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Special | USA | Halbleiter

Entwicklung der Halbleiterindustrie in den USA

52 Milliarden US-Dollar in den Jahren 2022 bis 2026 für die US-Halbleiterindustrie: Mit staatlichem Wohlwollen im Rücken planen Intel, TSMC und Samsung neue Chipfabriken.


Von Heiko Steinacher | San Francisco

  • Branchenüberblick: Überparteiliche Eintracht zur Förderung

    Die Bereitschaft der Halbleitergiganten steigt, in den USA zu investieren. Denn die Regierung in Washington will umfangreiche Fördergelder zur Verfügung stellen.

    Die USA zählen zu den führenden Nationen im weltweiten Halbleitergeschäft. Der größte US-Halbleiterkonzern, Intel, entwickelt, produziert und testet Hochleistungschips. Weitere klassische Hersteller, die Halbleiter oder Bauelemente sowohl entwerfen als auch herstellen, sind Micron, Texas Instruments und Broadcom.

    Andere dagegen entwickeln nur Chips, verfügen aber über keine eigenen Fertigungsanlagen. AMD, Qualcomm und Nvidia gehören zu dieser relativ großen Gruppe von Unternehmen. Sie arbeiten daher eng mit Auftragsfertigern zusammen, sogenannten Foundries.

    Im Halbleiterdesign sind US-Unternehmen weiterhin weltweit führend

    In der Auftragsfertigung haben US-Konzerne weltweit gesehen aber nur einen relativ kleinen Marktanteil. GlobalFoundries, der größte Auftragsfertiger in den USA, erwirtschaftet nur einen Bruchteil der Umsätze von TSMC (Taiwan) oder Samsung (Südkorea). Einen erheblichen Anteil ihrer Produktion haben US-Halbleiterkonzerne in den letzten Jahrzehnten an Foundries in Asien ausgelagert. Kamen 1990 noch etwa 37 Prozent der weltweiten Computerchips aus den USA, ist dieser Anteil 30 Jahre später auf 12 Prozent geschrumpft. Diese Angaben machte das Weiße Haus. Nur das Design besonders fortschrittlicher Chips findet noch immer überwiegend in den USA statt.

    Eine wichtige Stellung haben US-Unternehmen auch bei EDA-Software (Electronic Design Automation; für den Entwurf von Mikroelektronik), also Tools, die für die komplexe Entwicklung moderner integrierter Schaltkreise für Halbleiter substanziell sind. Einige der größten Halbleiterausrüster haben daher ihren Sitz in den USA, darunter Applied Materials, KLA und Lam Research.

    Mit dem USA-China-Tech-Streit steuert der Chipsektor auf einen Wendepunkt zu

    Lange Zeit galt die Halbleiterindustrie als gelungenes Beispiel für Globalisierung. Dieses Bild geriet ins Wanken, als 2018 der Technologiestreit zwischen den USA und China begann. Weiteren Tribut forderten dann 2020 der Lockdown und anhaltende Lieferkettenunterbrechungen durch das zeitlich versetzte Wiederhochfahren der Produktion in verschiedenen Teilen der Welt. Nicht nur Hersteller von Computern, Netzwerkgeräten, Smartphones und Unterhaltungselektronik gerieten in Bedrängnis, sondern auch die Autoindustrie. Darüber hinaus sorgten Wirbelstürme und heftige Wintereinbrüche für Stromausfälle und Unterbrechungen in der Produktion. 

    Damit die USA in der Halbleiterforschung und -entwicklung (FuE) auch weiterhin global führend bleiben, will die Regierung von Joe Biden erhebliche Finanzspritzen für diese Branche bereitstellen. Erste Fördermittel hat Washington bereits für das Haushaltsjahr 2021 freigegeben: Mit der Aufnahme des "CHIPS for America Act" in das Verteidigungshaushaltsgesetz (im Februar) können förderungswürdige Unternehmen oder Konsortien bereits Subventionen in Höhe von bis zu 3 Milliarden US-Dollar (US$) pro Halbleiterprojekt erhalten (maximal 10 Milliarden US$ pro Unternehmen).

    Dabei wird es gewiss nicht bleiben. Um langfristig die Chipproduktion in den USA zu erhöhen und führend bei Halbleitertechnologien der nächsten Generation zu bleiben, will die Regierung die US-Halbleiterindustrie in den Jahren 2022 bis 2026 mit weiteren 52 Milliarden US$ unterstützen. Die Fördermittel sind Teil eines insgesamt 250 Milliarden US$ umfassenden Pakets für FuE bei neuen Technologien. Der zugrundeliegende Gesetzentwurf (U.S. Innovation and Competition Act) hat bereits im Juni mit großer überparteilicher Mehrheit den US-Senat passiert.

    Mehr Unternehmen auf US-Boden erwünscht

    Ein erheblicher Teil des Geldes soll bereits 2022 in die Halbleiter-FuE fließen, aber auch Anreize für private Investitionen in die Produktion und Montage von Halbleitern und Komponenten bieten. Der US-Regierung liegt viel daran, mehr Unternehmen auch aus anderen führenden Halbleiternationen auf ihren Boden zu locken. Giganten wie Intel, TSMC, Samsung und GlobalFoundries, die bereits neue Chipfabriken in den USA angekündigt haben, werden hiervon profitieren. Intel will in den nächsten zehn Jahren für rund 100 Milliarden US$ eine sogenannte Mega-Fabrik aufbauen: ein Halbleiterwerk aus sechs bis acht Modulen für jeweils 10 Milliarden bis 15 Milliarden US$.

    Mit staatlichem Wohlwollen im Rücken plant der kalifornische Halbleitergigant außerdem den Einstieg ins Foundry-Geschäft. So will sich Intel unter anderem stärker als Auftragsfertiger für Unternehmen wie Nvidia positionieren. Denn Nvidia investiert selbst enorme Summen in den Ausbau seines Halbleitergeschäfts. Der Vorstoß in die Auftragsfertigung ist aber mit Skepsis zu betrachten. Denn selbst ein mächtiger Chipkonzern wie Intel dürfte es schwer haben, sich gegen etablierte Wettbewerber wie TSMC, Samsung, UMC oder GlobalFoundries durchzusetzen. Einen Bericht des Wall Street Journal von Juli 2021, nach dem Intel GlobalFoundries für 30 Milliarden US$ übernehmen wolle, dementierte das Management gegenüber der Fachpresse.

    Ausgewählte Investitionsprojekte in der Halbleiterindustrie in den USA

    Akteur/Projekt

    Investitionssumme in Milliarden US$

    Anmerkungen

    Intel / Bau von zwei neuen Chipfabriken in Arizona

    20

    Weitere rund 3,5 Milliarden US$ für die Aufrüstung bestehender Fabriken in New Mexico

    Samsung / Halbleiterwerk in Texas

    17

    Fertigung von 5-Nanometer-Chips ab 2024 geplant

    TSMC / Chipfabrik in Arizona

    10 bis 12

    Neben der Fertigung von 5-Nanometer- sind laut Pressemeldungen ein Werk für 3-Nanometer-Chips und möglicherweise noch mehr Chipfabriken geplant (für je weitere 23 Milliarden bis 25 Milliarden US$)

    GlobalFoundries / Bau einer zweiten Fabrik in der Nähe des bestehenden Halbleiterwerks Fab 8 im Bundesstaat New York

    1

    Finanzierung im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft, die Investitionen des Bundes und des Bundesstaates einschließt

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Von Heiko Steinacher | San Francisco

  • Strategien und Ziele: USA wollen bei Halbleiterfertigung führen

    Ein Blick zurück zeigt: Die Probleme in der Halbleiterlieferkette fingen nicht erst in der Pandemie an.

    Ganz viel davon hat mit dem Technologiestreit zwischen den USA und China zu tun. Alle Maßnahmen Washingtons zielten von Anbeginn direkt auf Pekings Ambitionen ab, in fortschrittlichen Fertigungstechnologien wie bei Halbleitern führend zu werden: Zunächst wurden die Investitionskontrollen verschärft, woraufhin kaum noch chinesisches Kapital ins Silicon Valley floss – vor allem, wenn es um Unternehmen ging, die Tätigkeiten in Verbindung mit kritischen Technologien ausübten. Mit der Aufnahme Huaweis auf eine "Entity List" im Mai 2019 wollten die USA dem chinesischen Netzwerkausrüster den Zugang zu Chips aus US-Produktion dann komplett kappen: US-Geschäftsbeziehungen von Unternehmen, die auf dieser schwarzen Liste landen, unterliegen strengen Kontrollen. Die Lieferung von Komponenten kann dadurch erheblich verzögert oder sogar gestoppt werden.

    Das Handelsbilanzdefizit der USA war ein Grund für die auf immer mehr Waren erhobenen US-Sonderzölle. Aber natürlich ging es dabei auch um China, unter anderem um den Streit um dort erzwungene Technologietransfers. Bereits die erste Welle der Sonderzölle zielte auf Rohstoffe für Chips, wie Silizium, sowie auf Reaktorröhren und -halterungen ab, die für die Waferproduktion bestimmt sind.

    Waferknappheit als Folge des Technologiestreits zwischen den USA und China

    Das führte bei einigen Wafergrößen zu einer Knappheit, die bis heute anhält. Als die USA dann 2020 auch Chinas größten Chipproduzenten SMIC auf die Entity List setzten, begannen chinesische Investoren damit, den Weltmarkt leer zu kaufen. Und das kann einer Industrie, die bisher auf Just-in-Time-Produktion gesetzt hat, erheblichen Schaden zufügen, wie sich in der Automobilproduktion zeigte: General Motors und Ford mussten wegen fehlender Bauteile die Produktion in dem Jahr bereits in einigen US-Werken mehrfach unterbrechen.

    US-Präsident Biden ist zwar offenbar dazu bereit, die Europäer stärker in die Chinapolitik einzubinden als sein Vorgänger Donald Trump. Was den Zugang Chinas zu US-Technologie betrifft, hat sich an der Position Washingtons aber wenig geändert: Auch Biden sieht Großteile der Politik Pekings als Bedrohung an. Und auch er denkt, dass weder die Europäer noch die Welthandelsorganisation richtig mit diesen Problemen umgehen. Bereits auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2021 sagte Biden deutlich, dass es einen langen strukturellen Konflikt mit China geben werde.

    Ebenfalls im Februar hat der US-Präsident eine hunderttägige Überprüfung angeordnet, um Lieferkettenengpässe in Schlüsselindustrien aufzudecken, darunter in der Fertigung von Halbleitern und Batterien für Elektroautos. Die Überprüfung bezog sich zwar nicht explizit auf China, ist aber Teil einer breiteren Strategie der Biden-Regierung, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit angesichts der zunehmenden Konkurrenz durch China zu stärken.

    Decoupling könnte für deutsche Unternehmen sehr teuer werden

    Für betroffene Branchen könnten infolgedessen bald strengere regulatorische Maßnahmen gelten. Die jüngst geplanten Verschärfungen der "Buy-American"-Anforderungen würden die Halbleiterindustrie bereits treffen, da es dabei immer mehr um als kritisch eingestufte Waren geht. So sollen Hersteller in den USA zum Beispiel nichtheimische Anteile ihrer Endprodukte noch stärker offenlegen als bisher. Außerdem wurde die Entity List verlängert und ausgeweitet. Im Juni kündigte die US-Regierung dann eine neue "Supply Chain Trade Strike Force" unter Leitung der US-Handelsbeauftragten an, die nach Verstößen suchen soll, die zu einer Aushöhlung der Lieferketten beigetragen haben und die mit Handelsmaßnahmen gekontert werden könnten.

    Mit Blick auf die Ereignisse des Jahres 2019 im Zusammenhang mit Huawei lässt sich zumindest nicht ausschließen, dass die USA eines Tages einmal den Import von Waren erschweren könnten, die aus ihrer Sicht zu viele chinesische Komponenten enthalten. Das dürfte dann vor allem Unternehmen betreffen, die Überschneidungen mit Schlüsselbranchen haben: zum Beispiel Pharmaproduzenten, die Grundstoffe aus China importieren und die ihre Erzeugnisse auch in die USA verkaufen, oder etwa bei Elektroautos: Selbst Panasonic, LG und SK Innovation – also genau die wenigen Firmen, die in den USA industrielle Anlagen für die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien haben – fertigen Batterieteile in China und müssen diese bisher importieren. Deshalb investieren US-Autobauer hohe Summen in die Forschung und Entwicklung (FuE) eigener Lithium-Ionen- und Feststoff-Akkus, die einmal höhere Reichweiten haben und längerfristig die Batteriekosten senken sollen.

    Auf FuE liegt auch bei Halbleitern viel Hoffnung – also dass es in Zukunft eben noch effektivere Halbleiter geben könnte, Made in USA, womöglich aus anderen Materialien als Silizium. Die Wiederbelebung der heimischen Halbleiterproduktion ist zwar ein langfristiges Unterfangen. Dennoch könnten Exporteure sich eines Tages damit konfrontiert sehen, entweder nur noch unter erschwerten Bedingungen in die USA liefern zu können oder sich nach neuen und möglicherweise teureren Lieferanten umsehen zu müssen.

    Mittelfristig setzen die USA auf ein Bündnis mit anderen Halbleiternationen

    Mittelfristig setzt die Biden-Regierung auch auf eine Strategie der Technologieallianz, um eine widerstandsfähige Halbleiterlieferkette aufzubauen. Dabei dürfte sich Bidens Bündnisstrategie stark auf Japan, Taiwan und Südkorea stützen, da diese Länder eine strategische Position in der globalen Lieferkette einnehmen. Kein leichtes Unterfangen: Denn zum einen wollen die USA ihre Abhängigkeit von Taiwan bei High-End-Chips reduzieren, zum anderen müssen sie den Inselstaat in das Bündnis einbeziehen, da der auf absehbare Zeit eine wichtige Säule der globalen Chipproduktion bleiben dürfte. Zudem hat Japan 2019 schon einmal die Ausfuhr einiger Chemikalien für die südkoreanische Halbleiterindustrie blockiert, was sich in einem funktionierenden Bündnis nicht wiederholen dürfte.

    Von Heiko Steinacher | San Francisco

  • Rahmenbedingungen

    Halbleiter unterliegen diversen nationalen Bestimmungen zu Exportkontrollen.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Durch das Information Technology Agreement (ITA) sind IKT-Produkte, Halbleiterprodukte inbegriffen, weitgehend zollfrei. Dem Abkommen sind 82 WTO-Mitglieder beigetreten, die für 97 Prozent des Welthandels mit diesen IKT-Produkten stehen.

    Informationen zu Exportkontrollen finden Sie bei den zuständigen Exportkontrollbehörden der Länder wie dem  Bureau of Industry and Security (BIS) und Office of Foreign Assets Control (OFAC). 

     

     

     

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    Deutsch-Amerikanische Handelskammer (AHK USA)

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Der Delegierte der Deutschen Wirtschaft/Representative of German Industry and Trade - RGIT

    Verbindungsbüro des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) in Washington, D.C.

    Department of Commerce (DOC)

    US-Handelsministerium

    National Institute of Standards and Technology (NIST)

    Bundesbehörde, betreibt u.a. Forschungseinrichtungen in der Bio-, Informations- und Nanotechnologie

    United States Trade Representative (USTR)

    Amt der Handelsbeauftragten, zuständig für die internationale Handelspolitik

    World Semiconductor Trade Statistics (WSTS)

    Globale Halbleiterstatistik

    Global Semiconductor Alliance (GSA)

    Branchenverband

    Semiconductor Industry Association (SIA)

    Halbleiterindustrieverband

    TechNet

    Nationales Netzwerk von Führungskräften der Innovationswirtschaft

    Semiconductor Equipment and Materials International (SEMI)

    Industrieverband

    Semiconductor Research Corporation (SRC) 

    Halbleiterforschungsgesellschaft, u. a. Nanoelectronics Research Initiative (NRI; FuE-Programm der USA für Halbleiter)

    EE Times

    Fachzeitschrift für die Elektronikindustrie

    Solid State Technology

    Fachzeitschrift für die Halbleiterindustrie

    Semiconductor Daily News

    Branchenportal

    SEMICON West

    Internationale Halbleiterindustriemesse, nächster Termin: 7.-9.12.21, San Francisco

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