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Slowakei bittet Wirtschaft und Verbraucher zur Kasse

Auf Unternehmen und Verbraucher in der Slowakei kommen schwierige Zeiten zu. Das Parlament hat ein Konsolidierungspaket verabschiedet, das enorme Steuererhöhungen vorsieht.

Von Gerit Schulze | Bratislava

In der Slowakei steigen ab 2025 die Mehrwertsteuer und die Körperschaftsteuer. Außerdem werden neue Gebühren für Banküberweisungen und Bargeldabhebungen eingeführt.

"Die verabschiedeten Steuer- und Abgabenerhöhungen treffen die Wirtschaft zu einem ungünstigen Zeitpunkt", sagt Marco Trisciuzzi, Geschäftsführer der deutschen Auslandshandelskammer (AHK Slowakei) in Bratislava. "Viele Unternehmen sehen sich sowieso schon mit Nachfragesorgen und zunehmenden Arbeitskosten konfrontiert. Jetzt drückt eine steigende Abgabenlast zusätzlich auf die Kostensituation der Betriebe."

Höchster Steuersatz in der Region 

Schon bei der AHK-Konjunkturumfrage in 16 Ländern Mittel- und Osteuropas im Frühjahr 2024 bekundeten die befragten Investoren eine überproportional hohe Unzufriedenheit mit der Steuerlast in der Slowakei. Mit der nun geplanten Anhebung der Körperschaftsteuer von 21 auf 24 Prozent bekommt das Land ab 2025 den Spitzensatz in der Region.

"Die Erhöhung der Körperschaftsteuer um drei Prozentpunkte kommt einer Erhöhung um 14 Prozent gleich", sagt AHK-Chef Trisciuzzi. "In einer mit wirtschaftlicher Unsicherheit behafteten Phase ist dies Gift für die Konjunktur."

Die slowakische Nationalbank NBS hat nach Bekanntgabe der Steuerpläne ihre Wachstumsaussichten für 2025 deutlich nach unten revidiert. Noch im Sommer erwartete das Finanzinstitut einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 3,2 Prozent. In ihrer aktuellen Herbstprognose geht die NBS nur noch von 2,5 Prozent Wachstum aus. 

Dafür wird die Inflation im kommenden Jahr mit 5 Prozent doppelt so hoch ausfallen wie ursprünglich geplant. Dazu trägt das Sparpaket einen großen Teil bei. Denn auch der Regelsatz der Mehrwertsteuer wird kräftig angehoben: von 20 auf 23 Prozent. Das treibt die Preise für viele Güter nach oben und bremst den Konsum aus.

Für die Wirtschaft, darunter auch die deutschen Unternehmen in der Slowakei, bringt außerdem die geplante Transaktionssteuer einen zusätzlichen Kostenschub. Die Regierung will ab April 2025 auf jede Banküberweisung zwischen Firmen eine Steuer von 0,4 Prozent erheben, wobei ein Höchstwert von 40 Euro gilt. Das würde zum Beispiel die Bezahlung von Mieten, Leasingraten und Lieferanten betreffen. "Gerade Unternehmen mit einem ausgeprägten Lieferantennetzwerk und vielschichtigen Konzernstrukturen könnten von der Transaktionssteuer sogar noch stärker als von der Körperschaftsteuererhöhung betroffen sein", erwartet AHK-Geschäftsführer Marco Trisciuzzi.

Abwanderung ins Ausland droht

Hinzu kommt eine neue Sondersteuer auf Bargeldabhebungen von Firmenkonten. Sie soll 0,8 Prozent der abgehobenen Summe am Geldautomaten betragen – ohne Obergrenze.

Die AHK Slowakei verweist in einem Positionspapier darauf, dass die zu besteuernden Transaktionen nicht mit tatsächlicher Wertschöpfung gleichzusetzen sind. Das Vorhaben widerspreche damit dem Prinzip, nach Leistungsfähigkeit zu besteuern. Die Auslandshandelskammer befürchtet, dass Unternehmen zur Vermeidung der Steuer Aktivitäten ins Ausland verlagern könnten. Außerdem sei die Erhebung der Steuer in der Praxis schwierig, da viele slowakische Unternehmen schon jetzt Bankkonten in anderen EU-Ländern besitzen.

Mehrbelastungen entstehen auch bei den Sozialabgaben. Das Konsolidierungspaket sieht eine höhere Beitragsbemessungsgrenze vor, die vor allem die Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung betrifft. Bislang entspricht die Grenze dem Siebenfachen des Durchschnittslohnes von vor zwei Jahren und liegt 2024 bei 9.128 Euro pro Monat. Sie soll laut den Plänen der Regierung auf das Elffache des Durchschnittslohnes steigen.

Sondersteuern für Raffinerien und Mobilfunk

Weitere Sonderabgaben betreffen den Raffineriesektor und die Mobilfunkbetreiber. Experten warnen bereits davor, dass die Gewinnabschöpfung den Ausbau des 5G-Netzes verzögert. Auch die Lkw-Maut und die Pkw-Vignette werden teurer.

Erwartete Einnahmen durch das Konsolidierungspaketin Millionen Euro
Maßnahme

Einnahme/Ersparnis pro Jahr

Änderung der Mehrwertsteuersätze

756

Finanztransaktionssteuer und Gebühr für Bargeldabhebungen

723

Erhöhung der Körperschaftsteuer auf 24 Prozent

489

Senkung der Gehälter im öffentlichen Dienst um 10 Prozent

124

Erhöhung der Lkw-Maut

100

Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung

92

Erhöhung der Gebühren für die Autobahnvignette

45

Sonderabgabe für Raffinerien

36

Erhöhung der Kfz-Steuer für Firmen-Pkw

27

Erhöhung der Sonderabgabe für Mobilfunkunternehmen

25

Quelle: Slowakisches Finanzministerium 2024

Insgesamt könnte das Konsolidierungspaket für jährliche Mehreinnahmen von 2,4 Milliarden Euro sorgen. Ein weiteres Paket ist bereits für das kommende Jahr angekündigt. Die slowakische Regierung will so das Haushaltsdefizit bis 2027 unter die Marke von 3 Prozent des BIP drücken. Für 2024 erwartet der Rat für finanzpolitische Verantwortung (RZZ) einen Fehlbetrag von 7,6 Milliarden Euro (5,8 Prozent des BIP). Wegen der steigenden Staatsverschuldung hatte die Europäische Kommission im Juli 2024 ein Defizitverfahren gegen die Slowakei eingeleitet und Korrekturmaßnahmen verlangt.

Im neuen Budgetentwurf für 2025 rechnet das Finanzministerium mit einem Minus von 6,6 Milliarden Euro (4,7 Prozent des BIP). Die Gesamtverschuldung des Staates wird voraussichtlich 2026 die Schwelle von 60 Prozent des BIP überschreiten.

Mit großer Eile hat die von Premierminister Robert Fico angeführte Dreierkoalition daher das Konsolidierungspaket auf den Weg gebracht. Am 3. Oktober 2024 stimmte das Parlament dem Vorhaben zu. Die notwendige Unterschrift des Präsidenten Peter Pellegrini steht noch aus, gilt aber als Formsache.

Entlastungen für kleine Unternehmen

Einziger Lichtblick für die Geschäftswelt sind die geplanten Entlastungen für kleine Unternehmen. Ihr Körperschaftsteuersatz wird von 15 auf 10 Prozent gesenkt. Gewerbetreibende zahlen weiterhin 15 Prozent Einkommensteuer, allerdings nun ebenfalls bis zu einer Grenze von 100.000 Euro (vorher 60.000 Euro).

Die AHK Slowakei begrüßt, dass kleine Unternehmen von dem Konsolidierungspaket profitieren. "Gerade für die sich gut entwickelnde Start-up-Kultur im Land ist das ein wichtiger Schritt", sagt Geschäftsführer Trisciuzzi und fügt aber hinzu: "Die deutsche Wirtschaft ist in der Slowakei jedoch mit ihrem breiten Mittelstand vertreten, bei dessen Mehrheit das Paket für ordentlichen Kostendruck sorgen wird."

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