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Ukrainekrieg wird Bauunternehmen besonders belasten
Russland ist der größte Auslandsmarkt für türkische Bauunternehmen. Bei Baustoffen spüren sie die Auswirkungen beim Import von Vorprodukten.
30.03.2022
Von Katrin Pasvantis | Istanbul
Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Russland-Ukraine-Konflikts werden sich auf die türkische Baubranche auswirken. Zukünftig geplante Bauleistungen in Russland sind ungewiss. Die Arbeiten in der Ukraine wurden eingestellt. Die türkische Baustoffindustrie kann die Exportausfälle in diese Krisenländer kompensieren. Bei den Importen von Vorprodukten aus Russland und der Ukraine sowie durch steigende Energiepreise werden vermutlich negative Effekte auftreten.
Ungewissheit im Russlandgeschäft
Türkische Bauunternehmen sind auf der ganzen Welt aktiv. Aber der mit Abstand größte Auslandsmarkt ist Russland. Im Jahr 2021 akquirierten türkische Unternehmen weltweit Neuaufträge für 384 Projekte mit einem Gesamtwert von 29 Milliarden US-Dollar in 67 Ländern. Davon entfielen allein 11 Milliarden US-Dollar auf Russland. Dies entspricht 38 Prozent.
Aktuell haben türkische Bauunternehmen in Russland 150 Projekte im Wert von 21 Milliarden US-Dollar im Bau oder in der Planung. Dies erklärte Erdal Eren, Präsident des türkischen Verbands der Bauunternehmer (TMB) gegenüber der Presse. Auch die Unsicherheiten bei der Zahlungsabwicklung der Projekte haben aufgrund der Sanktionen gegen Russland zugenommen.
Ukraine war wichtiger Auslandsmarkt
Die Arbeiten bei den Bauprojekten in der Ukraine sind eingestellt. Derzeit hätten laut TMB türkische Bauunternehmen neue und laufende Projekte im Wert von 3 Milliarden US-Dollar im Land. Die Ukraine platzierte sich gemessen am Wert der Neuaufträge 2021 auf Rang 4 der wichtigsten Auslandsmärkte für die Türkei. Die Anzahl der Aufträge ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Im Jahr 2019 bekamen türkische Unternehmen den Zuschlag für sieben Projekte im Wert von 408 Millionen US-Dollar. Im Jahr 2021 waren es bereits 34 Vorhaben im Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar. Viele dieser Projekte dienen der Infrastruktur, die in der Ukraine mit finanzieller Hilfe der Europäischen Union umgesetzt werden sollten.
Da die Energiekosten steigen, rechnet TMB mit erhöhten Kosten bei Projekten im In- und Ausland.
2019 | 2020 | 2021 | 1972-2022 | |
---|---|---|---|---|
Russland | ||||
Anzahl | 58 | 54 | 30 | 2.112 |
Wert in Mrd. US$ | 5,8 | 4,6 | 11,2 | 95,2 |
Ukraine | ||||
Anzahl | 7 | 10 | 34 | 228 |
Wert in Mrd. US$ | 0,4 | 0,7 | 1,6 | 8,6 |
Baustoffindustrie kann Exportausfälle kompensieren
Der türkische Verband der Baustoffhersteller İMSAD hat im März 2022 in seinem Monatsbericht für Februar 2022 vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs Informationen zu den türkischen Exporten in diese beiden Länder sowie nach Belarus veröffentlicht.
Russland | Ukraine | Belarus | |
---|---|---|---|
Gesamt | 524,1 | 372,5 | 40,0 |
Bauteile aus Eisen und Stahl | 81,6 | 24,4 | 1,1 |
Stangenprofile aus Eisen und Stahl | 5,0 | 81,3 | 0,6 |
Schlösser | 61,6 | 15,4 | 7,2 |
Heiz- und Kältetechnik | 47,7 | 22,5 | 2,1 |
Bauchemikalien | 40,4 | 18,6 | 2,2 |
Holz | 27,6 | 22,0 | 1,6 |
Kunststoff | 26,8 | 20,0 | 3,7 |
Elektrische Ausrüstungen | 29,6 | 11,0 | 3,6 |
Baumaterialien aus Aluminium | 16,3 | 22,3 | 3,5 |
Zement | 12,7 | 27,3 | 1,8 |
Rohre aus Eisen und Stahl | 16,7 | 20,2 | 1,4 |
Fahrstühle und Rolltreppen | 19,0 | 17,7 | 0,7 |
Die türkischen Baustoffexporte nach Russland, in die Ukraine und nach Belarus beliefen sich 2021 auf zusammen 937 Millionen US-Dollar. Das entsprach einem Anteil von 3 Prozent an den gesamten türkischen Baustoffexporten von insgesamt 30,8 Milliarden US-Dollar. Deshalb könnten laut İMSAD Ausfälle durch Exporte in andere Märkte problemlos kompensiert werden.
İMSAD erwartet negative Auswirkungen auf die türkische Baustoffindustrie. Zur Herstellung von Baustoffen werden Vorprodukte wie beispielsweise Aluminium, Kupfer, Roheisen, Ton und Chemikalien benötigt. Der Import aus den Krisenländern ist gefährdet und könnte die Produktion beeinträchtigen.