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Wirtschaftsumfeld | Entwicklungsländer | Ausschreibungs- und Beschaffungswesen

Neue Beschaffungsvorgaben der Weltbank versprechen viele Vorteile

Aufträge aus Weltbankprojekten sollen nachhaltiger und langfristig günstiger werden. Mehr Engagement von Qualitätsanbietern aus Industrieländern ist erwünscht. 

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Weltbank-Projekte finanzieren eine Vielzahl von Aufträgen für Unternehmen weltweit. Von 2018 bis 2023 erreichten diese ein Gesamtvolumen von knapp 97 Milliarden US-Dollar (US$). Wichtig zu wissen: Die Aufträge werden nicht durch die Weltbank selbst vergeben, sondern von staatlichen Stellen in den Empfängerländern. Die Weltbank gibt aber Regeln für die Beschaffungsverfahren vor. Im September 2023 änderte sie diese Vorgaben. War bislang größtenteils der Preis auschlaggebend für den Projektzuschlag, gilt nunmehr ein umfangreicher Kriterienkatalog. Bereits seit 2016 haben ausschreibende Stellen die Möglichkeit, Qualität und Nachhaltigkeit stärker zu berücksichtigen. Mit der neuen Reform wird dies jetzt verpflichtend.

Auch Unternehmen, die sich an der Ausschreibung beteiligen, werden stärker unter die Lupe genommen. Sie müssen nachweisen, wie umfangreich ihre Planungs- und Personalkapazitäten sind, wie sie ihr Risikomanagement praktizieren, inwieweit ihre Produkte wiederverwertbar sind und ob sie bereits Erfahrungen mit ähnlich gelagerten Projekten gesammelt haben.

Viel Geld fließt nach Subsahara-Afrika Verteilung der Aufträge aus Weltbankprojekten nach Regionen und Sparten von 2018 bis 2023
Nach Region Nach Sparte 

 

 

Prozent

 

Prozent

Subsahara-Afrika

43

Transport

19

Südasien

16

Wasser

15

Europa und Zentralasien

15

Energie

10

Ostasien

10

Gesundheit

10

Lateinamerika und Karibik

9

Landwirtschaft

9

Nordafrika und Nahost

6

Bildung

6

Gesamtsumme der Aufträge: 96,8 Milliarden US$; Südostasien wird zu Ostasien gezählt.Quelle: Weltbank, 2024

Kriterienkatalog ergänzt Preis bei Bieterauswahl

Der Kriterienkatalog besteht aus 10 Hauptkategorien, die sich in weitere Unterpunkte gliedern. Daran entzündete sich schnell Kritik, denn die neue Ausschreibungspraxis ist wesentlich bürokratischer und planungsaufwändiger. Das leugnet auch die Weltbank nicht. Insbesondere bei kleineren Projekten kann das Kosten-Nutzen-Verhältnis ungünstig ausfallen.

Ein Sprecher der Weltbank argumentierte Anfang 2024 vor europäischen Unternehmensvertretern der Wasserwirtschaft folgendermaßen: Zwar sei zu Beginn eines Projekts der Planungsaufwand unwiderlegbar höher. Über den gesamten Zeithorizont eines Vorhabens betrachtet falle er aber geringer aus. 

Als Beispiel nannte er einen Flutwasserkanal, der möglichst kostengünstig gebaut werde, aber nach fünf Jahren aufwändig repariert werden müsse. Damit hob er auch einen weiteren Vorteil der Reform hervor: Die Kosten eines Vorhabens fallen über die gesamte Lebensdauer geringer aus. Ob das tatsächlich zutrifft, dürfte sich allerdings erst in einigen Jahren zeigen. 

Unterschiedliche Reaktionen bei Unternehmen 

Anschließend berichtete der Weltbankvertreter von den ersten Erfahrungen der Bank mit den neuen Ausschreibungsregeln bei Wasserprojekten in der Region Lateinamerika und Karibik. Grundsätzlich hätten sich die Firmen stark gegen die neuen Regeln gesträubt. Sie fürchteten insbesondere, dass sensible Unternehmensdaten an Konkurrenten durchsickern könnten. Hier sei viel Überzeugungsarbeit notwendig.

Hinsichtlich eines Schwachpunktes der Reform gab er zudem Entwarnung: Praktisch haben die lokalen Behörden bei den Projekten zwar weitgehend freie Hand, um die Kriterien zu gewichten. Wenn sie den Preis mit deutlich über 50 Prozent ansetzen, bleibt dieser aber der ausschlaggebende Faktor. Doch bei allen bisherigen Wasservorhaben in der lateinamerikanisch-karibischen Region wurde der Preis mit weniger als 50 Prozent gewichtet. 

Ein drittes Argument für die Reform kristallisierte sich im Mai 2024 anlässlich der Weltbank-Präsentation "Reshaping Development in Partnership with the Private Sector"  für deutsche und österreichische Unternehmen heraus. Die Institution möchte Qualitätsanbieter aus Industrieländern stärker zur Teilnahme an ihren Projekten bewegen. 

Vor der Reform hielten sich diese stark zurück. Die meisten wussten, dass sie preislich nicht gegen sogenannte Billiganbieter bestehen konnten und gaben kein Angebot ab. Auf der Rangliste der Nationalitäten der zehn größten Auftragnehmer (2018 bis 2023) tauchte lediglich Frankreich auf Rang 10 auf. 

Chinesische Firmen profitierten von bisheriger Ausschreibungspraxis

Die Folge war, dass vor allem chinesische und indische Unternehmen Zuschläge für Weltbankprojekte erhielten. In den Jahren 2018 bis 2023 konnten Unternehmen der beide Länder laut den offiziellen Statistiken fast 30 Prozent aller Vorhaben (wertbezogen) an Land ziehen. Dabei entfielen nur 15 Prozent des Auftragsvolumens im selben Zeitraum auf diese Länder. Besonders groß war die Diskrepanz im Falle Chinas. Mit anderen Worten: Chinesische Unternehmen mischen stark bei Weltbankprojekten außerhalb ihrer Heimat mit.

Chinesische und indische Unternehmen bei Aufträgen aus Weltbankprojekten vorneTop 7 der Zulieferländer und die Auftragsvergabe im entsprechenden Land 2018 bis 2023, Anteil in Prozent
Land

Sitz Zulieferer

Auftragsort

China

17,2

4,1

Indien

12,0

10,1

Türkei

3,6

3,3

Vietnam

3,0

3,3

Brasilien

2,7

2,6

Usbekistan

2,5

3,3

Bangladesch

2,2

4,3

Gesamtsummer der Aufträge: 96,8 Milliarden US$.Quelle: Weltbank, 2024

Deutsche Firmen stark bei Warenzulieferungen

Deutsche Firmen erhielten von 2017 bis Mai 2024 bei gut 660 Vorhaben den Zuschlag. Die Aufträge summierten sich auf knapp 1,7 Milliarden US$. Über die Hälfte davon entfiel auf die Zulieferungen von Waren. Bauarbeiten spielten dabei eine untergeordnete Rolle. In diesen Zahlen spiegelt sich ein struktureller Nachteil der deutschen Wirtschaft wider: Es gibt keine großen Baukonzerne, die bei internationalen Projekten eine führende Rolle spielen. Lediglich als Subunternehmer für Spezialbauleistungen etwa bei Tunnelbohrungen bestehen gute Chancen. 

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