke Ja, ich habe mal probiert, das nachzuvollziehen. Wie so die Schwerpunkte liegen. Und tatsächlich ist es auch so, dass wir da teilweise fast die Hälfte unserer Neuanlagen in einem Jahr in Afrika tatsächlich gebaut haben. So in den letzten 4 bis 5 Jahren, habe ich mal zurückgeschaut. 

Von den im Ausland oder insgesamt installierten Anlagen?

Anna Lena Blanke Ne insgesamt, von den insgesamt installierten Anlagen tatsächlich. Das ist für uns insofern ein spannender Markt, weil wir zwar hier in Deutschland natürlich auch sehr viele Anlagen haben, die wir bauen. Aber da haben eben schon viele Betriebe eine Abwasserbehandlung. Das heißt, da wird vielleicht noch mal was repariert, da wird vielleicht was ausgebaut, aber dass wirklich sehr stark erweitert wird oder eben noch mal ein Neubau erforderlich ist, das ist tatsächlich seltener, als wenn wir uns im Ausland bewegen, wo die Entwicklung von Abwassertechnik noch ein bisschen weiter zurück ist. 

Also es ist ja meistens erst mal der Schritt, dass überhaupt die Bevölkerung an ein Abwassernetz angeschlossen wird und danach eben die Industrie oder in dem Zuge danach auch die Industrie. Aber wir haben das ja in sehr vielen Fällen im Ausland, auch in Europa, aber natürlich auch, wenn wir noch ein bisschen weiter schauen, dass da teilweise die Bevölkerung noch nicht mal zu einem Großteil an ein Kanalsystem angeschlossen ist oder dass deren Abwasser aufbereitet wird. Und das muss natürlich erst mal passieren, bevor die Industrie kommt. Und da eben gerade in Afrika auch einige Länder eben erst an dieser Schwelle sind, gibt es da sehr viele neue potenzielle Projekte für uns. Das ist eben das sehr Spannende an der Angelegenheit. 

Nicht nur Unternehmen, auch Kommunen sind ja Ihre Kunden ...

Anna Lena Blanke Da sind wir aber eher mit so kleinen Anlagen dabei. Das haben wir speziell auch damals für den afrikanischen Markt konzipiert, weil wir nicht mit großen, allseits bekannten Entsorgungsfirmen konkurrieren um Großprojekte, wo Millionenstädte angeschlossen werden oder so. Das ist nicht unsere Spielwiese. Wir haben viele kleine Kommunen im Ausland, die eben gar nicht an ein Kanalsystem angeschlossen sind. Da konkurrieren wir auch mit Wettbewerbern aus Asien. 

Das heißt, es ist ein sehr preissensitiver Markt und da haben wir uns so eine Art Selbstbauanlage ausgedacht. Das heißt, es findet sehr viel Wertschöpfung vor Ort statt, das heißt, der komplette Aufbau, die komplette Inbetriebnahme usw., das wird alles gemacht, ohne dass wir dabei sind. Wir schicken von hier aus einfach nur die Kernkomponenten mit einer Aufbauanleitung sozusagen. Wir sagen immer, so ein bisschen nach dem Prinzip einer großen schwedischen Möbelkette, also mit Bildern und genauer Anleitung, wie's geht. 


Wie hat sich der afrikanische Absatzmarkt denn in den vergangenen Jahren in Ihrer Branche entwickelt?

Anna Lena Blanke Also nach unserem Empfinden hat sich das deutlich entwickelt. Also da sind tatsächlich in einigen Ländern sehr spezifische Programme auch aufgelegt worden, die eben darauf abzielen, mit der Ressource Wasser an sich anders umzugehen. Aber eben auch dieses Bewusstsein, dass, wenn man wie bisher das ungeklärte Abwasser in die wenigen Frischwasserquellen in Form von Flüssen oder Seen oder auch dem Meer einleitet, die man überhaupt zur Verfügung hat, dass man sich selber auf Dauer damit eben auch ein Problem schafft. 

Oft wird es meistens ja erst dann ein Problem, wenn auch die, sage ich mal, gut situierten Bürger oder Einwohner eines Landes davon betroffen sind. Das muss man ja leider so sagen, dass eben die ärmere Bevölkerung da wenig, sag ich mal, wenig berücksichtigt wird oft. Aber das ist immer mehr auch in den Köpfen der Menschen drin, dass man eben auch durch Recycling, durch Wiedernutzung von Abwasser sehr viel Gutes tun kann. 

Sind Ihre Kunden in Afrika mehr private oder staatliche Akteure?

Anna Lena Blanke Ja, also es sind hauptsächlich private Akteure, wobei man da doch in einigen Ländern dazusagen muss, dass auch die vermeintlich privaten Akteure sehr starke Verflechtungen zu Regierung, Militär, wem auch immer haben. Wir müssen es ja prüfen, wir müssen ja Exportkontrollen machen, wir müssen ja unsere Endkunden auch tatsächlich checken, aber das kriegt man manchmal auch erst relativ spät mit, wer eigentlich da wirklich hinter steckt. Also selbst die Privatkunden sind manchmal jetzt nicht so hundertprozentig privat, aber sag ich mal so von der Vergabe her und von den Freiheiten, die in dem privaten Verkehr herrschen, sind wir eher im Privatwirtschaftlichen unterwegs. 

Könnten Sie uns vielleicht mal ein Beispiel für einen Auftrag nennen, den Sie in letzter Zeit bekommen haben?

Anna Lena Blanke Also eine Anlage, die wir gerade in Ägypten bauen, die ist zum Beispiel für einen internationalen Produzenten von Ketchup, Mayonnaisen usw, der in Ägypten eben jetzt auch eine Niederlassung hat und da dann zusätzlich jetzt noch aufgefordert wurde, sein Abwasser ein bisschen mehr zu beachten und aufzubereiten, so wie es eigentlich sein sollte. Und da haben wir, ich glaube vorletztes Jahr, den Auftrag bekommen. Und für den reinigen wir das Wasser so, dass er tatsächlich so ein bisschen individuell gucken kann, wie welchen Bedarf er gerade hat an Reinigungsleistung aber so, dass das tatsächlich so aufbereitet wird, dass wir danach sehr sauberes Wasser haben.

Und sind es dann eher solche großen, internationalen Firmen, für die Sie arbeiten?

Anna Lena Blanke Im afrikanischen Raum sind es eher die großen Unternehmen, die momentan bei uns anfragen. Und international ist es tatsächlich so, weil da viele Unternehmen auch interne Standards haben. Ein Beispiel wäre zum Beispiel in Ghana. Da haben wir die Anlage gebaut, nicht weil der Staat diesem Unternehmen auferlegt hat, dass das Abwasser gereinigt werden muss. Ein Kollege war vor ein paar Jahren da. Das ist mit die einzige funktionierende Kläranlage in Ghana. So hat er es zumindest ausgedrückt. Also er meinte, dass was da den Fluss runtergespült wurde von den kommunalen Anlagen, da wollte er nicht drin baden in dem Fluss, was da rauskam. 

Aber da war tatsächlich der Hintergrund, dass eben dieser Konzern interne Richtlinien hatte, also dass eben das Abwasser aufbereitet werden muss. Und so kam der Bau zustande. Es sind ja tatsächlich auch größere Investitionen, die da getätigt werden müssen. Und da werden auch meistens von den Staaten, von der Regierung, wenn das wirklich schärfer verfolgt wird, dass Abwasseranlagen gebaut werden, werden natürlich erst mal die größeren Unternehmen häufiger verpflichtet als eben die kleinen lokalen Produzenten.

Und wie gewinnen Sie neue Kunden?

Anna Lena Blanke  Wenn wir tatsächlich aktiv neue Kunden gewinnen wollen, dann arbeiten wir im Ausland mit Partnern zusammen. Das sind nicht unbedingt Unternehmen oder Personen, die exklusiv mit uns verbandelt sind. Aber das sind eben diejenigen, die über entsprechende Kontakte verfügen, also die eben in Industrien wie auch immer Kontakte pflegen. Sei es, dass die bereits Produkte liefern in bestimmten Branchen oder wir haben auch welche, die auf universitärer Basis in einer bestimmten Branche ein bisschen verankert sind. Und da sorgen wir dafür, dass die uns kennen und sich an uns erinnern, wenn sie eben über Projekte stolpern, bei denen unsere Produkte vielleicht auch gefragt sind. Das ist unser Netzwerk, über das wir arbeiten. 

Und wie läuft die Finanzierung?

Anna Lena Blanke Also oft ist es tatsächlich so, dass das die Unternehmen selber finanzieren, wo wir oft mit Akkreditiven arbeiten. Da haben wir ganz gute Erfahrungen mit gemacht, dass beide Seiten abgesichert sind. Das bedeutet, das ist so ein Letter of Credit, das heißt wir bzw. unsere Banken, also die Bank des Kunden und unsere Bank pauschal gesagt, wir sagen: Okay, das sind die Zahlungsschritte, die wir vereinbart haben und es sind bestimmte Dokumente, die damit verbunden sind, ist es oft zum Beispiel die Bill of Lading, also der Nachweis, dass der Container aufs Schiff gegangen ist, also dass da eine Ware unterwegs ist. 

Und wir reichen eben diese Dokumente dann bei unserer Bank ein und dann wird automatisch eben dieser Zahlungsschritt ausgelöst. Es wäre ein Risiko, wenn ich mich im Ausland bewege und nur davon abhängig bin, dass der Kunde auch wirklich ehrlich bezahlt. Das wäre eine schöne Welt. Aber ich sage mal so ganz nur auf den guten Willen verlassen mag man sich dann ja auch nicht unbedingt. So sichern wir uns da im Privatwirtschaftlichen ganz gerne ab. Wir haben es aber auch schon so gemacht, dass wir Projekte hatten, die als Förderprojekte durchgeführt wurden. Das ist dann eher im kommunalen Bereich. Ansonsten gibt es ja auch Entwicklungsprogramme. 

Da ist für uns meistens das Problem, dass wenn das eben von der EU gefördert wird oder von der Weltbank, dass dann die Anforderungen an das Unternehmen, das diese Anlage baut, so hoch sind, dass das eigentlich nur Großunternehmen erfüllen können. Also wir könnten es technisch super leisten und es sind auch oft gar nicht solche riesigen Anlagen, aber wenn ich dann einen Mindestumsatz von X haben muss und so und so viele Projekte in den letzten fünf Jahren in genau der Größenordnung realisiert haben muss. Das sind natürlich Sachen, die wir jetzt nicht unbedingt leisten können.

Was würden Sie sagen, sind die größten Herausforderungen in Afrika? 

Anna Lena Blanke Also einmal ist für uns natürlich oft die Herausforderung, die Situation richtig einzuschätzen. Wer sind die Entscheidungsträger? Wie ist so überhaupt der Ablauf? An wen müssen wir uns wenden und was ist jetzt wirklich konkret? Das ist ja, das sind für uns so die Herausforderungen, die dann eben auch teilweise in der Mentalität liegen. Inwiefern kann ich mich auf ein Ja verlassen, wenn ich jemanden frage: Ist es morgen fertig und ich höre: Ja, dann ist das auch länderabhängig. 

Ist das wirklich morgen fertig oder ist das eben nicht fertig, aber man konnte nicht, wollte nicht, wie auch immer, nein sagen und indirekt betrifft es natürlich teilweise dann vielleicht auch ein bisschen die, die doch noch unsichere politische Lage oder auch wirtschaftliche Lage. Das heißt auch bei unseren Kunden, die ja teilweise schon mehr Willkür ausgesetzt sind als wir das vielleicht kennen. Also das ist doch sehr auffällig, wenn wir uns in Ländern bewegen, wo das eigene Unternehmen Abwasser behandeln muss und das Unternehmen, das direkt daneben sitzt und auch sehr schwer belastetes Abwasser hat, noch nicht. Das sind dann eben auch Situationen, das können wir nicht nachvollziehen.

Und ja, das sind so die Herausforderungen, dass wir da noch so ein bisschen andere Strukturen haben, in denen wir uns dann doch einfinden müssen. Aber man lernt draus. Wir sagen so: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Wenn der Kunde sagt: Ich bin jetzt so weit fertig, dann haben wir auch da gelernt. Wir lassen uns erst mal Fotos schicken, dass auch alles da ist, was wir wollen. Weil sonst, wenn wir dann euphorisch die Flüge buchen und dann heißt es zwei Tage später: Ah ne, noch nicht so ganz! Das ist dann sehr ärgerlich. Also im Endeffekt haben wir schon sehr viel gelernt und das macht es aber auch spannend. Es ist zwar manchmal auch sehr ärgerlich und nervenaufreibend, aber es macht schon auch Spaß, sehr oft. 

Was fasziniert Sie denn an Afrika und was ist für Sie das Besondere an diesem Kontinent? 

Anna Lena Blanke Also das Faszinierende finde ich tatsächlich diesen Gegensatz, den man da erlebt und in Afrika an sich auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Das ist sehr spannend für uns zu sehen, was in den einzelnen Ländern Schwerpunkte sind und wie die Charaktere dort sind, wie die Mentalitäten sind. 

Es macht uns auch Spaß, dass es eben nicht ganz so glatt läuft, also in einem gewissen Rahmen. Wenn es zu sehr aus dem Ruder läuft, sind auch wir genervt. Aber es ist irgendwie auch schön zu sehen, dass man, ja, vielleicht teilweise nicht ganz solche strikten, reglementierten Unternehmen auch hat. Also dass man mehr so wie es früher hier so im Mittelstand viel mehr noch war und wo ja die größeren Unternehmen stark von wegkommen. Da müssen 20 Leute irgendwo eine Unterschrift drunter setzen, damit irgendwas abgesegnet wird. 

Ich finde, das ist für einen selber auch eine Erfahrung, die einen selber auch bereichert, dass man auch mal sieht, wie ist es woanders geht. Aber eben auch den Fortschritt dort zu erkennen, dass da auch mehr Selbstständigkeit kommt, aus dem Land selber mehr geleistet werden kann. Das ist ja doch irgendwie das, was wir uns ja auch wünschen. Wir wollen immer noch unsere Anlagen exportieren, aber wir wollen ja nicht, dass die anderen Länder von uns abhängig sind. Das ist ja doch auch so der Gesamtkontext, der betrachtet werden muss. 

Zum Fortschritt beitragen und gleichzeitig wirtschaftlichen Erfolg haben – das klingt nach einer perfekten Kombination. Vielen Dank Ihnen, Anna Lena Blanke! 

Umwelttechnik ist längst nicht die einzige Branche, in der auf dem Kontinent Geschäftschancen warten. Dazu wird uns Jana Unger vom Wirtschaftsnetzwerk Afrika gleich mehr erzählen. Das Partnernetzwerk hilft Unternehmen, die sich für afrikanische Märkte interessieren mit passender Beratung und Unterstützungsangeboten. Auch TIA hat sich dort Unterstützung geholt, hat Beratungsgutscheine genutzt und mit einem Branchenexperten zusammengearbeitet. Was das Wirtschaftsnetzwerk Afrika eigentlich genau ist, erklärt WELTMARKT jetzt kurz. 

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Konkret & kompakt

Mit dem Wirtschaftsnetzwerk Afrika, kurz WNA, unterstützt die Bundesregierung kleine und mittelständische deutsche Unternehmen beim Auf- und Ausbau ihrer Geschäfte in Afrika. Das bei Germany Trade & Invest angesiedelte Netzwerk verbindet mehr als fünfzig Akteure der Außenwirtschaftsförderung und der Entwicklungszusammenarbeit. 

Deutsche Unternehmen können sich direkt an das Team der Geschäftsstelle wenden, um Unterstützung beim Markteinstieg in Afrika zu bekommen. Zusätzlich erhalten Unternehmen mit den sogenannten “Beratungsgutscheinen Afrika” eine vertiefte und passgenaue Beratung zu Geschäftsvorhaben in Afrika. Darüber hinaus informieren Branchenexperten vor Ort über Geschäftschancen ihrer jeweiligen Branche. Unterstützung bei der Finanzierung bieten die German Desks der DEG gemeinsam mit Partnerbanken in Afrika. Weitere Informationen zu den Angeboten sowie zu den Ländern und Branchen in Afrika erhalten Sie auch über den Africa Business Guide, das ist die umfangreiche Internetplattform des Wirtschaftsnetzwerks Afrika. 
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Jetzt sprechen wir mit der Leiterin der Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika, Jana Unger.

Hallo Frau Unger, was würden Sie sagen: Warum sollte sich ein deutsches Unternehmen überhaupt stärker mit Afrika beschäftigen?

Jana Unger Da sehe ich vor allem zwei Gründe, die dafürsprechen. Zum einen die geopolitischen Herausforderungen, mit denen wir uns aktuell konfrontiert sehen. Wir leben in einer Welt, die im Umbruch ist und die instabiler wird und verstärkt von geopolitischen Spannungen geprägt ist. 

Und das führt natürlich auch zu einem zunehmenden Druck bei den Unternehmen, sich breiter aufzustellen und Märkte zu diversifizieren, Lieferbeziehungen zu diversifizieren, um dann auch die Risiken entsprechend zu reduzieren und dadurch auch eine nachhaltige Energieversorgung und auch die Versorgung mit kritischen Rohstoffen zu gewährleisten. Und zum anderen sehe ich, dass der Nachbarkontinent zahlreiche Chancen bietet. Wenn wir von Afrika sprechen, dann sprechen wir von 54 Ländern, von 54 Märkten, die viel Potenzial für deutsche Unternehmen bereithalten. Es sind hochdynamische Wachstumsmärkte. Elf der zwanzig weltweit am schnellsten wachsenden Märkte liegen in Afrika. 

Und in Zukunft wird der Markt sogar noch deutlich größer werden, denn Prognosen zufolge wächst die Bevölkerung Afrikas bis 2050 um rund eine Milliarde Menschen auf 2,5 Milliarden … 

Jana Unger Und das führt natürlich auch zu einem entsprechenden Bedarf an Infrastruktur. Also beispielsweise müssen intelligente Verkehrssysteme gebaut werden, die Abfallentsorgung, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, überall besteht Bedarf an Investitionen und nicht zu guter Letzt muss die Stromversorgung gewährleistet sein, Straßen müssen ausgebaut werden. Das bietet Chancen, wiederum in der Bauindustrie oder aber auch in der Konsumgüterindustrie, wenn wir uns vielerorts die wachsende Mittelschicht anschauen. Und ich denke, dass deutsche Unternehmen hier sehr gute Lösungen anbieten können. 

Wie ist das: Kann man bei so einem großen Kontinent überhaupt vom “Markt Afrika!” sprechen?

Jana Unger Nein, Afrika, das sind 54 Länder und dementsprechend 54 Märkte. Wobei man auch innerhalb der Märkte und innerhalb der Länder noch regionale Unterschiede ausmachen kann. Und dementsprechend bietet auch jedes Land seine eigenen Besonderheiten und Potenziale. Es gibt auch regional große Unterschiede. Also auf der einen Seite haben wir stark aufstrebende Volkswirtschaften mit jungen, innovativen Unternehmerinnen und Unternehmern. Andererseits aber natürlich auch instabile Regionen, in denen Armut und oder Gewalt herrschen.

Wir haben zum einen Marokko in Nordafrika. Das Land besticht durch seine geographische Nähe zu Europa und dementsprechend kurzen Lieferwege. Marokko ist interessant als Produktionsstandort für deutsche Unternehmen und für die Beschaffung und bereits ein wichtiger Standort beispielsweise für die Automobilindustrie oder den Textilsektor. Und dann haben wir auf der anderen Seite Länder wie die Demokratische Republik Kongo in Subsahara-Afrika.

Dort sind sehr, sehr viele Rohstoffe beheimatet und das Land ist beispielsweise im weltweiten Vergleich ganz vorne beim Abbau von Kobalt, das zur Herstellung für wiederaufladbare Batterien genutzt wird. Und dementsprechend sehen wir sehr unterschiedliche Märkte und Dynamiken. Und aus meiner Sicht lohnt es sich für deutsche Unternehmen, sich genau zu überlegen, wo sich ein Markteinstieg lohnt und sich da dann auch entsprechend unterstützen bzw. beraten zu lassen. 

Was würden Sie sagen, auf welche Länder sollten deutsche Unternehmerinnen und Unternehmer denn ein besonderes Augenmerk haben?

Jana Unger Rund 80 % der deutschen Exporte gehen nach Nordafrika und in die Republik Südafrika. Und aus unserer Sicht sind aber durchaus viele andere Märkte auch sehr interessant. Ich nenne jetzt als Beispiel Kenia, den wirtschaftlichen Hub in Ostafrika. Viele deutsche Unternehmen nutzen Kenia, um von dort aus andere Länder in der Region zu bedienen. 

Wenn wir von Ostafrika nach Westafrika reisen, sehen wir da Nigeria, ein Land mit über 200 Millionen Menschen, das bevölkerungsreichste Land Afrikas, das schon allein aufgrund seiner Größe sehr interessant ist für Konsumgüter, für den Ausbau der Infrastruktur, aber auch für Agribusiness oder Lösungen in der Gesundheitswirtschaft. Ich denke auch, dass es sich lohnt, kleinere Märkte anzuschauen. Als Beispiel nenne ich Côte d'Ivoire. Ein Land, das ebenfalls sehr stark wächst und Geschäftschancen bietet in unterschiedlichen Bereichen wie der Wasserwirtschaft oder der Abfallwirtschaft und auch im Energiebereich. 

Stehen manche Branchen denn auch afrikaweit im Fokus? 

Jana Unger Wenn ich jetzt einzelne Branchen auswählen soll, dann nenne ich exemplarisch einmal die Automobilindustrie. Dort sind Marokko und Südafrika bedeutende Produktionsstandorte. Und es gibt Bestrebungen, die Industrie auszubauen. Auch die Zulieferindustrie auf dem Kontinent wächst, und neben der klassischen PKW-Produktion sind zunehmend auch Dienstleistungen gefragt, wie beispielsweise Carsharing. 

Das Feld der Energien und erneuerbaren Energien ist auch für deutsche Unternehmen sehr interessant. Afrika ist reich an erneuerbaren Energiequellen wie Sonne, Wasser, Wind oder aber auch regional Biomasse oder Geothermie. Und das bietet Geschäftspotenzial, um zum einen den wachsenden Energiebedarf zu stillen und aber auch, um eine Stromversorgung zu gewährleisten. Die Lebensmittelverarbeitung und Landwirtschaft möchte ich auch gerne aufführen als Potenzialsektor. Hier sehen wir eine steigende Nachfrage nach verarbeiteten Lebensmitteln. Und Marktchancen bieten sich für deutsche Unternehmen eigentlich entlang der gesamten Wertschöpfungskette. 

Dann die Bauwirtschaft. Nicht zuletzt aufgrund der steigenden Bevölkerungszahlen und der zunehmenden Urbanisierung werden hier Lösungen nachgefragt, beispielsweise Ingenieurs- und Planungsdienstleistungen, aber auch Baumaschinen oder Werkzeuge werden benötigt oder aber auch Elektronik. Und last but not least die Gesundheitswirtschaft. Es gibt vielerorts eine steigende Nachfrage nach Medizintechnik, Pharmazeutika und eine Nachfrage nach digitalen Lösungen oder aber auch Telemedizin.

Haben Sie vielleicht ein paar Tipps und Tricks für den Markteinstieg?

Jana Unger Es lohnt sich zuerst einmal, sich wirklich Zeit zu nehmen und Informationen einzuholen und sich dann zunächst auf einen Markt bzw. eine Region zu konzentrieren. Wie in allen anderen Regionen der Welt gilt auch in Afrika, dass persönliche Kontakte und Gespräche unerlässlich sind, um Vertrauen aufzubauen und dementsprechend auch mehrere Reisen in die Region notwendig sind, um wirklich präsent zu sein. Also ein kurzer Besuch reicht da nicht aus und dann sollten lokale Gegebenheiten und natürlich auch Sicherheitsaspekte beachtet werden. Ja, schließlich denke ich, die Unternehmen sollten auch eine Portion Offenheit und Risikobereitschaft mitbringen und sich unterstützend beraten lassen, vertrauensvolle Beziehung vor Ort ausbauen und dann kann das erfolgversprechend sein. 

Was wären denn Ihrer Meinung nach besondere Herausforderungen, die in Afrika warten?

Jana Unger Die Herausforderungen sind auch je nach Region oder Land unterschiedlich. In manchen Ländern besteht eine politische Instabilität. Die Märkte sind zum Teil nicht so transparent wie wir uns das erhoffen. Transportkosten können hoch sein. Korruption ist natürlich auch ein Thema und an vielen Orten auch der Devisenmangel. Und schließlich ist es für deutsche Unternehmen auch herausfordernd, dass wir es mit sehr vielen kleinen Märkten zu tun haben und die Märkte zum Teil eben sehr fragmentiert sind. Auch Fachkräftemangel ist ein Thema. 

Würden Sie sagen, es braucht speziell zugeschnittene Produkte für Afrika? 

Jana Unger  Es gibt oftmals den Bedarf, Produkte an die Gegebenheiten anzupassen vor Ort. Ich nenne jetzt mal als Beispiel die Bauindustrie. In vielen afrikanischen Ländern sind die klimatischen Voraussetzungen anders als in Deutschland beispielsweise, weshalb dann auch bestimmte Baustoffe anders ausgestaltet werden müssen. Das ist ein Beispiel. Aber natürlich spielt auch der Preis oftmals eine Rolle beim Einkauf. Und hier kann es sich anbieten, kreative Finanzierungsmodelle bereitzuhalten für die afrikanischen Märkte. 

Wenn Sie jetzt mal eine Prognose wagen sollten: Was denken Sie, wie wird es mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Afrika weitergehen? 

Jana Unger Prognosen sind immer so eine Sache, vor allem auch angesichts unserer geopolitischen Herausforderungen und insgesamt der sehr dynamischen weltwirtschaftlichen Lage. Wenn wir uns auf die Dynamik auf dem afrikanischen Kontinent fokussieren und sehen, wie die Bevölkerung wächst, wie die Wirtschaftsstandorte sich rasant entwickeln, dann ist davon auszugehen, dass das auch in Zukunft so bleiben wird und dass Afrika eher noch wichtiger sein wird und noch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird. Vor allem auch, wenn wir uns dann die Rohstoffversorgung und Energiesicherheit anschauen. Da wird voraussichtlich kein Weg an Afrika vorbeiführen. 

Afrika - ein Kontinent mit vielen Chancen, den sich jedes international tätige Unternehmen genauer ansehen sollte. Danke an Jana Unger vom Wirtschaftsnetzwerk Afrika! 

In unseren Shownotes haben wir für Sie Links zu vielen weiteren Informationen zusammengestellt.  Hören Sie auch unbedingt noch mal in unsere bisherigen Afrika-Folgen: So berichtet der langjährige GTAI-Korrespondent Carsten Ehlers in Folge 22 spannend und anschaulich aus Nairobi, von wo aus der Afrika-Experte 15 ostafrikanische Länder bearbeitet. In Folge 18 zur Wasserwirtschaft sprechen wir mit dem Gründer eines Berliner Unternehmens, das in Afrika Wasserkioske errichtet. Und auf gar keinen Fall verpassen sollten Sie auch unsere Folge zur Automobilindustrie in Afrika. 

In der nächsten Folge von WELTMARKT bleiben wir in Europa, sogar in direkter Nachbarschaft. Wir schalten dann nach Prag und Warschau und schauen uns  gemeinsam die Märkte Tschechien und Polen an. Bis dahin. Vielen Dank fürs Zuhören und bis bald!

 

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