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Rechtsbericht | USA | Coronavirus

USA: Coronavirus und Verträge

Verträge in den USA können eine Klausel enthalten, die eine Nichterfüllung des Vertrages durch eine Vertragspartei beim Vorliegen von "höherer Gewalt" (Force Majeure) rechtfertigt.

Von Jan Sebisch | Bonn

Coronavirus beeinträchtigt Vertragsbeziehungen

Die Bedrohung durch das neuartige Coronavirus (COVID-19) beeinträchtigt die globale Wirtschaft massiv und erschwert Unternehmen die tägliche Arbeit.

In diesem Rahmen ist in rechtlicher Hinsicht für die Unternehmen eine der zentralen Fragen, wie ihre Rechte und Pflichten in Bezug auf Verträge aussehen, die sie aufgrund der COVID-19-Pandemie möglicherweise nur teilweise oder gegebenenfalls gar nicht mehr erfüllen können. Im US-amerikanischen Vertragsrecht kann der Ausbruch von Krankheiten oder Seuchen einen Fall "höherer Gewalt" darstellen, wie ihn sogenannte Force-Majeure-Klauseln vorsehen.

Was ist höhere Gewalt und wie wirkt sie sich auf US-amerikanische Verträge aus?

Verträge in den USA enthalten in einer Vielzahl von Fällen eine Klausel, die die betroffene Vertragspartei beim Vorliegen von höherer Gewalt (Force Majeure) von ihren vertraglichen Leistungspflichten befreit. Eine Force-Majeure-Klausel identifiziert unvorhersehbare Ereignisse, die außerhalb jeglicher Kontrolle der Vertragsparteien liegen (zum Beispiel Seuchen, Terrorakte, Kriege oder Wetterereignisse). Sofern eines dieser unvorhersehbaren Ereignisse eintritt und ein nachgewiesener Kausalzusammenhang zwischen der Nichterfüllung der vertraglichen Leistungspflichten und dem unvorhersehbaren Ereignis besteht, wird die betroffene Vertragspartei von ihren Leistungspflichten befreit.

In vielen Fällen ist die Anwendbarkeit der Klausel allerdings an bestimmte Bedingungen geknüpft. Zum Beispiel kann eine Force-Majeure-Klausel vorsehen, dass die andere Vertragspartei unverzüglich über das unvorhersehbare Ereignis und dessen Auswirkungen auf die geschuldete Leistung informiert wird. Ferner verlangen viele Klauseln von der betroffenen Partei, dass sie nachweist, dass sie alles wirtschaftlich Zumutbare unternommen hat, um ihre vertraglichen Pflichten, trotz des Vorliegens des unvorhersehbaren Ereignisses, zu erfüllen.

Nicht alle Klauseln entbinden die Parteien von sämtlichen Leistungspflichten. Viele Klauseln sehen nur die Befreiung von bestimmten Leistungspflichten vor (zum Beispiel die Zahlung von etwaigen Gebühren). Generell gilt es zu berücksichtigen, dass die US-Gerichte Force-Majeure-Klauseln sehr eng auslegen und in einer Vielzahl von Fällen nur als einschlägig erachten, wenn das unvorhersehbare Ereignis explizit in der Klausel aufgeführt ist.

Welche rechtlichen Grundsätze greifen, wenn ein Vertrag keine Force-Majeure-Klausel enthält?

Unmöglichkeit der Leistung (Impossibility of Performance)

Falls ein Vertrag keine Force-Majeure-Klausel enthält, kann die in vielen US-Bundesstaaten anerkannte „doctrine of impossibility of performance“ (Unmöglichkeitsdoktrin) zum Tragen kommen. Die konkreten Anwendungsvoraussetzungen der Unmöglichkeitsdoktrin sind stets vom jeweiligen US-Bundesstaat und der dort gängigen Rechtsprechung abhängig. Im Bundestaat New York erstreckt sich die Unmöglichkeitsdoktrin zum Beispiel auf Fälle, (1) in denen die Vertragserfüllung "objektiv unmöglich" ist, da der Leistungsgegenstand in Folge höherer Gewalt zerstört worden ist oder ein Gesetz verabschiedet worden ist, das die Vertragserfüllung rechtswidrig macht, (2) sich die Gegebenheiten so grundlegend geändert haben, dass es ungerecht oder gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde, die Parteien an ihre ursprüngliche Vereinbarung zu binden.

In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksichtigen, dass die US-Gerichte regelmäßig davon ausgehen, dass intervenierende Ereignisse, die eine Leistung lediglich wirtschaftlich nicht mehr rentabel machen, nicht ausreichen, um die Unmöglichkeit der Leistung zu bejahen. Dies liegt daran, dass die Kosten der Leistungserfüllung sich in der Regel aufgrund alltäglicher Probleme, wie die Nichtberücksichtigung eines etwaigen Arbeitsaufwands oder gestiegener Rohstoffpreise erhöhen.

Kommerzielle Undurchführbarkeit (Commercial Impracticability)

Der Begriff des US-Rechts umfasst sowohl das Bundesrecht (Federal Law) als auch das Recht der Bundesstaaten (State Law). Um die Differenzen zwischen den Rechtssystemen der US-Bundesstaaten zu überbrücken, sind den US-Bundesstaaten von der National Conference of Commissioners for Uniform Laws für eine Vielzahl von Rechtsgebieten sogenannte Modellgesetze (Uniform Laws) zur Annahme vorgeschlagen worden. In den meisten US-Bundesstaaten gelten nur wenige dieser Uniform Laws. In fast allen US-Bundesstaaten gilt jedoch der Uniform Commercial Code (UCC).

Im Artikel 2 des UCC ist der Verkauf von Waren (Sale of Goods) geregelt. Im Rahmen des Artikel 2 des UCC ist die Nichterbringung einer Leistung gerechtfertigt, wenn die Leistung aufgrund (1) des Eintretens eines Ereignisses, dessen Nichteintreten bei Vertragsschluss indiziert wurde oder (2) durch die Einhaltung ausländischer oder inländischer staatlicher Vorschriften „undurchführbar“ (impracticable) geworden ist (siehe zum Beispiel: N.Y. U.C.C. § 2-615(a), Cal. Com. Code § 2615). Die "Undurchführbarkeit" der Leistung ist in der Regel leichter nachzuweisen, als die "objektive Unmöglichkeit" der Leistung. Der UCC verfolgt hier einen kommerziellen Ansatz, der Begriff der "Undurchführbarkeit" umfasst auch zu erbringende Leistungen, die theoretisch möglich sind, aber unerschwinglich teuer.

In diesem Zusammenhang gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass in Verträgen die Anwendbarkeit der entsprechenden UCC-Vorschrift abdingbar ist. Ferner findet der UCC nur auf den Verkauf von Waren Anwendung. Sofern also in einem US-Bundesstaat die Undurchführbarkeit der Leistung nicht als allgemeine Einrede anerkannt ist (wie zum Beispiel in Kalifornien), können sich unter anderem Vertragsparteien von Dienstleistungsverträgen nicht auf die Undurchführbarkeit der Leistung berufen.
 

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