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Special | Skandinavien | Krieg in der Ukraine

Die größten Auswirkungen kommen auf Umwegen

Die skandinavischen Handelsbeziehungen mit Russland sind nicht sehr eng. Aber einige Waren könnten rar werden. Gravierender sind die Auswirkungen der hohen Energiepreise.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Der schwedische Außenhandel mit Russland hat bereits nach der Krimannexion 2014 einen deutlichen Dämpfer erlitten. Noch Anfang der 2010er-Jahre lieferte die Russische Föderation knapp 6 Prozent der schwedischen Importe und nahm knapp 2,5 Prozent der Exporte ab. 2021 lagen die Anteile nur noch jeweils bei unter 1,5 Prozent. In Dänemark und Norwegen betraf der Negativtrend nur die Ausfuhren. Der Importanteil russischer Güter nahm zwischen 2011 und 2021 dagegen zu. Allerdings spielen diese Produkte mit vereinzelten Ausnahmen nur eine untergeordnete Rolle.

Russland ist bedeutender Kohlelieferant für Dänemark

Dänemark, dessen Strombedarf zu 16 Prozent von Kohlekraftwerken gedeckt wird, bezog 2021 über drei Viertel seiner Kohleimporte aus Russland. Hinzu kommt, dass fast ein Fünftel der Stahlimporte und jeweils etwa 15 Prozent der Dünger- und Erdöleinfuhren aus Russland stammen.

Für Norwegen war Russland 2021 mit jeweils etwa 40 Prozent Anteil Hauptlieferant von Nichteisenmetallen und Pflanzenölen. Bei anorganischen Chemikalien deckte es mehr als ein Viertel des Importbedarfs.

Am wenigsten von Russland abhängig ist Schweden. Einen zweistelligen Importanteil haben nur russische Kohle, anorganische Chemikalien sowie Dünger.

Importanteile von Belarus und Ukraine fallen überschaubar aus

Im Falle Schwedens verzeichneten 2021 nur Dünger aus Belarus (6 Prozent Anteil) und Kork- und Holzwaren aus der Ukraine (1 Prozent) einen Anteil von über 1 Prozent an den Gesamteinfuhren. Die aus der Ukraine eingeführten Waren im Wert von 65 Millionen Euro machten an den norwegischen Gesamtimporten 2021 weniger als ein Promille aus. Allerdings deckt das Land ein Fünftel seines Bedarfs an Pflanzenölen mit Einfuhren aus Belarus.

Knapp 3 Prozent der dänischen Pflanzenölimporte, 2 Prozent der Kork- und Holzwaren sowie 1 Prozent der Zuckerprodukte stammen aus Belarus. Die Ukraine deckt weitere 1,5 Prozent der dänischen Importnachfrage nach Zuckerprodukten. Daneben sicherte sie sich 2 Prozent Anteil an den Möbelimporten und 3 Prozent bei Garnen und Geweben.

Ukraine, Russland und Belarus sind nur in Einzelfällen wichtige Absatzmärkte

Belarus, Russland und die Ukraine zählen nicht zu den Hauptexportmärkten der Skandinavier. Zweistellige Anteile erreichen sie, wenn überhaupt, in vereinzelten Nischen. Unter den wichtigeren Exportsparten betroffen dürften allerdings norwegische Fisch- und Meeresfrüchteanbieter, dänische Landwirtschaftsbetriebe und die dortige Pharmaindustrie sowie der Maschinenbau in allen drei Ländern sein.

So gehen knapp 9 Prozent der schwedischen Kraftmaschinen Richtung Osten, hauptsächlich in die Ukraine und nach Belarus. Bei Exporten von Industriemaschinen macht Russland 5 Prozent aus, die Ukraine ein weiteres Prozent. Norwegen exportiert knapp 5 Prozent seiner Industriemaschinen in die drei Länder und knapp 3 Prozent seiner Schiffe nach Russland. Dänische Hersteller von Elektrogeräten und Industriemaschinen erhalten aus Belarus, Russland und der Ukraine 2 Prozent bis 3 Prozent der Exportaufträge.

Einigen skandinavische Unternehmen könnten neben Exporteinnahmen noch zusätzliche Verluste schultern müssen. Die russische Zentralbank bezifferte die ausländischen Investitionen aus Skandinavien in Russland Mitte 2020 auf etwa 3,6 Milliarden Euro – 70 Prozent davon aus Schweden. Investitionsziele waren vor allem Fertigungskapazitäten sowie der Groß- und Einzelhandel. Bei schwedischen Firmen kamen zusätzlich noch das Finanzwesen und bei norwegischen die Forstwirtschaft hinzu. Die Investoren sorgen sich wegen, eines Gesetzentwurfes der Regierungspartei Einiges Russland. Dieser sieht vor, dass alle Unternehmen verstaatlicht werden, die sich zu mindestens 25 Prozent im Besitz von Vertretern "feindlicher Staaten" befinden.

Hohe Energiepreise bedrohen Nahrungsmittelversorgung

Norwegen profitiert als drittgrößter Erdgasförderer der Welt von den gestiegenen Rohstoffpreisen. Aber den ansässigen Unternehmen setzen die hohen Energiepreise zu. Die Kosten für einen Frachtcontainer in die USA haben sich Anfang 2022 nach Angaben von DB Schenker mehr als verdoppelt. Seit Kriegsausbruch kamen nochmal 10 Prozent obendrauf.

Der gestiegene Gaspreis trifft Chemiekonzerne wie den zur Weltspitze zählenden Düngemittelproduzenten Yara. "Wir können nicht für 3.600 US-Dollar pro Tonne [Stickstoffdünger] produzieren, wenn der Marktpreis bei der Hälfte liegt", gibt Firmenchef Svein Tore Holsether zu bedenken. Zudem bezog die Firma einen Großteil produktionskritischer Rohstoffe wie Phosphat, Kalium oder Stickstoff aus Osteuropa. Kurzfristig Ersatz zu finden sei alleine wegen der Auftragsmengen nicht möglich. "Die Frage ist nicht mehr, ob wir eine Nahrungsmittelkrise haben werden, sondern wie groß sie ausfallen wird", warnt Holsether.

Dementsprechend warnt der schwedische Verband der Landwirte (LRF) vor einem erhöhten Konkursrisiko in der Branche. Vor allem kleinere Betriebe planen wegen der gestiegenen Energie- und Düngerpreise ihre Kapazitäten sogar herunterzufahren. "Wir wissen, dass die Herstellung verdammt teuer wird, aber wir wissen nicht, was wir [für die Produkte] bezahlt bekommen", wird ein Landwirt aus der Hauptstadtregion vom Tagesblatt Aftonbladet zitiert.

Kann Norwegen das russische Gas ersetzen?

Norwegen fördert mit über 110 Milliarden Kubikmetern etwa halb soviel Erdgas wie Russland. Allerdings sind die Möglichkeiten der Aufstockung kurzfristig begrenzt. Laut Norsk Petroleum wird die Fördermenge bis 2026 um etwa 5 Prozent steigen. "Die Unternehmen im norwegischen Schelf fördern zurzeit so viel Gas und Öl wie möglich", entgegnet Norwegens neuer Öl- und Energieminister Terje Lien Aasland auf Anfragen aus Brüssel.

Steigende Inflation bremst Wirtschaftswachstum

Ein Anstieg der bisher im europäischen Vergleich moderat ausfallenden Inflation scheint ebenfalls unausweichlich. Das Wachstum der Bruttoinlandsprodukte im Norden dürfte sich verlangsamen: Eine am 14. März veröffentlichte Prognose der norwegischen Regierung geht von 3,6 Prozent Wachstum 2022 aus - in der letzten Analyse des dortigen Statistikamtes waren es noch 4,2 Prozent.

Immerhin sind die Staatsfinanzen in Dänemark, Norwegen und Schweden mehr als gesund. Sie geben Freiraum für Gegenmaßnahmen. Norwegen hat bereits seine Strompreissenkung bis Ende 2022 verlängert. Schweden präsentierte mehrere Maßnahmen, darunter eine Benzinsteuersenkung und Zuzahlungen zur Stromrechnung.

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