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Wirtschaftsumfeld | USA | Klimaschutz

US-Kommunen legen beim Klimaschutz nach

Für deutsche Planungsbüros und Komponentenhersteller gibt es in den USA umfangreiche Geschäftschancen. Gefragt sind die Bereiche Klimaschutz, Luft-, Boden- und Wasserreinhaltung.

Von Ullrich Umann | Washington, D.C.

In den kommenden fünf Jahren sollen in den USA kumuliert 1,2 Billionen US-Dollar (US$) in die Modernisierung und den Ausbau der Infrastruktur fließen. Darüber hinaus sind Maßnahmen zur Verringerung des Kohlendioxidausstoßes sowie zur Luft-, Boden- und Wasserreinhaltung geplant. Die Gelder stammen aus dem Infrastrukturpaket, das die US-Regierung im November 2021 beschlossen hat.

Das Paket wird zahlreiche Projekte anstoßen. Viele der Vorhaben werden naturgemäß auf kommunaler Ebene umgesetzt, konzentrieren sich doch gerade hier viele Anwendungsfelder. Unterstützung bei der Kontaktanbahnung zu Kommunen bieten die regionalen Niederlassungen der Deutsch-Amerikanischen Handelskammern (AHK USA).

Städteranking für saubere Energie

Eine hilfreiche Orientierung für deutsche Unternehmen, die sich an Projekten beteiligen wollen, stellt der Jahresbericht Clean Energy Scorecard 2021 des American Council for an Energy-Efficient Economy (ACEEE) dar. Das gemeinnützige Forschungsinstitut mit Sitz in Washington, D.C., untersuchte dafür die 100 größten US-Metropolen hinsichtlich ihrer kommunalen Energie-, Transport- und Baupolitik. Bewertet wurden die Städte in fünf Kategorien: gemeindeübergreifende Initiativen, Baupolitik, Verkehrspolitik, Energie- und Wasserversorgung sowie kommunale Verwaltungstätigkeit. Im Fokus der Untersuchung stehen Ballungsräume, dort aber jeweils maximal zwei Städte mit 250.000 und mehr Einwohnern. Außerhalb von Ballungsräumen werden Städte mit mindestens 100.000 Einwohnern berücksichtigt.

Die Analyse des ACEEE zeigt: Die meisten US-Großstädte schneiden bei der Umstellung auf saubere Energiearten und bei der Treibhausgaseindämmung bislang schlecht ab. Stefen Samarripas, Local Policy Manager bei ACEEE und Hauptautor des Berichts, sieht im Verkehr das größte Problem. Dieser ist in den USA für einen Großteil der CO₂-Emissionen verantwortlich. "Die meisten Städte haben sich noch kein Ziel zur Verringerung des Autoverkehrs oder der Verkehrsemissionen gesetzt", sagte Samarripas gegenüber dem Portal governing.com: "Und von denen, die es getan haben, zeigen nur wenige Fortschritte."

San Francisco ist Spitzenreiter

Positive Beispiele gibt es dennoch. So belegt San Francisco den Spitzenplatz im Ranking, unter anderem in der Rubrik innovative Verkehrspolitik. Die Stadt punktet unter anderem durch die Einrichtung einer Ladeinfrastruktur für Elektroautos und ein eigens für dieses Anwendungsfeld entwickeltes Ausbildungsprogramm. Positiv bewertet werden außerdem die aktive Förderung des öffentlichen Personennah- und Fahrradverkehrs sowie die Einrichtung einer autofreien Zone in der Innenstadt.

Auf den weiteren Plätzen im Gesamtranking lagen Seattle, Washington D.C. und Minneapolis. Auffällig ist der große Abstand der Spitzengruppe zu den nachfolgenden Städten. Nur 14 Städte erreichten eine Punktzahl von 50 oder mehr von insgesamt 100 möglichen. Die schlechtesten 14 Städte wiesen sogar weniger als 10 Punkte auf; etwas mehr als 50 Gemeinden blieben bei unter 30 Punkten.

Deutsche Erfahrungen bieten Geschäftsvorteile

Der mehr als 200 Seiten starke Jahresbericht des ACEEE enthält zahlreiche Beispiele für politische Maßnahmen und Praktiken in den verschiedenen Kommunen, die einen Benchmark für alle andere Städte darstellen. "Auf diese Weise können Städte sehen, was andere tun", betont Stephen Samarripas: "Wenn es eine Politik oder ein Programm gibt, mit dem einige Städte nicht vertraut sind, erklären wir, warum es wichtig ist, diese Wissensdefizite abzubauen."

Für deutsche Unternehmen bietet die Untersuchung zahlreiche Ansatzpunkte, mit US-Kommunen zusammenzuarbeiten. Zwar sind eine Reihe von Vorhaben bereits in Planung. Doch lässt das gewaltige Finanzierungsvolumen des Infrastrukturpakets der US-Regierung genügend Raum für zusätzliche Vorschläge. Nicht nur Ingenieur- und Beratungsfirmen können bei den ausschreibenden und planenden Stellen mit Geschäftsangeboten vorstellig werden. Auch für deutsche Komponentenhersteller bieten sich Chancen. Die großen Fortschritte, die in Deutschland in den Bereichen Umwelt- und Klimapolitik erzielt wurden, sind in den USA hinreichend bekannt. Darauf können deutsche Angebote aufbauen. 

Ausgewählte Kommunalprojekte zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes

Projekt

Investition (in Mio. US$)

Projektstand

Anmerkung

Ausbau des S-Bahnnetzes, Baltimore, Maryland

3.400

Durchführung

Stadtverwaltung Baltimore

Flottenumstellung auf Elektrofahrzeuge, New York City, State of New York

420 

Planung

NYC Department of Citywide Administrative Services (DCAS) 

Ladestationen für Elektrofahrzeuge, Boulder, Colorado

57

Planung

Stadtverwaltung Boulder

Reduktion des CO2-Ausstoßes, Irvine, Kalifornien

1

Planung

Stadtverwaltung Irvine

Umstellung auf Solarenergie, Athens, Ohio

0,1

Planung

Stadtverwaltung Athens

Ladestationen für Elektrofahrzeuge, Centerville, Ohio

0,037

Planung

Stadtverwaltung Centerville

Quelle: Pressemitteilungen

Neue Benchmarks für moderne Kommunalentwicklung

US-Städte müssen in ihrer Verkehrs-, Bau- und Energiepolitik künftig Aspekte wie Minderheitenförderung und Sozialgerechtigkeit mehr berücksichtigen. Das sollten auch deutsche Anbieter beachten. Die amerikanische Bundesregierung betont, dass sie bei der Freigabe von Fördergeldern die Einbeziehung von Sozial- und Minderheitenkomponenten überprüft.

Laut dem ACEEE schnitt die übergroße Zahl der Städte mit ihren Gleichstellungsbemühungen 2021 längst noch nicht gut ab. Mehr als 20 Städte berücksichtigten die nationale und soziale Gerechtigkeit weder in ihren Entwicklungsstrategien noch in ihrer kommunalen Energiepolitik. Ausnahmen bilden einige wenige Kommunen: Sie fahren Energieeffizienzprogramme für einkommensschwache Haushalte, subventionieren öffentliche Verkehrsmittel und bauen Sozialwohnungen in der Nähe von Haltestellen und Bahnhöfen.

Minneapolis erhielt in der Kategorie Gleichstellungsbemühungen mit 12 Punkten die höchste Punktzahl. Die Bemühungen reichen von einer integrativen Beschaffungspolitik über die Einbeziehung von Gemeindemitgliedern in beratende Arbeitsgruppen bis hin zum Bau erschwinglicher Passivhäuser auf leerstehenden Grundstücken. Aus dem Klimaaktionsplan der Stadt ist zudem die sogenannte „Green Zones Initiative“, hervorgegangen. Sie unterstützt die wirtschaftliche Entwicklung und die Gesundheit in sozial schwachen Stadtteilen und Gemeinden, die zusätzlich am stärksten von schlechter Luftqualität und Umweltverschmutzung betroffen sind.

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