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Wirtschaftsumfeld | USA | Direktinvestitionen

Immer mehr deutsche Unternehmen investieren in den USA

Deutsche Firmen bauen ihre US-Werke aus oder errichten dort neue. Der Streit mit China befeuert die Entwicklung. Jüngstes Beispiel ist BMW.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

BMW investiert in den USA 1,7 Milliarden US-Dollar (US$) in den Ausbau der Elektromobilität: davon 1 Milliarde US$ in die Umrüstung seines Werks in Spartanburg, South Carolina, den Rest in ein Montagezentrum für Batterien im nahegelegenen Woodruff. Bis zum Jahr 2030 sollen in Spartanburg mindestens sechs vollelektrische BMW-X-Modelle vom Band rollen.

Voraus geht, dass der deutsche Autobauer im laufenden Jahr einen Teil der X5-Produktion aus den USA nach China verlagerte, wohin er das Modell zuvor großenteils exportiert hatte. Angesichts der Spannungen zwischen den beiden Ländern hat das Management offenbar umgedacht.

Ausländische Autobauer sehen sich durch das US-Klimapaket diskriminiert

Andererseits treiben die USA unter Präsident Joe Biden den Ausbau der Elektromobilität massiv voran, wovon die Autokonzerne profitieren wollen. Allerdings benachteiligen die USA ausländische Anbieter bei E-Autos. Um in den Genuss staatlicher Subventionen im Rahmen des neuen US-Klimapakets (Inflation Reduction Act of 2022; IRA) kommen zu können, muss ein Anteil der Batteriemineralien in den USA oder einem Freihandelspartnerland abgebaut, verarbeitet oder recycelt worden sein. Der geforderte Anteil steigt von zunächst 40 Prozent schrittweise auf 80 Prozent zum Jahresende 2026 an.

Fernerhin muss die Endmontage der Autos in den Vereinigten Staaten oder in einem Land erfolgen, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen haben. Kfz-Unternehmen in Japan und Südkorea, aber auch in Europa, sehen sich dadurch diskriminiert. Mehrere Länder erwägen deshalb, bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die USA zu klagen.

Freihandelsabkommen mit der EU dürfte es so schnell nicht geben

Zwischen der EU und den USA besteht kein Freihandelsabkommen. Die TTIP-Verhandlungen (Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft) wurden 2016 auf Eis gelegt. Ein neues Abkommen ist auch nicht so schnell zu erwarten: Die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai will zwar, dass sich die USA und die EU in Handelsfragen eng miteinander abstimmen, lehnt aber neue Gespräche über ein Freihandelsabkommen ab.

Auch vor diesem Hintergrund ist die BMW-Investition zu sehen. Mercedes-Benz und Volkswagen (VW) verhalten sich ähnlich: So nahmen die Stuttgarter im März eine Batteriefabrik für ihr Alabama-Werk in Betrieb und wollen - ebenso wie BMW - künftig gemeinsam mit dem japanischen Zulieferer Envision AESC Zellen in den USA produzieren. VW eröffneten im Juni an seinem Standort in Tennessee ein Batterielabor; zudem will der Konzern bis 2027 mehr als 7 Milliarden US$ in Zulieferpartnerschaften in Nordamerika investieren.

Der Technologiestreit zwischen den USA und China beeinflusst strategische Entscheidungen global ausgerichteter Unternehmen erheblich. Sie versuchen, ihre Abhängigkeit vom Land der Mitte zu reduzieren, zumal die USA verstärkt Unternehmen unter die Lupe nehmen, die in China aktiv sind. Der parteiübergreifend unterstützte „National Critical Capabilities Defense Act“ soll US-Unternehmen daran hindern, in chinesische Technologieunternehmen zu investieren. Wenn das Gesetz verabschiedet wird, müssten ausländische Firmen in Schlüsselindustrien wie Pharma, Künstliche Intelligenz (KI), Halbleiter und Batterietechnik Investitionen, die sie in China tätigen, auch in den USA anmelden, wenn sie mit US-Partnern Geschäfte machen.

Energiekrise in Europa beschleunigt das derzeitige Reshoring

Dass immer mehr Firmen aus Deutschland und Europa ihre Produktion in den USA ausbauen oder neu aufbauen, hat aber noch ganz andere Gründe. Der gewichtigste sind wohl die in Europa massiv gestiegenen Energiepreise.

Vergleichsweise niedrige Energiekosten waren auch in den vergangenen Jahren ein Argument für energieintensive Branchen, eine Niederlassung in den USA zu prüfen. Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine steigen zwar auch die Preise in den USA, jedoch nicht so stark wie in Deutschland. Vor allem Betriebe der Aluminium-, Chemie-, Glas-, Keramik-, Stahl- und Zementindustrie erwägen daher ihre US-Standorte zu stärken. Nur zwei Beispiele: BASF will in Nordamerika bis 2026 fast 4 Milliarden US$ investieren, ArcelorMittal drosselt die Produktion in zwei deutschen Werken und erhöht sie in seinem Werk in Texas.

US-Südstaaten werben um deutsche Unternehmen

Vor allem südliche US-Bundesstaaten nutzen diese Situation und bieten neben günstiger Energie gleich auch Steuererleichterungen und andere Hilfen an. Besonders rührig ist Oklahoma: So haben die deutschen Unternehmen Lufthansa, Aldi, Fresenius und Siemens laut Handelsblatt dort zusammen rund 300 Millionen US$ in den Ausbau ihrer US-Niederlassungen investiert. Einem Focus-Bericht zufolge schicken die Bundessstaaten sogar Personal nach Deutschland, um die Bedarfe deutscher Unternehmen zu ermitteln und ihnen dadurch den Start in den USA zu erleichtern.

US-Südstaaten punkten bei europäischen Herstellern auch durch niedrigere Löhne und einen geringeren gewerkschaftlichen Organisationsgrad im Vergleich zu vielen anderen Landesteilen. Zudem wollen viele Unternehmen näher an ihren nordamerikanischen Kunden produzieren und sie beziehen auch mehr Teile vor Ort, selbst wenn sie dann teurer sind. Denn: „Die Lieferzeit per Seeweg aus Asien hat sich gegenüber der Vor-Corona-Zeit in etwa verdoppelt - und der Zeitfaktor ist oft schlimmer als die Zusatzkosten, etwa durch Diversifizierung der Lieferquellen“, sagt Bernd Fischer, Chief Executive Officer (CEO) von KS Kolbenschmidt U.S., Teil der Rheinmetall-Gruppe. Der Zulieferer stellt in seinem Werk in Marinette, Wisconsin, Aluminium- und Stahlkolben her und hat wie so viele damit zu kämpfen, dass die sensiblen Lieferketten nicht mehr synchronisiert sind.

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