Branchen | Thailand | Schienenverkehr
Megamarkt für Bahntechnik
Thailand setzt mehrere Fern- und Nahverkehrsprojekte auf die Schiene. Bahnfirmen aus aller Welt rechnen sich Chancen aus. Deutschland hat schon ein Netzwerk mit lokalen Partnern.
07.06.2022
Von Thomas Hundt | Bangkok
Das Verkehrsministerium legte 2017 einen Masterplan for Rail Development vor. Er sieht bis zum Jahr 2030 Ausgaben von umgerechnet rund 78 Milliarden US-Dollar (US$) vor. Die Vorhaben nehmen Fahrt auf, und das Land entwickelt sich seitdem zu einem interessanten Markt für Bahnsysteme und -technik.
Das Schienennetz umfasst ungefähr 5.000 Kilometer. Dies ist zwar das zweitgrößte in Südostasien. Die Strecken der staatlichen Eisenbahngesellschaft State Railway of Thailand (SRT) sind aber überwiegend einspurig, nicht elektrifiziert und laufen nur auf der schmalen Meterspur. Thailand hatte es lange versäumt, das Netz auszubauen und zu modernisieren.
Die SRT baut ihr einspuriges Fernnetz nun auf zwei bis drei Spuren aus, allerdings weiterhin ohne Elektrifizierung. Die Staatsbahn schreibt Baumaßnahmen Abschnitt für Abschnitt aus. Sie hat 2022 außerdem gebrauchte Züge aus Japan ins Land geholt und kauft 50 neue Diesellokomotiven vom Hersteller CRRC Qishuyan aus China.
Projekt | Budget (Mio. US$) *) | Status | Anmerkungen |
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Thai-Sino High-Speed Rail | 12.500 | Abschnitt Bangkok nach Nakhon Ratchasima Auftragsvergabe, erste Bauarbeiten, Fertigstellung 2026. Zweiter Abschnitt nach Nong Khai, Machbarkeitsstudien und Detailplanungen | 609 km von Bangkok nach Nong Khai. Kooperationsvertrag zwischen den Regierungen von Thailand und China |
High-Speed Rail Linking Three Airports | 7.400 | Übertragung von Grundstücken, Planung | 220 km, Konzession des Betreibermodells an Asia Era One |
Bangkok Metro Orange Line | 6.800 | 2022 Fertigstellung Abschnitt Ost und Ausschreibung Abschnitt West | 36 km, Auftraggeber Mass Rapid Transit Authority of Thailand (MRTA) |
Bangkok Purple Line Extension (Tao Pun nach Rat Burana) | 2.400 | Bauauftrag an fünf thailändische Baufirmen, Baustart 2022, Konzession für Betrieb steht noch aus | 24 km, Auftraggeber MRTA |
Bangkok Brown Line | 1.400 | Vorbereitung der Ausschreibung | 22 km Monorail, Planung durch MRTA |
Bangkok Grey Line (Phase eins) | 780 | Machbarkeitsstudie | 16 km Monorail Phase eins, Erweiterung auf 40 km, Vorschlag der Bangkok Metropolitan Administration |
Zwei anspruchsvolle "High-speed Rail"-Megaprojekte
Eine 220 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitsbahn, die die drei Flughäfen Don Mueang und Suvarnabhumi in Bangkok sowie den U-Tapao Airport im Süden verbinden soll, gilt als das größte Einzelvorhaben des Landes. Die Firma Asia Era One, ein Konsortium unter Führung des thailändischen Konzerns Charoen Pokphand, erhielt 2021 den Zuschlag für das "Public Private Partnership"- (PPP-) Projekt.
Asia Era One soll die Strecke bauen und wird diese für 50 Jahre betreiben. Als Systemlieferanten dürften hauptsächlich chinesische Firmen zum Zuge kommen. Allerdings muss der S-Bahn-Zubringer Airport Rail Link, dessen System von Siemens Mobility geliefert wurde, in diese Strecke integriert werden. Zum Asia Era One Konsortium gehören die China Railway Construction Company, die thailändischen Baukonzerne Italian-Thai Development und CH Karnchang sowie das Verkehrsunternehmen Bangkok Expressway and Metro.
Asia Era One sucht noch nach technischen Lösungen für die anspruchsvolle Hochgeschwindigkeitsstrecke und benötigt Finanzierungen. Allein der Ausbau des Bahnhofs Makkasan im Zentrum Bangkoks, der nach dem Transit Oriented Development Konzept mit Büros, Geschäften und Wohnungen geplant ist, dürfte rund 1,3 Milliarden US$ kosten.
Die Regierungen von Thailand und China haben 2014 den Bau und Betrieb einer 609 Kilometer langen Schnellbahnstrecke von Bangkok nach Nong Khai an der Grenze zu Laos vereinbart. Heimische Firmen sind für die Bauarbeiten des sogenannten Sino-Thai High-Speed Rail Projektes zuständig, und chinesische Hersteller liefern die Bahnsysteme.
Züge der CRRC sollen hier mit bis zu 250 Kilometern pro Stunde verkehren. Mehrere Bauaufträge des ersten 5,2 Milliarden US$ teuren, 253 Kilometer langen Abschnitts von Bangkok ins nördlich gelegen Nakhon Ratchasima wurden im Oktober 2020 von der SRT vergeben.
Bei öffentlichen Ausschreibungen sind besondere Vorschriften zu beachten. Die Anbieter müssen sich registrieren und vorgeschriebene Kriterien erfüllen, um teilnehmen zu dürfen. Interessenten sollten sich frühzeitig über Planungen und Studien informieren und gute geschäftliche Verbindungen zu Projektträgern aufbauen.
Schienennahverkehr wird erweitert
Die Metropole Bangkok verfügt bereits über ein Netz von 210 Kilometern an Metrolinien, weitere 123 Kilometer sind im Bau, und 234 weitere Kilometer werden geplant. Die Behörde Mass Rapid Transit Authority of Thailand (MRTA) ist für die Planung und Ausschreibungen von neuen Vorhaben in der Hauptstadt und in den umliegenden Provinzen zuständig. Der Betrieb von neuen Strecken wird seit den 1990er Jahren an private Eisenbahngesellschaften als PPP-Konzessionsvertrag vergeben.
Die Aktiengesellschaft Bangkok Expressway and Metro (BEM) und die Firma BTSC betreiben die meisten Nahverkehrslinien in der Hauptstadtregion. Die privaten Verkehrsunternehmen wählen Finanzierungen, Bahntechnik und Wartung nach kommerziellen Gesichtspunkten aus. Der Wettbewerb unter den Anbietern fällt daher intensiv aus.
Die SRT betreibt in Bangkok die S-Bahn Red Line und will deren Erweiterung als PPP-Projekt ausschreiben. Die erst im November 2021 eröffnete Linie soll in den kommenden Jahren von 26 auf 87 Kilometer ausgebaut werden.
Ihren 28 Kilometer langen Airport Rail Link - die Linie verbindet die Innenstadt mit dem Flughafen Suvarnabhumi - hat die SRT 2021 an die Firma Asia Era One übergeben. Der Airport Link soll im Rahmen des Three Airports Hochgeschwindigkeitsprojektes verlängert werden.
Mehrere Städte wollen Straßenbahnen
Die Provinz Phuket plant derzeit eine 59 Kilometer Straßenbahn oder als Alternative eine günstigere Schnellbus-Verbindung. Die Stadt Nakhon Ratchasima prüft den Bau einer elf Kilometer langen Tram, und die Stadtverwaltung in Chiang Mai will ein 35 Kilometernetz an Straßenbahnen errichten.
Die City Khon Kaen im Nordosten Thailands ist bei den Planungen für ihre 26 Kilometer Straßenbahn (Light Rail) schon weiter und unterzeichnete im November 2021 eine Absichtserklärung. Sie sieht Lieferung von Straßenbahnen vom chinesischen Hersteller CRRC vor.
Interesse an deutscher Bahntechnik
Das Land verfügt über keine eigene Bahnindustrie und beschafft Bahntechnik im Ausland. Die Verkehrsunternehmen benötigen auch bei der Planung, beim Gleisbau und der späteren Wartung ausländische Expertise. Als Systemlieferanten sind neben CRRC auch Siemens Mobility, Bombardier und Hitachi aktiv und haben verschiedene Zugsysteme geliefert.
Siemens Mobility beschäftigt in Thailand rund 1.000 Personen und verfügt in Bangkok über Wartungszentren für seine ausgelieferten Zugsysteme. Das Büro von Siemens leistet auch konzerninterne Ingenieurleistungen für internationale Bahnprojekte.
Die Interessenvereinigung German-Thai Railway Association (GTRA) wurde im September 2021 registriert. Ihr gehören Unternehmen, öffentliche Stellen und Universitäten aus beiden Ländern an. Neben dem Netzwerken bietet die GTRA technische Schulungen und Kooperationen an.