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Branchen | Tschechische Republik | Bergbau und Rohstoffe

Tschechien wird Europas Zentrum der Manganproduktion

Der Weg für Europas größte Manganförderung ist frei: Tschechien hat die Umweltverträglichkeitsprüfung für ein Vorhaben bei Pardubice positiv abgeschlossen.

Von Gerit Schulze, Miriam Neubert | Prag

Rund um das ostböhmische Pardubice liegt ein Schatz, der Europas Souveränität bei der Batterieproduktion sichern soll. Zwischen den Orten Chvaletice und Trnávka gibt es drei Abraumhalden des in den 1970er Jahren stillgelegten Eisenerzbergbaus. Dort will die Firma Mangan Chvaletice aus den Rückständen der einstigen Pyrit-Förderung hochreines Mangan gewinnen. Das tschechische Unternehmen hält die Explorationsrechte an der Lagerstätte und gehört zur kanadischen Gesellschaft Euro Manganese (EMN).

Keine Einwände der betroffenen Gemeinden

Im März 2024 genehmigte Tschechiens Umweltministerium die Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung. Laut Investor gab es keine Kommentare aus der Öffentlichkeit, von Nichtregierungsorganisationen oder den betroffenen Gemeinden. Einzige Auflage sei es, die Lärmbelästigung in der Umgebung nicht zu erhöhen, berichtete die Wirtschaftszeitung Hospodářské noviny.

Damit ist ein Meilenstein genommen auf dem Weg zu Europas größter Mangangewinnung. Investor EMN erwartet laut Internetseite eine Jahresproduktion von 50.000 Tonnen im Laufe von 25 Jahren. Eine Machbarkeitsstudie hatte 2022 ergeben, dass aus den Abraumhalden fast 2 Millionen Tonnen hochreines elektrolytisches Manganmetall (HPEMM) gewonnen werden könnten. Ein Teil davon würde zu reinem Mangansulfat-Monohydrat (HPMSM) verarbeitet werden. Die Einnahmen aus beiden Rohstoffen werden auf 14 Milliarden US-Dollar (US$) veranschlagt.   

Mangan ist wichtiger Rohstoff für Batterien

Die Rohstoffe sollen an Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien, von Spezialstahl und Aluminiumlegierungen gehen. Eine erste Absichtserklärung für Lieferungen an den französischen Batterieproduzenten Verkor meldete EMN im Januar 2023.

Wegen der Bedeutung für Europas Versorgungssicherheit stuft die EU das Projekt bei Pardubice als strategisch ein. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) beteiligte sich Anfang 2022 an EMN und finanzierte eine Demonstrationsanlage in Chvaletice. Die Anlage ist seit einem Jahr in Betrieb und liefert marktfähige Proben, um potenzielle Abnehmer zu finden.

Britische Firma bekommt Zuschlag für Detailplanung

Baustart für die industrielle Mangangewinnung soll 2026 sein. Ab 2028/2029 will EMN mit der Produktion beginnen. Während die Demonstrationsanlage noch mit chinesischer Technologie gebaut wurde, soll das Hauptwerk von westlichen Herstellern kommen. In einem Auswahlverfahren unter fünf Bewerbern setzte sich 2023 das britische Planungs- und Projektunternehmen Wood durch. Es wird über seine Geschäftseinheiten in Perth (Australien) und Mailand (Italien) die Projektphasen FEED und EPCM übernehmen, wozu die Detailplanung, Beschaffung und Kontrolle der Bau- und Montagearbeiten gehören. Projektleiter ist der Australier Tim Kindred.

Die Investitionen für das Werk betragen rund 750 Millionen US$. Circa 400 Menschen werden dort beschäftigt sein. 

Auch Mangangewinnung aus Altbatterien geplant

EMN plant neben der Manganförderung aus Abraumhalden auch die Wiedergewinnung aus Altbatterien. Diese Überlegungen seien bislang aber noch in einer Frühphase, sagte ein Unternehmensvertreter gegenüber tschechischen Medien.

Mangan ist ein wichtiger Rohstoff für Lithium-Ionen-Batterien, die in Elektroautos zum Einsatz kommen. Die EU importierte 2023 etwa 113.000 Tonnen Mangan und Produkte daraus (Warencode SITC 68994). Der Einfuhrwert betrug laut Außenhandelsdatenbank UN Comtrade über 250 Millionen Euro. Rund 90 Prozent der Lieferungen kommen aus China. Der Rest verteilt sich überwiegend auf Indonesien, Südafrika, Indien und die USA. Vor Kriegsausbruch lieferte auch die Ukraine größere Mengen in die EU (2021: 1.600 Tonnen). 

Baustein für Europas Rohstoffstrategie

Ziel der EU ist es, wenigstens 10 Prozent des Bedarfs an kritischen Rohstoffen durch eigene Vorkommen zu decken. Das sieht das europäische Gesetz über kritische Rohstoffe (Critical Raw Materials Act) vor, das der Rat der EU im März 2024 genehmigte. Es zielt darauf ab, Europas Versorgung zu verbessern und zu diversifizieren. Dabei soll auch mehr auf Kreislaufwirtschaft und Recycling gesetzt werden, was dem Vorhaben in Tschechien einen weiteren Vorteil verschafft. Insgesamt listet die EU 34 strategische Rohstoffe auf - darunter Mangan. Hier würde das tschechische Vorkommen die wichtigste Rolle spielen, um die Ziele zu erreichen. 

Die Sanierung der Bergbaualtlast bei Chvaletice und Trnávka hat auch positive Auswirkungen auf die Umwelt. Denn der Abbau der früheren Halden verringert den weiteren Austritt belastender Stoffe in die Elbe. Wie das Medienportal HlídacíPes.org berechnete, gelangen aus dem Abraum täglich 234 Kilogramm Schwefel, 38 Kilogramm Eisen und 46 Kilogramm Mangan in den nahegelegenen Fluss.

Lithiumprojekt im Erzgebirge in Sicht

Neben dem Manganprojekt kann Tschechien auf ein weiteres Großprojekt bei der Rohstoffgewinnung hoffen. Im Erzgebirge an der Grenze zu Sachsen liegt ein aussichtsreiches Lithiumvorkommen. Zur Erkundung und Erschließung wurde die Projektgesellschaft Geomet gegründet, an der sich der staatliche Energiekonzern ČEZ beteiligt hat.

Derzeit wird die endgültige Machbarkeitsstudie erarbeitet. Die Lagerstätte bei Cínovec liegt zu zwei Dritteln auf tschechischer und zu einem Drittel auf deutscher Seite. Es soll sich um das siebtgrößte Vorkommen weltweit handelt, das etwa 3 Prozent der globalen Lithiumvorräte birgt. Die geplante Jahresproduktion könnte laut Geomet 2,3 Millionen Tonnen Erz erreichen, aus denen etwa 25.000 Tonnen Lithium gewonnen werden können. Das würde für 400.000 bis 800.000 E-Auto-Batterien reichen.

Der Zeitplan von Geomet sieht vor, die Umweltverträglichkeitsprüfung noch 2024 abzuschließen. Die Verfahren zur Planfeststellung und Baugenehmigung könnten dann ein Jahr später beginnen. Die Vollproduktion wird für 2028/2029 angepeilt. Allerdings gibt es noch erhebliche Proteste von Anwohnern in der Nähe des geplanten Untertagebaus. Sie fürchten starke Lärm- und Staubentwicklungen durch die Lithiumförderung.

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