Luxemburg verfügt seit 2010 über eine neue Agentur für Normung und wissensbasierte Wirtschaft (Agence pour la normalisation et l’économie de la connaissance; ANEC). Die Normungsagentur unterstützt das bereits auf diesem Feld tätige luxemburgische Institut für Normung, Akkreditierung, Sicherheit und Qualität von Produkten und Dienstleistungen (kurz: ILNAS - institut luxembourgeois de la normalisation, de l’accréditation, de la sécurité et qualité des produits et services). Sie wird hierzu verschiedene Tätigkeiten des ILNAS auf dem Gebiet der Normungsstrategie entwickeln, begleiten, koordinieren und unterstützen. Insbesondere folgende Aufgaben sind der Agentur zugewiesen:
- Koordinierung von Aktivitäten im Bereich der Normenrecherche und -innovation
- Kommunikation und Bewerbung der Standardisierung sowie Sensibilisierung für dieses Thema
- Organisation von Ausbildungen über die Normung
- Entwicklung eines sektorenbezogenen Normierungsansatzes
- Unterstützung technischer Normungskomitees
Die Normungsagentur ist eine Interessengemeinschaft, der der Staat, die Handels- und die Handwerkskammer des Großherzogtums angehören.
In jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union wurde darüber hinaus gemäß der Europäischen Verordnung (EU) Nr. 2019/515 eine Produktkontaktstelle, Point de Contact Produits (PCP), eingerichtet, die die praktische Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung unterstützen soll. In Luxemburg wird diese Aufgabe vom ILNAS übernommen.
Die gegenseitige Anerkennung garantiert den Marktzugang für Produkte, die nicht Gegenstand einer europäischen Harmonisierung sind. Die Verordnung stellt sicher, dass jedes in einem EU-Land legal verkaufte Produkt in einem anderen Land verkauft werden kann, es sei denn, es gefährdet zwingende Erfordernisse des öffentlichen Interesses wie die Gesundheit und Sicherheit der Menschen. Für den Binnenmarkt für Waren ist es wichtig, den Zugang zu Informationen über die einzelstaatlichen technischen Vorschriften zu gewährleisten.
Die PCP hat die Aufgabe, innerhalb von 15 Werktagen auf Antrag eines Wirtschaftsteilnehmers oder einer Behörde eines anderen Mitgliedstaats nachfolgende nationale Informationen bereitzustellen über:
- nationale technische Vorschriften für einen bestimmten Produkttyp;
- den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 2019/515 ;
- die Kontaktdaten der zuständigen luxemburgischen Behörden;
- die in Luxemburg verfügbaren Rechtsbehelfe.
Das eben bereits ausführlich dargestellte, neue Dienstleistungsgesetz Luxemburgs überträgt in seinem Artikel 20 überdies eine weitere Aufgabe an ILNAS. Das Institut soll künftig Dienstleister dazu anhalten, die Qualität ihrer Dienstleistungen beispielsweise durch Zertifizierungen oder Bewertungen ihrer Tätigkeiten sicherzustellen. Einschlägige Gütesiegel und Qualitätsmarken sollen für Dienstleister und Dienstleistungsempfänger leicht zugänglich sein.
Strenge Anforderungen in technischer Hinsicht gelten etwa im Bausektor Luxemburgs. Beispielsweise hat die Großherzogliche Verordnung vom 27. Februar.2010 über Gasinstallationen (zuletzt geändert durch Verordnung vom 24. April 2018) fast 200 Seiten an Annexen mit technischen Regeln. Die Verordnung enthält eigene Vorschriften für die Aufstellung, den Betrieb, die Abnahme, Revision, Inspektion von Gasinstallationen. Im Gegensatz zu den 21 in Französisch gehaltenen Artikeln sind die Annexe 1 und 2 in deutscher Sprache. Dies ermöglicht auch deutschen Dienstleistungsempfängern einen leichteren Zugang zu dieser Materie des luxemburgischen Rechts. Nach Artikel 2 der Verordnung dürfen Arbeiten an Gasanlagen nur von in Luxemburg niedergelassenen Heizungs- und Sanitärinstallateuren (installateurs chauffage-sanitaire) oder hierfür in Luxemburg autorisierten ausländischen Unternehmen ausgeführt werden. Der Annex 1 regelt ausführlich die technischen Voraussetzungen für die Planung, Erstellung, Änderung und Instandhaltung von Gasanlagen, deren Betrieb mit Erdgas in Gebäuden und auf Grundstücken mit Nieder- oder Mitteldruck erfolgt. Auch einige neue Gasgerätearten sind in den Annex aufgenommen. Annex 2 geht näher auf technische Regeln für Flüssiggas-Anlagen ein. Annex 3 (wieder in französischer Sprache) erläutert Kontrollen von Gasinstallationen. Annex 4 regelt den Wirkungsgrad der Verbrennung (rendement de combustion). Annex 5 schreibt einen maximalen Kohlenmonoxidgehalt vor. Weitere Annexe enthalten unter anderem Formulare und Protokolle.
Weiterhin gelten die im Baubereich relevanten, neuen luxemburgischen Anforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Nichtwohngebäuden. Auch die diesbezügliche Verordnung vom 31. August 2010, zuletzt geändert durch Verordnung vom 7. März 2019, ist zwar in französischer Sprache gehalten, ihr 95-seitiger Anhang ist jedoch ebenfalls in deutscher Sprache verfasst. Der Anhang erläutert ausführlich zum Beispiel den Wärmeschutz, die Gebäudeluftdichtheit, die energetische Bilanzierung, die Zuordnung zu Gebäudekategorien, die Einteilung in Effizienzklassen, aber auch die Inhalte von Nachweisen und Ausweisen über die Gesamtenergieeffizienz. Fast 50 Seiten beschäftigen sich allein mit der Berechnung des Primärenergiebedarfs und der Ermittlung der Verbrauchskennwerte Wärme und Strom. Vom 30. November 2007, zuletzt geändert am 7. März 2019, datiert die Verordnung über die Energieeffizienz von Wohngebäuden. Auch diese Verordnung enthält umfangreiche Anhänge in deutscher Sprache.