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Bedeutende Tiefbauprojekte kommen voran
Die Bauwirtschaft in den VAE erholt sich und verspricht ein kräftiges Wachstum. Die steigenden Ölpreise bieten der Regierung Spielraum, um Großprojekte weiter voranzutreiben.
06.07.2022
Von Heena Nazir | Dubai
Der Bausektor in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hat im Jahr 2021 an Dynamik zugelegt. Der Datenbank MEED zufolge betrug der Gesamtwert der Projektvergabe in dem Golfstaat im Jahr 2021 circa 24,3 Milliarden US-Dollar (US$). Das entspricht einem Zuwachs von 51,5 Prozent gegenüber 2020. Dieser positive Trend soll sich laut Experten auch im laufenden Jahr fortsetzen. Im 1. Halbjahr 2022 wurden bereits Vorhaben im Wert von 7,9 Milliarden US$ vergeben. Damit liegen die Emirate in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 im regionalen Vergleich hinter Saudi-Arabien (24,3 Milliarden US$), aber vor allen anderen Ländern des Golfkooperationsrates (Bahrain, Katar, Kuwait und Oman).
Entsprechend ergeben sich für potenzielle Investoren attraktive Perspektiven. Dubai sorgt mit der Planung von Großprojekten wie Marsal Al Arab, zwei künstlichen Inseln für Freizeiteinrichtungen, dem Dynamic-, Creek-Tower und Ciel-Tower, dem Burj Jumerah sowie einem neuen Megahafen weltweit für Superlativen. Doch auch viele Tiefbauvorhaben mit Schlagzeilen geringerer Aufmerksamkeit sind nicht minder zukunftsträchtig.
Zahlreiche Projekte angekündigt
Die Regierung der VAE weiß um die Bedeutung der Passagier-, Transport- und Lagerlogistik für eine moderne Wirtschaft. In diesen Sektor fließen jedes Jahr Milliardeninvestitionen. Um ihre führende Position zu verteidigen, entwickelt sich die Branche aktiv weiter.
Im 4. Quartal 2021 gaben die Abu Dhabi National Energy Company und die Abu Dhabi National Oil Company bekannt, gemeinsam das erste Unterwasser-Stromübertragungsnetz der Region zu realisieren. Das Vorhaben hat ein Volumen von 3,6 Milliarden US$. Der Offshore-Betrieb wird über zwei Stromverbindungen mit einer Länge von bis zu 140 Kilometern an das Onshore-Stromnetz in den VAE angeschlossen. Das Projekt ist ein Meilenstein, um bis 2050 CO2-neutral zu produzieren.
Etihad Rail wird vorangetrieben
Die Emirate haben sich zum Ziel gesetzt, den Güterverkehr vermehrt von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Entscheidend dafür ist der Ausbau des nationalen Eisenbahnprogramms der Etihad Rail, einem Staatsunternehmen mit Sitz in Abu Dhabi. Insgesamt soll ein Netz von 1.200 Kilometern entstehen. Das Vorhaben hat einen Gesamtwert von circa 11 Milliarden US$ und soll bis 2030 fertiggestellt werden.
Die erste Phase wurde bereits 2016 abgeschlossen. Etihad Rail arbeitete beim Bau einer 264 Kilometer langen Schienenstrecke von den Bergbauminen in Sha bis zur Hafenstadt Ruwais am Persischen Golf mit der Deutschen Bahn (Etihad Rail DB) zusammen. Auf dieser Strecke befördern Güterzüge inzwischen rund 11.000 Tonnen Schwefelgranulat pro Zug.
Die zweite Stufe ist noch in der Bauphase. Die Hauptstrecke soll über Ghuwaifat an der Grenze zu Saudi-Arabien über Abu Dhabi und Dubai nach Fujairah verlaufen, mit Abzweigungen zu den Häfen Khalifa in Abu Dhabi und Jebel Ali in Dubai. Im Jahr 2021 wurde mit der Verlegung der Schienen begonnen. Erschwert wird das Projekt durch die Hitze, den sandigen Untergrund und die Gebirge im Osten.
Künftig soll das Eisenbahnnetz der VAE elf Städte von der saudischen Grenze Al Sila bis Fujairah verbinden und neben dem Güterverkehr bis 2030 mehr als 36,5 Millionen Passagiere pro Jahr befördern. Im März 2022 wurde der Bau der Teilstrecke von Abu Dhabi nach Dubai abgeschlossen, bislang aber noch nicht in Betrieb genommen.
In Phase 3 sollen unter anderem eine Strecke zur omanischen Grenze (bei Al Ain) und Verbindungen in die nördlichen Emirate Ras Al Khaimah und Ajman realisiert werden.
VAE bauen Waste-to-Energy-Anlagen
Die Golfmonarchie setzt sich eine Verwertungsquote von Abfällen von nahezu 100 Prozent (Zero Waste to Landfills) zum Ziel. Dabei setzt das Land auch auf Waste-to-Energy-Anlagen (WtE-Anlagen) zur Energiegewinnung aus Abfall. Sie helfen dabei, Treibhausgase zu reduzieren, und sind im Vergleich zu Deponien umweltfreundlicher.
Eine 150-Megawatt-Anlage entwickelt in Abu Dhabi die Abu Dhabi National Energy Company PJSC (Taqa) in Abstimmung mit dem Abu Dhabi Waste Management Center (Tadweer). Noch befindet sich das Vorhaben in Planung. Die Anlage soll in der Lage sein, 600.000 Tonnen bis 900.000 Tonnen Müll zu verarbeiten und damit genug Strom für über 20.000 Haushalte zu erzeugen. So sollen die CO2-Emissionen jährlich um mehr als 1 Million Tonnen reduziert werden. Das Projekt wird in der Nähe des Mussafah-Seehafens errichtet und mit einer Fläche von 100.000 Quadratmetern zu den weltweit größten Müllverbrennungsanlagen gehören.
Ab 2024 soll Dubai über die größte Anlage zur Umwandlung von Abfall in Energie im Nahen Osten verfügen. Diese wird in Al Warsan für 1,1 Milliarden US$ gebaut. In der ersten Betriebsphase werden täglich 2.000 Tonnen Müll verarbeitet und dabei rund 60 Megawatt (MW) Energie produziert.
Das Emirat Sharjah baut in der Region Sajja eine WtE-Anlage, die 400.000 Tonnen Abfall pro Jahr in 80 Megawatt Strom umwandelt. Ras Al Khaimah verfolgt das Ziel, bis 2040 mindestens 2 Prozent des Primärenergiebedarfs aus Abfall zu decken.
Klimaziele mit neuem Energiemix
Bis 2050 sieht die Golfmonarchie vor, den Anteil der mit Gas und Kohle befeuerten Kraftwerke von 95 Prozent im Jahr 2019 auf 50 Prozent zu reduzieren. Zu den angestrebten "Clean Energy Sources" wird auch Kernkraft gezählt, die zukünftig 25 Prozent des Strombedarfs decken soll. Mit einer Kapazität von über 5 Gigawatt wird ein Kernkraftwerk in Abu Dhabi (Baraka) voraussichtlich 2023 fertiggestellt und den Betrieb aufnehmen. Rund 75 Prozent der Investitionssumme von 3,4 Milliarden US$ stammen aus China.
PPP-Projekte rücken in den Vordergrund
Die VAE wollen den Privatsektor stärker als bisher über Public-private-Partnerships (PPP) an der Finanzierung beteiligen. Dieser Trend ließ sich bisher vor allem im Energiesektor mit garantierten Abnahmeverträgen realisieren. Gebaut wird mit dieser Finanzierung etwa die erste Meerwasserentsalzungsanlage in Dubai, die 2024 in Betrieb gehen dürfte.
Projektbezeichnung | Investition | Projekt-stand *) | Projektträger |
---|---|---|---|
Bur Dubai: Strategic Sewerage Tunnel | 4.500 | FEED | |
Deira: Strategic Sewerage Tunnel | 2.900 | FEED | |
Abu Dhabi Island to Al-Ain New Passenger Rail Link | 2.720 | DE | |
Mirfa Seawater Treatment Plant | 2.500 | A | |
Al-Nouf Seawater Treatment Plant | 2.000 | A | |
High-Speed Rail Line Connecting Abu Dhabi With Dubai | 1.500 | ST | |
Al Dhafra Waste-To-Energy Project | 600 | PQ | Emirates Water and Electricity Company (EWEC) / Abu Dhabi Waste Management Centre (TADWEER) |
MBRM Solar Park: Future Projects: Hassyan Sea Water Reverse Osmosis (SWRO) 2029 | 400 | ST | |
Etihad Railway Network: Phase 3 | 400 | DE | |
Jebel Ali K Power Station: Phase 3 | 300 | AW |