Branchen | USA | Maritime Wirtschaft
USA investieren massiv in Hafenausrüstungen
In den Vereinigten Staaten werden Hochseehäfen ausgebaut. Daraus ergeben sich Geschäftschancen für den deutschen Maschinenbau, aber auch für Planer und Projektentwickler.
29.11.2021
Von Ullrich Umann | Washington, D.C.
Die Hochseehäfen in den USA sind überlastet. Für die globalen Lieferketten, insbesondere für die Versorgung der amerikanischen Industrie mit Rohstoffen und Vorleistungsgütern sowie für die Belieferung der Verbraucher mit Waren stellt das ein ernsthaftes wirtschaftliches Problem dar.
Die US-Regierung hatte Anfang November 2021 in einem Eilverfahren einen Plan erstellt, wonach Gelder aus verschiedenen staatlichen Förderquellen in den Hafenausbau umgeleitet werden können. Die Hafenbehörden sind somit aufgefordert, Bundeszuschüsse für ihre Zwecke zu beantragen. Vom Antragsvolumen hängt ab, wie viel Geld am Ende für den Hafenausbau umgeleitet wird.
Infrastrukturpaket kurbelt Hafenausbau an
Darüber hinaus stehen mit dem Infrastrukturpaket, das Präsident Biden am 15. November 2021 unterschrieben hat, regulär 17 Milliarden US-Dollar (US$) für Hafen- und Wasserstraßenprojekte zur Verfügung. Davon sind 4 Milliarden US$ speziell für Hochseehäfen bestimmt. Mit dem Geld sollen die veraltete Infrastruktur repariert und Häfen für größere Frachtschiffe vertieft werden.
Die US-Regierung kündigte an, noch für das 4. Quartal 2021 Zuschüsse von rund 240 Millionen US$ für Häfen zur Verfügung zu stellen und Projekte für den Ausbau der Hochseehäfen nebst anliegender Binnenwasserstraßen durch das U.S. Army Corps of Engineers anzuordnen.
Hochseehäfen sind in den USA in der Regel Eigentum der Bundesstaaten oder anderer staatlicher Stellen und werden von Hafenbehörden betrieben. Viele von ihnen vermieten Teile der Hafeninfrastruktur an private Unternehmen, die zum Beispiel den Frachtumschlag auf den Docks betreiben.
Geschäftschancen für deutsche Hafenausrüster
Projekte zur Hafenmodernisierung und Ausbauvorhaben werden von den Hafenbehörden angestoßen. Es handelt sich also um Vorhaben der öffentlichen Hand, für die zum Teil "Buy American"-Bestimmungen gelten, sofern die Finanzierung aus Bundesmitteln erfolgt. Doch die US-Industrie ist nicht in der Lage, alle benötigten Investitionsgüter aus eigenen Quellen zur Verfügung zu stellen.
Für deutsche Hersteller von Förder- und Logistiktechnik ergeben sich daraus als Subauftragnehmer und Komponentenlieferanten Geschäftschancen. Gleiches gilt für spezialisierte Ingenieur- und Planungsbüros, zumal die Lieferumfänge im deutsch-amerikanischen Handel im Bereich der Hafenausrüstungen längst noch nicht das Volumen des Vorkrisenjahres 2019 erreicht haben.
HS-Nummer | Januar bis September 2019 | Januar bis September 2020 | Januar bis September 2021 |
---|---|---|---|
8426 - Krane, Verladebrücken, Hubportale, Portalhubkraftkarren und Krankraftkarren | 343,7 | 372,5 | 327,2 |
8427 - Gabelstapler; andere mit Hebevorrichtung ausgerüstete Karren zum Fördern und für das Hantieren | 651,6 | 117,5 | 163,9 |
8428 - Maschinen, Apparate und Geräte zum Heben, Beladen, Entladen oder Fördern | 499,4 | 479,5 | 548,8 |
8530 - Verkehrssignalgeräte, Verkehrssicherungsgeräte, Verkehrsüberwachungsgeräte und Verkehrssteuergeräte, elektrisch | 7,9 | 10,9 | 6,8 |
8709 - Kraftkarren ohne Hebevorrichtung, von der in Fabriken, Lagerhäusern, Hafenanlagen oder auf Flugplätzen zum Kurzstreckentransport verwendeten Art | 28,2 | 21,2 | 15,3 |
Container bleiben in den Häfen liegen
Die Maßnahmen kommen zu einer Zeit, in der die Probleme mit den Versorgungsketten ansteigen: Staus von Containerschiffen vor den Hafenzugängen sowie erhebliche Rückstaus von Containern in den Hafendocks verlängern die Lieferzeiten erheblich. Zudem können immer noch zu wenige Lkw und Zugmaschinen gleichzeitig die Häfen befahren, um Container in ausreichenden Mengen abzutransportieren. Zu den Engpässen gesellt sich eine eklatante Knappheit an Lkw-Fahrern.
Für das Weiße Haus ergibt sich daraus nicht nur ein logistisches, sondern auch ein politisches Problem, da die überlasteten Lieferketten seit Monaten nicht befriedigend repariert werden können. Deshalb wurde beschlossen, den Häfen ungenutzte Mittel aus anderen Fördertöpfen zukommen zu lassen.
Häfen an der Ostküste beginnen mit ersten Projekten
Der Hafen Savannah (Georgia) kann zum Beispiel 8 Millionen US$ für die Einrichtung von fünf temporären Containerdepots außerhalb des Hafengeländes ausgeben. Diese Maßnahme verringert die Überlastung der Hafendocks, so die US-Regierung zur Begründung für die Mittelfreigabe.
Die neuen Lagerhallen ermöglichen der zuständigen Georgia Ports Authority, Tausende von Containern in kürzester Zeit aus dem Hafen Savannah abtransportieren und zwischenlagern zu lassen. Das Projekt dient zusätzlich der Verbesserung der Wettbewerbslage von Savannah im Vergleich zu den benachbarten Häfen Charleston (South Carolina) und Fort Lauderdale (Florida).
Der Hafen Norfolk (Virginia) hat wiederum eine Ausschreibung zum Ausbau der Eisenbahnanbindung der Docks (Central Rail Yard at Norfolk International Terminals) im Wert von 61,5 Millionen US$ abgeschlossen. Den Zuschlag erhielt das Bauunternehmen Allan Myers Virginia Inc..
Des Weiteren bekräftigte die Virginia Port Authority noch einmal einen Liefervertrag mit der finnischen Konecranes Oyj. Auf dieser Grundlage werden drei schienengestützte Portalkräne im Wert von 18 Millionen US$ im Hafen aufgestellt. Für die nahe Zukunft sind weiterhin die Vertiefung und Erweiterung des Fahrkanals zum Hafen geplant, um ultraweiten Containerschiffen die Zufahrt zu ermöglichen. Darüber hinaus sollen die Umschlagskapazitäten im Nordteil des Hafens erweitert werden.
Kaliforniens Containerhäfen mit den größten Problemen
Am gravierendsten zeigt sich die Überlastung in den stark frequentierten Containerhäfen Südkaliforniens. Die US-Regierung hat daher den Hafen von Los Angeles gebeten, den Betrieb rund um die Uhr laufen zu lassen. Ein entsprechendes Pilotprogramm läuft bereits im benachbarten Hafen von Long Beach.
Bisher kamen derartige Initiativen nur langsam in Gang. Präsident Biden hatte die Vorstandvorsitzenden wichtiger Spediteure und Handelskonzerne, darunter Walmart Inc., United Parcel Service Inc., FedEx Corp. und Target Corp. daher ins Weiße Haus eingeladen, um Maßnahmen zur Beschleunigung der Transporte zu diskutieren.
Alaska baut Fährverkehr aus
Nicht nur der Güterverkehr per Schiff wird modernisiert, sondern auch der Personenverkehr. In Alaska wird beispielsweise der Fährverkehr auf eine neue Stufe gehoben. Gemäß dem Infrastrukturpaket kann der Bundesstaat 250 Millionen US$ in Anspruch nehmen, um emissionsarme beziehungsweise elektrische Fährschiffe entwickeln und bauen zu lassen.
Das Alaska Marine Highway System, das den Fährverkehr koordiniert, erhält sogar 1 Milliarde US$, um entfernt liegende Kommunen an den Fährverkehr anzuschließen. Dies hat unter anderem den Ausbau von Anlege- und Verladestellen zur Folge.