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Cannabisunternehmen bleiben in den USA weiterhin in Lauerstellung

Während einige US-Bundesstaaten ihre Cannabispolitik reformieren, bleiben größere Schritte auf Bundesebene bislang aus. Ein neues Gesetz erleichtert die medizinische Forschung.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Um sich in den USA eine gute Marktposition zu sichern, will der kanadische Cannabiskonzern Canopy Growth sein US-Geschäft in einer eigenen Holdinggesellschaft konsolidieren. Dieser Schritt soll auch helfen, die Übernahmen der US-Firmen Acreage Holdings, Wana Brands und Jetty Extracts abzuschließen, verlautete während eines Seminars von Cherry Bekaert und Dentons im Dezember 2022 in Chicago.

Der Vorstoß fand Beachtung, denn die Cannabisbranche ist zuletzt unter Druck geraten: Der erhoffte große Durchbruch bei der Legalisierung ist in den USA bislang ausgeblieben - und die Aktien börsennotierter Branchenunternehmen haben in den letzten Monaten trotz kurzzeitiger Kursgewinne insgesamt weiter an Wert eingebüßt.

Firmen, die sich bereits vor einigen Jahren in die Branche eingekauft haben, brauchen daher einen langen Atem. Die meisten von ihnen kommen aus den Bereichen Alkohol, Tabak und Pharmazeutika: So hat der Tabakkonzern Altria Group Anteile an der Cronos Group erworben, während der Getränkehersteller Constellation Brands bei Canopy Growth zugriff. Dadurch sind neue Produktlinien auf den Markt gekommen, etwa hanfhaltige Getränke oder Butter, Honig und Bonbons mit Cannabiszusatz.

Immer mehr Bundesstaaten öffnen Teile des Markts

Nachdem sich in den letzten Wochen auch Connecticut, Maryland und Missouri dazu entschlossen haben, ist der Privatbesitz und -konsum von Marihuana nun in 21 US-Bundesstaaten sowie in der Hauptstadt Washington D.C. erlaubt beziehungsweise wird es in Kürze sein. In weiteren 16 Bundesstaaten darf Cannabis mit einer ärztlichen Empfehlung für medizinische Zwecke eingesetzt werden.

Das Absatzpotenzial ist enorm: Das Marktforschungsunternehmen BDSA schätzt, dass der legale Cannabisumsatz in den USA 2022 einen Wert von über 30 Milliarden US-Dollar (US$) erreicht haben könnte und bis 2026 weiter auf gut 50 Milliarden US$ steigen wird. Grand View Research ist etwas vorsichtiger und geht bis 2030 von einem Umsatz von rund 40 Milliarden US$ aus.

Das Marktumfeld bleibt aber vorerst schwierig. Denn Cannabis ist nicht nur weiterhin in den meisten US-Bundesstaaten illegal. Auch die rechtliche Ausgestaltung hinsichtlich Anbau, Konsum und insbesondere Vertrieb über bundesstaatliche Grenzen fällt je nach Gliedstaat auch sehr unterschiedlich aus. "Das erfordert viel Planung", meint Jochen Hähner vom Beratungsunternehmen Cherry Bekaert.

Wichtigste Hürde ist die fehlende Legalisierung auf Bundesebene

Außerdem ist Cannabis nach US-Bundesrecht weiterhin illegal. Das zieht unter anderem steuerliche Nachteile nach sich: So dürfen Cannabisfirmen zum Beispiel keine Betriebsausgaben steuerlich geltend machen, was die Gewinnspannen deutlich schmälert.

Da Branchenunternehmen außerdem kaum von Banken unterstützt werden, haben bisher nur finanzkräftige Firmen eine Chance. Durch die jüngsten Zinserhöhungen der US-Notenbank ist es sogar noch schwerer geworden, Kapital für künftiges Wachstum zu beschaffen.

Bankenreform für bessere Finanzierungsbedingungen erneut gescheitert

Der Secure and Fair Enforcement (SAFE) Banking Act würde es Cannabisfirmen ermöglichen, einfacher an traditionelle Finanzierungen zu kommen. "Das Reformgesetz soll Finanzinstitute und Marktteilnehmer schützen, die Cannabisunternehmen Bankleistungen anbieten wollen", sagt Hähner. "Dadurch könnten diese Firmen auch mehr institutionelle Anleger gewinnen, zum Beispiel Pensionsfonds." Der Versuch, eine solche Bankenreform zu verabschieden, scheiterte allerdings schon mehrmals am Widerstand unterschiedlicher Interessengruppen im US-Senat. Auch der Versuch, das Gesetz an andere Gesetzesvorhaben zu koppeln und dadurch die notwendige Unterstützung im Senat zu erhalten, blieb bislang erfolglos. 

Offenbar ist auch die öffentliche Meinung zum Thema Cannabis gespalten, was eine umfassende Legalisierung auf Bundesebene erschweren dürfte. Denn als parallel zu den Zwischenwahlen (Midterm elections) im November 2022 in mehreren US-Bundesstaaten auch über die Freigabe von Marihuana für den Freizeitgebrauch abgestimmt wurde, entschieden sich die Wählerinnen und Wähler in Arkansas, North Dakota und South Dakota dagegen.

USA erleichtern die Erforschung therapeutischer Potenziale von Cannabis

Zwar bewegt sich die Politik in Washington D.C. mit kleinen Schritten ein Stück weit in Richtung Marktöffnung. Für mehr Aufbruchstimmung konnte das bislang aber nicht sorgen. So haben sowohl die Demokraten im Senat als auch die Republikaner im Repräsentantenhaus verschiedene Gesetzentwürfe vorgelegt, die darauf abzielen, Cannabis auf Bundesebene zu entkriminalisieren. Verabschiedet wurde indes bislang kein Gesetz. Im Vorfeld der Zwischenwahlen kündigte US-Präsident Joe Biden zudem an, Menschen begnadigen zu wollen, die wegen Cannabisdelikten verurteilt worden waren.

Anfang Dezember 2022 hat Biden ein Gesetz unterzeichnet, das die Zulassung von Marihuana für die medizinische Forschung erleichtern soll. Zunächst obliegt die Forschung auf diesem Gebiet staatlichen Stellen, später sollen auch private Unternehmen dazukommen können. Sollten die USA auf Bundesebene Cannabis künftig einen therapeutischen Nutzen zuerkennen, könnte das erhebliche Investitionen in der Pharmabranche auslösen. Auch in Washington D.C. gibt es somit Bewegung beim Thema Cannabis, nur dass die US-Regierung dabei insgesamt zögerlicher vorgeht, als von der Branche erhofft.

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