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Special | Südafrika | Wasserstoff

Südafrika sieht sich bei Wasserstoff als Technologieanbieter

Neben dem Export von Wasserstoff als Energieträger sollen auf Basis der Platin-Vorkommen Brennstoffzellen gefertigt werden. 

Von Marcus Knupp | Berlin

  • Roadmap für die Wasserstoffstrategie

    Mit Hydrogen South Africa gibt es bereits seit 2007 eine nationale Plattform für Wasserstofftechnik. Durch die geplante Roadmap konkretisiert sich die Strategie.

    Die Initiativen zum Aufbau einer wasserstoffbasierten Energieversorgung in Asien und Europa verfolgt Südafrika sehr genau. Denn gleich in mehrfacher Hinsicht sieht sich das Land als Partner in globalen Lieferketten für die zukünftige stärkere Nutzung der Technologie. Zum einen könnte auf Basis einheimischer Energieressourcen Wasserstoff für den Export generiert werden. Diese Perspektive unterscheidet sich nicht wesentlich von den Plänen anderer afrikanischer Länder.

    Erfahrene Chemieindustrie

    Darüber hinaus verfügt Südafrika über die weltweit größten Vorkommen von Platin-Metallen. Diese werden nicht nur für die Herstellung von Abgaskatalysatoren benötigt, deren Nachfrage mit einem zunehmenden Anteil von Elektroautos tendenziell zurückgeht, sondern auch in Brennstoffzellen eingesetzt. Mit etablierten Produktionsstrukturen für Katalysatoren und einer in der Umwandlung von Energierohstoffen erfahrenen chemischen Industrie kann Südafrika bei der Wasserstofftechnologie mehr als nur Rohstofflieferant sein.

    Um die Aktivitäten richtig zu verzahnen, hat das Department of Science and Innovation (DSI) im Juli 2020 die Formulierung einer Roadmap angekündigt, die die Potenziale sowie mögliche Kosten und Nutzen der Wasserstofftechnologie darlegt. Diese soll Ende 2021 oder Anfang 2022 dem Parlament in Kapstadt zur Verabschiedung vorgelegt werden. Zu den Planungen gehört auch die Förderung eines Industrieclusters mit dem Namen Platinum Valley. An mehreren Standorten entlang der Achse Limpopo (Platinabbau) - Johannesburg - Durban sollen Forschung und Entwicklung zur Wasserstofftechnologie angeschoben werden.

    Bereits 2007 wurde die Initiative Hydrogen South Africa (HySA) ins Leben gerufen, um die Entwicklung in den Bereichen Herstellung (HySA Catalysis), Umwandlung (HySA Systems) und Nutzung (HySA Infrastructure) der Ressource voranzutreiben. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit lokalen Universitäten.

    Windenergie für grünen Wasserstoff

    Die Produktion von "grünem" Wasserstoff mittels Elektrolyse bedingt die Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Für Südafrika ist das neben der Solarenergie vor allem die Windkraft, die insbesondere in den westlichen Landesteilen großes Potenzial hat. Bei der Wahl der Standorte für die Wasserstoffproduktion geht es daneben um das Ausgangsmaterial Wasser. Da dieses in vielen Teilen Südafrikas eher knapp ist, umfasst das Konzept die Errichtung von Meerwasserentsalzungsanlagen.

    Alternativ könnte der Wasserstoff aus Erdgas ("blauer" Wasserstoff) oder Kohle ("brauner" Wasserstoff) gewonnen werden. Letztere Lösung ist aus südafrikanischer Perspektive verlockend, da das Land über sehr reichhaltige Steinkohle-Reserven verfügt und zudem aus der Kohleverflüssigung über Verfahrens-Know-how. Auch die Energieversorgung ließe sich so kostengünstig sicherstellen. Der extrahierte Wasserstoff wäre allerdings alles andere als "grün" und daher auf den anvisierten Exportmärkten wohl schwer abzusetzen.

    Wasser aus dem Meer

    Die Entsalzung von Meerwasser benötigt zwar zusätzlichen Energieeinsatz, zugleich würden damit aber Kapazitäten für die Bereitstellung von Trinkwasser in Trockenperioden geschaffen. Zudem wären die zwangsläufig vorgegebenen Küstenstandorte günstig für den Export des Wasserstoffs per Schiff nach Übersee. Eine andere denkbare Wasserquelle ist Brauchwasser aus Bergwerken, das wegen seiner starken Verschmutzung nicht als Trinkwasser oder in der Landwirtschaft verwendet werden kann.

    Von Marcus Knupp | Berlin

  • Potenzial für die Herstellung von Brennstoffzellen

    Südafrika ist der weltweit wichtigste Produzent von Platin-Metallen. Diese werden als Katalysatoren auch in Brennstoffzellen benötigt.

    Eine für Südafrika besonders interessante Perspektive der Wasserstoffwirtschaft ist die Produktion von Brennstoffzellen, die sowohl bei stationären als auch bei mobilen Anwendungen als Energiewandler zur Bereitstellung von elektrischem Strom verwendet werden. In diesen Zellen wird als Katalysator oft Platin oder Palladium eingesetzt. Südafrika ist der mit Abstand größte Produzent von Metallen der Platin-Gruppe weltweit - neben Platin sind dies Ruthenium, Rhodium, Palladium, Iridium und Osmium. Darüber hinaus gibt es bei deren Verarbeitung weitreichende Erfahrung durch die Herstellung von Abgas-Katalysatoren für Benzin- und Dieselmotoren.

    Fortschritte in der Elektrolyse

    Verfahrenstechnische Innovationen könnten auch bei der Elektrolyse von Wasserstoff selbst Vorteile bringen. Im März 2020 hat Hydrox Holdings aus Randburg im Großraum Johannesburg mit der eigenen Elektrolysetechnik Divergent Electrode Flow Through (DEFT) ein Verfahren vorgestellt, das die Produktion von Wasserstoff bei höheren Temperaturen ohne Membran ermöglichen und damit effizienter arbeiten soll. Ziel ist es, die Herstellkosten für Wasserstoff soweit abzusenken, dass diese im Vergleich mit Benzin wettbewerbsfähig werden. Zunächst muss die Technik allerdings in der Praxis ihre Funktionsfähigkeit in einer Pilotanlage beweisen.

    Pilotprojekte testen Technologien

    Während die Anwendung beim Antrieb von Autos oder Eisenbahnen in Südafrika noch Zukunftsmusik ist, gehört die Installation von stationären Brennstoffzellen für die Energieversorgung von öffentlichen Gebäuden wie Krankenhäusern zur Strategie für den Test der Technologie. Im durch Stromabschaltungen gebeutelten Südafrika können solche Lösungen eine gute Alternative zum ersatzweise vorgehaltenen Dieselgenerator sein.

    Eine erste Anwendung hat das DSI im August 2020 am 1 Military Hospital in Pretoria vorgestellt. Zusammen mit dem Department of Public Works and Infrastructure (DPWI) sowie dem Department of Defence (DoD) bekam das Militärkrankenhaus im Rahmen einer Public-private-Partnership (PPP) eine Anlage mit sieben Brennstoffzellen zur primären Stromversorgung. Beteiligt sind die lokalen Unternehmen Bambili Energy und HyPlat sowie PowerCell Sweden, Horizon Fuel Cell Technologies (Singapur) und Element 1 (USA). Fünf der sieben Einheiten verwenden Methanol als Brennstoff, die zwei weiteren Wasserstoff. Die Brennstoffe werden von den südafrikanischen Chemieunternehmen Air Products South Africa, Protea Chemicals und Sasol geliefert.

    Nachhaltiges Flugbenzin

    Geht es um den Export von Wasserstoff als Energieträger, stellt sich die Frage, in welcher Form dies geschieht. Südafrika liegt von wichtigen Abnehmermärkten in Europa oder Asien relativ weit entfernt. Der Transport per Pipeline scheidet daher aus, eine Beförderung mit Spezialschiffen ist aufwändig und teuer. Als Lösung kommt deshalb die Weiterverarbeitung in leichte handhabbare Substanzen infrage. Dies können Düngemittel auf Ammoniakbasis sein, synthetische Treibstoffe oder auch mit Wasserstoff als Energiequelle hergestellte Vorprodukte wie Stahl.

    Das südafrikanische Chemieunternehmen Sasol verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Herstellung synthetischer Treibstoffe nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren. Bereits seit 1955 generiert das Unternehmen Benzin aus Kohle und später auch Erdgas. Zusammen mit den deutschen Unternehmen Enertrag und Linde sowie dem lokalen Partner Navitas plant Sasol nun die Herstellung von jährlich 50.000 Tonnen Flugbenzin (Kerosin), das die Zusammenfügung von Wasserstoff und Kohlenstoff generieren wird. Der Wasserstoff wird dazu auf Grundlage von Wind- und Solarenergie per Elektrolyse gewonnen. Gefördert wird das Projekt durch die Initiative H2-Global der Bundesregierung.

    Schwerlaster für Bergwerke

    Im Bereich der mobilen Anwendungen der Brennstoffzellen-Technologie dürften schwere Bergbau-Fahrzeuge das erste breite Anwendungsfeld sein. Das Unternehmen Anglo American kündigte an, seine Flotte von Minen-Lastern auf Wasserstoff-Antrieb umstellen zu wollen. Vorteil ist, dass nicht nur der Carbon-Footprint des Bergwerks verringert wird, sondern auch die Emissionen im Unter-Tage-Einsatz. Angesichts des lediglich lokalen Betriebs innerhalb des Minengeländes ist die Betankung einfach zu lösen.

    Anglo American arbeitet mit mehreren Technologiespezialisten daran, auf Basis des Modells 930E von Komatsu ein entsprechendes Fahrzeug zu entwickeln. Zentrale Partner sind der Brennstoffzellen-Hersteller Ballard und der US-amerikanische Technologie-Entwickler First Mode. Die Batterie- und Antriebskomponenten stammen von Williams Advanced Engineering (WAE). Die Wasserstofftanks an Bord sowie die Leitungen auf dem Lkw und an der Tankstation hat das niederländisch-deutsche Unternehmen NPROXX entwickelt.

    Ab Oktober 2021 soll der erste Lastwagen in der Mogalakwena-Platin-Mine im Nordosten Südafrikas zum Einsatz kommen. Ab 2024 ist geplant, die gesamte Flotte von 40 Fahrzeugen einzusetzen. Zu dem Projekt gehört daneben eine eigene Elektrolyseeinheit vor Ort mit 3,5 Megawatt, die im November 2021 in Betrieb geht und durch Solarstrom mit Energie versorgt wird. Sukzessive sollen die Brennstoffzellen-Laster dann auch in anderen Bergwerken des Konzerns eingesetzt werden. Bis 2030 will dieser seinen CO2-Ausstoß um 30 Prozent reduzieren.

    Von Marcus Knupp | Berlin

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