Die Ausbauziele für die kommenden Jahre sind hoch, genau wie die Förderzusagen der britischen Regierung.
Offshore-Wind zentrales Element bei der Dekarbonisierung
Das Vereinigte Königreich ist nicht nur der weltweit zweitgrößte Produzent von Offshore-Windstrom. Auch in den kommenden Jahren sind ambitionierte Kapazitätszuwächse für Offshore-Wind vorgesehen. In der im Oktober veröffentlichten "Net Zero Strategy: Build back greener" bekräftigte die britische Regierung abermals, dass die Offshore Windkapazitäten bis 2030 auf 40 Gigawatt steigen sollen. Damit kommt der Offshore Energie eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung des britischen Stromnetzes, die bis 2035 erfolgen soll, zu.
Das angestrebte Ausbauziel für Offshore-Wind bedeutet eine Vervierfachung der Offshore-Windkapazitäten. Die Möglichkeiten hingegen sind noch viel größer. Allein Schottlands Meerfläche ist mit über 463.263 Quadratkilometern mehr als achtmal so groß wie das Deutschland zur Verfügung stehende Gebiet, so die Berechnungen des nordschottischen Offshore-Windenergieclusters DeepWind. Das Exzellenzcluster Offshore Renewable Energy Catapult (ORE) beziffert die potenziellen Offshore-Kapazitäten auf 600 bis 1.000 Gigawatt.
Die Crown Estate vergibt in regelmäßigen Ausschreibungsrunden Leasingverträge für den zu nutzenden Meeresboden. In der derzeit für England und Wales laufenden vierten Runde werden sechs Projekte mit einer Kapazität von insgesamt 8 Gigawatt ermöglicht. Hinzu kommen 10 Gigawatt, die einer ähnlichen Ausschreibungsrunde von ScotWind Leasing entspricht und von Crown Estate Scotland ausgerichtet wird.
Die britische Regierung kündigte in ihrer letzten Spending Review im Herbst 2021 Investitionen von umgerechnet insgesamt 446 Millionen Euro in Offshore-Windkraft an. Rund 270 Millionen Euro des Global Britain Investment Funds sollen in den Kapazitätsausbau und das 40 Gigawatt-Ziel gesteckt werden. Bereits im vergangenen Jahr kündigte die Regierung weitere 188 Millionen Euro in den Ausbau der Häfen und regionaler Infrastruktur an. Diese Investitionen wurden abermals bekräftigt. Bereits Anfang des Jahres veröffentlichte die britische Regierung Investitionspläne zum Bau zwei neuer Windhubs in Humber und Teesside.
Branchenorganisationen begrüßen die Investitionszusagen zwar, geben aber zu bedenken, dass der Windkraftausbau aufgrund der hohen Ausbauziele schneller vorangetrieben werden müsse. Der Branchenverband RenewablesUK veröffentlichte im Oktober 2021 einen Bericht, laut dem allein beim Ausbau von Onshore-Windkraft jährlich 650 Megawatt an Kapazitäten zu wenig genehmigt werden, um die britischen Klimaziele bis 2050 zu erreichen.
Start der nächsten CfD-Runde im Dezember
Im Rahmen der kommenden CfD-Ausschreibungsrunde hat die britische Regierung angekündigt, 310 Millionen Euro in erneuerbare Energien zu investieren. Damit wäre die vierte Runde des Programms mit einer geplanten Ausbaukapazität von 12 Gigawatt die bisher größte Förderrunde. Die Ausschreibungsrunde startet voraussichtlich im Dezember 2021. Ein Großteil des Fördervolumens ist für den Ausbau von Offshore-Windkraftanlagen vorgesehen. Förderwillig sind zudem Onshore- sowie Floating-Windprojekte. Anpassungen am Regelwerk des Förderschemas in diesem Jahr konkretisieren die Ziele eines lokalen Wertschöpfungsanteils ("Local Content") von 60 Prozent.
Windprojekte im Vereinigten Königreich (Auswahl)Projektbezeichnung (Standort bzw. On/Offshore) | Leistung (MW) | Unternehmen | Status | Investitionsvolumen (in Mrd. Euro) |
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Cerulean Offshore Floating Wind Project (200 Turbinen), westlich der Shetlandinseln | 3.000 | Cerulean Winds Ltd | Studienphase | 11,7 |
Doggerbank A, B und C Offshore Windpark, Nordostküste England | 3.600 | Doggerbank Wind Farm, A und B (Joint Venture: Equinor, SSE Renewables und Eni); Doggerbank C (Joint Venture: Equinor und SSE Renewables | Realisierung in drei Bauphasen; geplanter Offshore-Baustart des ersten Projekts: 2022; geplante Fertigstellung von A: 2023, B: 2024 | 7,01) |
Hornsea Three Offshore Windpark, Küste vor Norfolk | 2.400 | Orstead Hornsea Three Project (UK) Ltd | Genehmigung zum Bau im Dezember 2020 erhalten | 5,9 - 9,4 |
Berwick Bank Offshore Windpark, Küste vor East Lothian, Schottland | 2.300 | SSE Renewables | Studienphase | k.A. |
East Anglia Three Offshore Windpark, Küste vor East Anglia | 1.400 | ScottishPower Renewables (gehört zu Iberdrola Group) | Geplanter Baubeginn: 2023; bevorzugter Zulieferer: Siemens Gamesa | k.A. |
Inch Cape Offshore Windpark, Küste vor Angus, Ostschottland | 1.000 | Joint Venture: Inch Cape Offshore Ltd und Red Rock Power Ltd | Genehmigung zur Entwicklung im Frühjahr 2019 erhalten | k.A. |
East Anglia Two Offshore Windpark, Küste vor East Anglia | 900 | ScottishPower Renewables | Studienphase | k.A. |
Moray West Offshore Windpark, Moray Firth, Schottland | 850 | Joint Venture: EDP Renewables und ENGIE | Studienphase | k.A. |
Awel Y Môr Offshore Windpark, walisische Nordküste | 500 | RWE Renewables UK | Studienphase | k.A. |
*) geschätzte Projektkosten für A und BQuelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2021
Floating Wind: 1 Gigawatt Kapazität bis 2030
Schwimmende Windanlagen ermöglichen den Bau von Windkraftanlagen in deutlich tieferen Meeresgewässern, vor allem rund um die Küsten von Schottland und Wales. Bis 2030 soll eine Kapazität von 1 Gigawatt entstehen, was der neunfachen weltweiten Kapazität entspricht. Hierfür stellt die Regierung umgerechnet rund 180 Millionen Euro für Entwickler und Hersteller bereit. Bereits 2017 wurde in Schottland die erste Anlage in Betrieb genommen. Weitere Projekte sind geplant, die Kapazität ist jedoch meist sehr gering. Mit dem Floating Offshore Wind Centre of Excellence bietet das Offshore-Cluster ORE Catapult einen guten Anlaufpunkt für interessierte deutsche Firmen entlang der Wertschöpfungskette.
Seit September 2021 in Betrieb ist das Projekt Kincardine array, welches mit fünf Turbinen eine Kapazität von 50 Megawatt hat. Der Windpark soll jährlich etwa 200.000 Megawattstunden liefern.
Branchenverbände kritisieren das bisherige 1 Gigawatt-Ziel als zu unambitioniert. Laut Einschätzung von ORE ist die geplante Kapazität zu gering, um Investitionen in die britische Infrastruktur oder Wertschöpfungskette anzulocken. Laut einer Studie der Branchenverbände Scottish Renewables und RenewableUK könnten bis zu 75 Gigawatt an Floating Offshore Wind in britischen Gewässern installiert werden.
Aufwind durch grünen Wasserstoff
Die Offshore-Windkraft profitiert auch von der Energiewende in der britischen Industrie. Erst im August stellte die britische Regierung die neue Wasserstoffstrategie vor. Hiernach sollen bis 2030 Produktionskapazitäten für 5 Gigawatt kohlenstoffarme Wasserstoffproduktion entstehen.
Das Potenzial ist weitaus größer. Laut den Analysten von Corwall Insight bietet die britische Wasserstoffwirtschaft bis 2030 eine Investitionsmöglichkeit von rund 23 Milliarden Pfund. Damit könnte ein Jahresbedarf von 10 Terawattstunden gedeckt werden. Bis 2050 könnte die Industrienachfrage sogar bei 37 Terawattstunden liegen. Eine aktuelle Studie des ORE Catapult schätzt, dass bis 2050 rund 240 Gigawatt Offshore Wind für die Produktion von grünem Wasserstoff eingesetzt werden könnte.
Erst Mitte Oktober gaben der britische Energieversorger Octupus Energy und Renewable Energy Systems (RES) bekannt, bis 2030 rund 3,5 Milliarden Euro in grüne Wasserstoffprojekte im Vereinigten Königreich zu investieren. Dadurch soll die Abhängigkeit vom volatilen Gaspreis gemindert werden.
Von Charlotte Hoffmann
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