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Grundlegende Begriffe des GATS
Das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) gilt für den Handel mit nahezu allen Ländern der Welt. In diesem Bericht stellen wir die grundlegenden Begriffe vor.
08.03.2022
Von Karl Martin Fischer | Bonn
Das GATS ist das allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen - es gilt in den meisten Sachverhalten mit Auslandsberührung, jedenfalls für den Dienstleistungshandel mit anderen WTO-Mitgliedstaaten. In vielen Fällen gibt es noch ergänzende Regelungen, die aus Freihandelsabkommen resultieren.
Was genau regelt das GATS? Das verrät Artikel I Absatz 1: "Dieses Übereinkommen findet Anwendung auf die Maßnahmen der Mitglieder, die den Handel mit Dienstleistungen beeinträchtigen" (das letzte Wort wäre eigentlich mit "betreffen" besser übersetzt). Ergänzen müsste man außerdem vor "Handel" noch das Wort "internationalen", denn für den innerstaatlichen Handel gilt das GATS nicht. Im Folgenden erläutern wir die wichtigsten Begriffe dieser Definition.
Was sind Maßnahmen der Mitglieder?
Das Abkommen regelt also "Maßnahmen der Mitglieder". Aber was zählt als Maßnahme eines Mitgliedsstaates? Hier hilft zunächst die Legaldefinition des Artikel XXVIII a) des GATS: Gemeint ist "jede von einem Mitglied getroffene Maßnahme, unabhängig davon, ob sie in Form eines Gesetzes, einer sonstigen Vorschrift, einer Regel, eines Verfahrens, eines Beschlusses, eines Verwaltungshandelns oder in sonstiger Form getroffen wird". Also eine ziemlich weite Definition. Ebenfalls weit gefasst ist Artikel I Absatz 3 GATS, dort geht es um die Frage, welche staatlichen Stellen relevante "Maßnahmen" ergreifen können. Hierzu zählen selbstverständlich die Regierungen des Zentralstaats, aber auch die Landesregierungen, des Weiteren regionale und örtliche Verwaltung - auf Deutschland bezogen also Kreise und Kommunen. Und dann gibt es noch die Selbstverwaltungskörperschaften, die im Rahmen von durch staatliche Stellen befugten Befugnissen arbeiten, insbesondere die Berufskammern (Ärztekammern, Rechtsanwaltskammer, Architektenkammern etc.). Auch diese können also "Maßnahmen" im Sinne des GATS erlassen.
Was versteht das GATS unter Dienstleistungen?
Der Begriff der Dienstleistung wird - nur für die Zwecke des GATS - in Artikel I Absatz 3 (b) des GATS konkretisiert: "jede Art von Dienstleistungen in jedem Sektor mit Ausnahme solcher Dienstleistungen […], die in Ausübung hoheitlicher Gewalt erbracht werden". Was genau eine Dienstleistung ist, wird (auch hier) nicht definiert. Hier muss man sich also auf andere Quellen verlassen. Eine allgemein anerkannte Definition gibt es nicht, wir verfügen aber über ein sehr hilfreiches Kompendium der UN: die "Central Products Classification" (CPC). Dort sind nämlich viele Dienstleistungen aufgeführt und konkret benannt. Dies erlaubt den Schluss: Was dort als Dienstleistung aufgeführt ist, ist jedenfalls eine Dienstleistung. Der Umkehrschluss ist zwar nicht zulässig. In der Praxis stellen die WTO-Mitglieder jedoch auf die CPC ab, so dass sich hier in der Praxis kaum Probleme ergeben.
Wie geht internationaler Dienstleistungshandel?
Mit den Dienstleistungen muss gehandelt werden. An sich unproblematisch, aber hier gibt es eine Besonderheit: es geht nur um den internationalen Dienstleistungshandel. Wie kann man über Ländergrenzen hinweg mit Dienstleistungen handeln? Das GATS nennt uns in Artikel I Absatz 2 vier Erbringungsarten - die so genannten Modi.
Modus 1: Grenzüberschreitend: Die Dienstleistung überschreitet die Grenze, während die Vertragsparteien in ihren Ländern bleiben. Hierunter fallen zum Beispiel Dienstleistungen am Telefon, oder die Prüfung eines Jahresabschlusses, der per E-Mail versandt wird.
Modus 2: Auslandsreise des Dienstleistungskonsumenten: Die Empfängerin der Dienstleistung reist ins Ausland, um sie dort entgegen zu nehmen. Beispiele: touristische Reise mit Hoteldienstleistungen, medizinische Behandlung im Ausland, Auslandsstudium.
Modus 3: Kommerzielle Präsenz: Die Gründung einer Repräsentanz, einer Zweigliederlassung oder einer Tochtergesellschaft im Ausland, durch die die Dienstleistungen dann erbracht werden. Hier handelt es sich der Sache nach um Direktinvestitionen.
Modus 4: Präsenz natürlicher Personen: Hier reisen die Erbringenden der Dienstleistung. Typische Fälle für diesen Modus sind die Montage einer Anlage, die zuvor exportiert wurde. Oder der Prüfer aus Modus 1 reist ins Ausland, um der Mandantschaft seine Prüfergebnisse zu erläutern.
Alle diese Sachverhalte fallen in den Regelungsbereich des GATS. Aber was ist eigentlich die "Erbringung" einer Dienstleistung? Dieser Begriff ist in Artikel XXVIII (b) des GATS definiert und umfasst die Produktion, den Vertrieb, die Vermarktung, den Verkauf und die Bereitstellung der Dienstleistung.
Was ist eine Beeinträchtigung des Handels?
Der Anwendungsbereich beinhaltet alle Maßnahmen (siehe oben), die bewusst den Handel mit Dienstleistungen regeln oder ihn auch nur betreffen. Das könnte zum Beispiel ein Gesetz sein, das bestimmte Dienstleistungen verbietet oder beschränkt, eine Rechtsverordnung, die die Einreise für Dienstleister erschwert oder auch eine Satzung einer Berufskammer, die ausländische Berufsträger nur unter bestimmten Voraussetzungen als Mitglieder akzeptiert. Auf die Definition in Artikel XXVIII c) GATS sei hingewiesen. Nicht erforderlich ist, dass die Beeinträchtigung / Betroffenheit des internationalen Dienstleistungshandels bewusst oder sogar absichtlich herbeigeführt wurde. Der Anwendungsbereich des GATS ist also sehr weit.