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Special | Israel | Klimawandel lokal

Israel legt Reduktionsziele für Treibhausgase fest

Die Regierung hat einen klimapolitischen Rahmenbeschluss gefasst. Seine Realisierung wird hohe Investitionen erfordern und auch für ausländische Firmen Geschäftschancen schaffen.  

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Bis 2030 will Israel seine Treibhausgasemissionen gegenüber dem Jahr 2015 um mindestens 27 Prozent und bis 2050 um mindestens 85 Prozent senken. In absoluten Zahlen läge der Ausstoß 2050 bei 12 Millionen Tonnen. Das geht aus dem vom 25. Juli 2021 verabschiedeten Kabinettsbeschluss „Übergang zu kohlenstoffarmer Wirtschaft“ hervor.

Umfangreiche Investitionen erforderlich

Die Umsetzung des Regierungsbeschlusses ist ehrgeiziger, als es die absoluten Reduktionsziele nahelegen. Das liegt an der Bevölkerungs- und der Wirtschaftsentwicklung. Laut der mittleren Variante der Bevölkerungsprognose des Zentralamts für Statistik (Central Bureau of Statistics) wird die Einwohnerzahl Israels Mitte des Jahrhunderts mit knapp 16 Millionen Menschen 85 Prozent mehr als 2015 betragen. Die Wirtschaftsleistung wächst noch schneller als die Bevölkerung und könnte sich bis 2050 gegenüber 2015 ungefähr verdreifachen.

Damit darf der Ausstoß von Treibhausgasen je Einwohner 2050 höchstens bei 8 Prozent des Niveaus von 2015 liegen, wenn das Gesamtreduktionsziel erreicht werden soll. Je Werteinheit des Bruttoinlandsprodukts dürfen es möglicherweise nicht mehr als circa 4 Prozent des Standes von 2015 sein. Aus diesem Grund braucht Israel viel Kapital für umweltpolitische Maßnahmen und Energieeffizienz.

CO2-Steuer kommt 2023

Um die Wirtschaft im Bereich der Energieträger zu umweltfreundlichen Investitionen zu zwingen, hat die Regierung nur eine Woche nach dem klimapolitischen Grundsatzbeschluss die Einführung einer CO2-Steuer beschlossen.

Diese soll ab 2023 für Masut, Erdgas, Flüssiggas und Petrolkoks gelten. Später wird sie auch auf andere Emissionsquellen, darunter Mülldeponien, ausgedehnt. Dieselkraftstoff und Benzin unterliegen jetzt schon einem der höchsten Verbrauchssteuersätze in der OECD und werden nicht weiter erhöht. Ein weiterer Schritt, den die Regierung angekündigt hat, ist eine massive Reduktion der Deponieentsorgung von Abfällen.

Ein interministerieller Ausschuss soll  innerhalb von sechs Monaten einen umfassenden Maßnahmenkatalog vorlegen.

Vorgaben für Elektrizitätswirtschaft bleiben vage

Zugleich will die Regierung in wichtigen Bereichen Flexibilität behalten. Bei der Elektrizitätswirtschaft, auf die der höchste Anteil der Treibhausgasemissionen entfällt, ist vorgesehen, dass erneuerbare Energien 2030 für 30 Prozent der Stromerzeugung aufkommen sollen. Allerdings ist das kein Teil des neuen klimapolitischen Beschlusses, sondern wurde bereits 2020 festgelegt.

Für 2050 hat die Regierung dagegen keine klare Vorgabe zur Entwicklung erneuerbarer Energien gemacht. Wohl hat sie in ihrem neuen Beschluss erklärt, eine möglichst umfassende Umstellung der Stromerzeugung auf emissionsfreie Energien zu befürworten. Zugleich aber unterstrich sie, dass die Stromversorgung auch 2050 zuverlässig, preiswert und nachhaltig bleiben müsse. Das deutet auf den Wunsch hin, sich beim Energiemix Spielraum zu lassen.

Langsamere Reduktion in Verkehrswesen und Industrie

Im Verkehrswesen soll der Ausstoß von Treibhausgasemissionen sogar erst einmal weiterwachsen, wenngleich verlangsamt, bevor er zu sinken beginnt. In der Industrie, deren Energieversorgung gegenwärtig von Erdöl auf Erdgas umgestellt wird, soll der Treibhausgasausstoß bis 2050 auf 44 Prozent des Standes von 2015 zurückgehen. Das ist die niedrigste Reduktionsrate unter den im Beschluss genannten Sektoren.

Die Netto-Null ist kein verbindliches Ziel

Auf einen Netto-Nullausstoß wollte sich die Regierung nicht festlegen. In dem Beschluss vom 25. Juli 2021 heißt es lediglich allgemein, Israel erkenne die Bedeutung des Ziels an, bis 2050 Nullemissionen zu erreichen und die Erderwärmung nicht über 1,5 Grad Celsius hinaus ansteigen zu lassen. Deshalb wolle Israel seine Politik von Zeit zu Zeit überprüfen.

Geschäftschancen zu erwarten

Unter dem Strich blieb der Regierungsbeschluss unter den Forderungen der Umweltschutzorganisationen, die ihn denn auch zum Teil scharf kritisiert haben. Dennoch darf als sicher gelten, dass die Entscheidungen des Kabinetts nicht auf dem Papier bleiben. Das könnte sich Israel weder umwelt- noch außenpolitisch leisten. Der Hinweis, Israels Beitrag zum Klimaschutz sei ohnehin kaum spürbar, verfängt nämlich nicht mehr.

So hat die OECD 2020 erklärt, „Auch kleinere Länder wie Israel, die nur einen Bruchteil der globalen Emissionen verursachen, müssen Schritte ergreifen, die mit einer bis etwa Mitte dieses Jahrhunderts oder kurz danach zu erreichenden Reduktion der Kohlendioxidemissionen auf null vereinbar sind.“

Unter diesen Umständen sind zahlreiche neue Weichenstellungen, unter anderem in der Energie-, Umwelt- und Industriepolitik zu erwarten. Dabei dürfen sich ausländische, darunter auch deutsche Unternehmen Geschäftschancen ausrechnen. Da die Dinge allerdings noch zum Teil im Fluss sind, gilt es, die angekündigten Beschlüsse über konkrete klimapolitische Maßnahmen in den kommenden Monaten genau zu verfolgen.

Geplante Senkung der Treibhausgasemissionen 2030 und 2050 (Ausstoß in Millionen Tonnen)

Sektor

2015

2030

2050

Insgesamt

79,0

58,0

12,0

Stromerzeugung

37,6

26,3

5,6

Verkehrswesen

17,6

18,2

0,7

Industrie

12,0

8,4

5,3

Festmüll

5,5

2,9

0,4

Andere *)

6,3

2,2

0

*) Im Regierungsbeschluss nicht separat genannt, berechnet nach Abzug der ausgewiesenen SektorenQuelle: „Übergang zu kohlenstoffarmer Wirtschaft“ (Regierungsbeschluss Nr. 171 vom 25.7.2021)

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