Branchenbericht Somalia Schiffsverkehr, Häfen
Somalia baut Häfen aus
In Berbera ist bereits ein modernes Containerterminal entstanden, aber auch andere somalische Häfen investieren. Interessant sind manche Finanzierungsmodelle.
31.03.2022
Von Ulrich Binkert | Bonn
Im Hafen von Berbera arbeitet der emiratische Konzessionär DP World nach eigenen Angaben an einer zweiten Ausbauphase eines Projektes, das "bis zu" 442 Millionen US-Dollar (US$) kosten soll. Die Umschlagskapazität soll von 0,5 Millionen Standardcontainern (TEU) auf 2 Millionen TEU steigen. Ebenfalls im Bau sei eine Freihandelszone, heißt es beim Ministry of Investment and Industrial Development in Berbera, der Hauptstadt des unabhängig agierenden Teilstaats Somaliland. Beide Projekte seien voraussichtlich im 1. Quartal 2023 abgeschlossen. Die erste Ausbauphase des Hafens hatte DP World Mitte 2021 fertiggestellt.
Auch Energieumschlag in Berbera vor Ausbau
Investieren will im Hafen Berbera auch der Brenn- und Treibstoffhändler Trafigura. Man habe den Auftragnehmer des anstehenden, 50 Millionen US$ teuren Baus von Lagereinrichtungen bestimmt, sagte Mitte Februar ein Vertreter des in der Schweiz ansässigen Unternehmens. Ein weiterer Ausbau später sei denkbar. Trafigura arbeitet den Angaben zufolge seit 2018 im Hafen Berbera. Tanks und andere Einrichtungen habe man bisher aber lediglich gemietet. Im Februar lagerte die Firma den Angaben zufolge Treibstoffe und Gas für 10 Millionen US$, für Abnehmer in Somalia und Äthiopien. Ins Nachbarland wolle man künftig auch Treibstoff bringen, nicht nur wie bisher Gas per Lkw. Trafigura versorgt Äthiopien nach Presseberichten 2020 mit der Hälfte des dort verbrauchten Diesels und Benzins, basierend auf einem Vertrag mit der Ethiopian Petroleum Supply Enterprise.
Hafen | Stand, Anmerkungen |
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Berbera Hafenbehörde; Freizone | Leistungsstärkster Hafen in Somalia (liegt in Somaliland); DP World bekam 2016 eine 30-Jahres-Konzession und will "bis zu" 442 Mio. US$ investieren: Ausbau von 0,15 Mio. auf 0,5 Mio. TEU seit Mitte 2021 fertig; 2. Phase (auf 2 Mio. TEU) und Freihandelszone sollen im Bau sein; Trafigura will ab April 2022 Gas- und Treibstofflager für 50 Mio. US$ bauen |
Ausbau für 300 Mio. US$ vorgesehen; "fast fertig" sind die zwei kleineren von vier Landungsbrücken (max. 330 m lang) und Lagerhäuser, in Planung ein Tanklager, ein Ruheplatz für Exporttiere und eine Kühlinfrastruktur für Fisch; geplant ist zudem eine Minigrid-Stromversorgung über 3-4 MW (wohl aus Solarmodulen), für die es "noch keine ernsthaften Interessenten gibt"; für 160 Mio. US$ sind (bislang nicht beteiligte) ausländische Kapitalgeber gesucht | |
Hafen wird gerade vertieft; Konzessionär: Albayrak (Türkei); Investitionsfonds von 50 Mio. US$ (2020-2025) | |
Bosaso | Konzession von DP World umstritten; Ausbaupläne unklar; Regierung des zuständigen Teilstaats meldete im Februar 2022 "erfolgreiche Neuverhandlung der Konzession von DP World" |
Hobyo; Hafenministerium | sehr kleiner Hafen; Ausbaupläne durch Konsortium bekannt gegeben, aber keine Bewegung erkennbar |
Kismayo | kein Ausbau absehbar |
Der Hafen von Somalias Hauptstadt Mogadischu vertieft derzeit nach Angaben eines nahen Beobachters sein Hafenbecken. Den Bau eines neuen Hafens im weiter nördlich gelegenen Adale, der angesichts der Enge am bestehenden Standort als Option gelte, hält der Beobachter für wenig wahrscheinlich. Der Hafen füllt aktuell einen Fonds für Investitionen, der bis 2025 insgesamt 50 Millionen US$ erreichen soll. Die Mittel kommen aus den laufenden Einnahmen. Festgelegt wurde dieses Konstrukt im Oktober 2020 bei der Vergabe der Betreiberkonzession an die türkische Firma Albayrak, die den Hafen bereits davor betrieben hatte.
Hafen Garacad investiert - bislang nur mit somalischem Kapital
Im Hafen Garacad im weitgehend autonomen Teilstaat Puntland läuft ein Ausbau, der einmal rund 300 Millionen US$ kosten soll. Investiert sind nach Angaben von Said Abdulkadir Jama, Chef der Hafengesellschaft Wadaagsan, bisher 60 Millionen US$, weitere 30 Millionen seien gesichert. Hinter Wadaagsan stehen somalische Investoren. 60 Prozent des bisher eingesammelten Kapitals stammen laut Jama von Auslandssomaliern.
Keine Projektpläne oder -fortschritte sind für den Hafen Bosaso am Nordostzipfel von Puntland bekannt. DP World erhielt 2017 auch dafür eine 30-Jahre-Konzession, Einzelheiten dieses Betreibervertrags liegen Beobachtern aber nicht vor. Berichtet wird über Unstimmigkeiten zwischen den Parteien und 2019 war ein Vertreter von DP World in Bosaso ermordet worden. Nach Informationen vom Februar 2022 wollen einheimische Geschäftsleute den Hafen ausbauen. Sie hätten eine Firma namens Wadajir gegründet und planen offenbar ein ähnliches Vorgehen wie Wadaagsan in Garacad.
Mit Blick auf den kleinen Hafen Hobyo, etwas südlich von Garacad gelegen, glauben befragte Branchenbeobachter aktuell nicht an einen Ausbau. Dafür hatte der zuständige Teilstaat Galmudug im November 2020 eigentlich eine Vereinbarung unterzeichnet. Partner war die in London ansässige Firma Oriental Terminal, die aus britischen, türkischen und somalischen Firmen bestehe. Somalische Geschäftsleute würden 90 Millionen US$ beisteuern. Bereits 2019 hatte Presseberichten zufolge Katar einen Ausbau des Hafens zugesagt, über die staatseigene Firma Mwani Qatar und für 170 Millionen US$.
Für den Hafen Kismayo ganz im Süden Somalias ist vorerst ebenfalls kein Ausbau absehbar. Im Gespräch ist schon seit Langem eine Ausbaggerung des Beckens. Zum Einzugsgebiet gehört auch ein Teil von Kenia. Kismayo liegt im Kernland der Terrorgruppe Al Shabab und gilt als besonders unsicher.
Platz genug für neue Hafenkapazitäten
Geschäftlich in die Quere werden sich Somalias Häfen und deren Ausbaupläne nicht kommen, glaubt Stephan Willms. So sei Berbera ganz im Nordwesten eindeutig auf das Nachbarland Äthiopien ausgerichtet, sagt Willms, dessen Beratungsfirma Africa Enablers Machbarkeitsstudien für den Hafen Garacad erstellte und in Mogadischu die Neukonzessionierung an Albayrak vorbereitet hatte.
DP World will Berbera möglicherweise zu einem Konkurrenten von Dschibuti aufbauen. Dort war der Konzern 2018 von der Regierung unter Beteiligung eines chinesischen Konkurrenten aus einer laufenden Konzession gedrängt worden. Äthiopien wickelt seinen seegestützten Außenhandel bislang fast ausschließlich über Dschibuti ab und ist am Hafen Berbera mit 19 Prozent beteiligt.
Das noch im nördlichen Drittel Somalias gelegene Garacad sieht seinen Hauptmarkt im umgebenden Puntland und den Regionen südlich davon, so Said Jama von der Hafengesellschaft: Im 8,5 bis 13 Meter tiefen Hafenbecken können künftig zumindest an den großen Piers die Containerschiffe andocken, die Somalia mit Konsum- und Investitionsgütern versorgen. Ansonsten dürfte der Hafen vor allem in Säcken transportierte Waren umschlagen, in geringerem Maße auch Schüttgüter.
Außerdem soll Garacad wichtiger Umschlagpunkt werden für Lebendvieh, Somalias mit Abstand wichtigstes Exportgut. Bisher werden die Tiere hauptsächlich über Bosaso im extremen Nordosten verschifft, auch über Berbera und Mogadischu: Mit überfüllten Straßen und gestresstem Vieh, besonders zur Hadsch, wenn Muslime viel Vieh schlachten. Als Einzugsgebiet hat Garacad-Manager Said Jama ebenfalls die Grenzregion von Äthiopien im Auge. Allerdings sind die Gebiete dort wirtschaftlich sehr schwach. Berbera liegt deutlich näher an Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba und anderen Wirtschaftszentren des Nachbarlandes und verfügt auch über eine bessere Straßenanbindung.