Special EU
Rechtliche Grundlagen - EU-Recht im E-Commerce
Das EU-Recht prägt den Onlinehandel in den Mitgliedstaaten seit Langem: Bereits vor Erstarken des Internets statuierte 1985 die EU-Richtlinie zum Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht für Verbraucher. Dieses hat durch die EU-Fernabsatz-Richtlinie von 1997 in ähnlicher Form zentrale Bedeutung für den Onlinehandel.
Beide Richtlinien sind in der Europäischen Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU aufgegangen, die auch die Widerrufsfrist von mindestens sieben Tagen auf EU-weit einheitlich 14 Tage ausgedehnt hat. Bei nicht ordnungsgemäßem Hinweis auf das Widerrufsrecht verlängert sich die Frist grundsätzlich um 12 Monate. Der Text der Richtlinie 2011/83/EU sowie eine Zusammenfassung sind online abrufbar.
Die Verbraucherrechte-Richtlinie enthält darüber hinaus allgemeine Informationspflichten bei Verbraucherverträgen. Damit ergänzt sie auch weitere Hinweispflichten im E-Commerce-Bereich, die die Europäische Union schon im Jahr 2000 mit der EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr eingeführt hatte. Diese Richtlinie 2000/31/EG hatte bereits damals Mindeststandards für die Anerkennung von Verträgen auf elektronischem Wege gesetzt. Unter anderem bestimmt sie, dass Onlinehändler den Eingang einer Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege bestätigen müssen. Auch wurde etwa festgelegt, dass Bestellung und Empfangsbestätigung als eingegangen gelten, wenn Händler oder Verbraucher sie abrufen können.
Die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr sowie eine Zusammenfassung sind auf der Internetseite der EU abrufbar.
Die als „eIDAS-Verordnung“ bekannte Verordnung (EU) Nr. 910/2014 führt zu einer leichteren gegenseitigen Anerkennung von in den Mitgliedstaaten etablierten elektronischen Identifizierungsmitteln. Gleichzeitig bildet sie die Basis für ein neues System von elektronischen Signaturen, Siegeln und Zertifikaten. Die Verordnung sowie eine Zusammenfassung sind online abrufbar.
Eine neue Möglichkeit für Verbraucher, eine außergerichtliche Einigung bei Kontroversen mit Onlinehändlern zu erzielen, bietet seit 2016 die Onlinestreitschlichtung. Nach Einlegung einer Beschwerde können sich beide Parteien auf eine Stelle für alternative Streitbeilegung einigen. Diese wirkt auf eine gütliche Lösung zwischen den Parteien hin. Onlinehändler müssen unter anderem auf ihren Websites einen Link zur Onlinestreitbeilegungsplattform einstellen.
Rechtsgrundlage ist die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über Onlinestreitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten, die auch in einer Zusammenfassung abrufbar ist
Die Verordnung komplementiert mit ihrem Mechanismus die Richtlinie 2013/11/EU über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten, die Details über die Einrichtung von Stellen für alternative Streitbeilegung in den Mitgliedstaaten festlegt. Auch diese Richtlinie statuiert Informationspflichten der Unternehmen, die sie auf ihren Websites und in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern erfüllen müssen. Die Richtlinie 2013/11/EU sowie eine Zusammenfassung sind ebenfalls auf der Intenetseite der EU verfügbar.
Derzeit plant die EU-Kommission eine Reform der Umsatzsteuer. Sie möchte mit der sogenannten „einzigen Anlaufstelle“ ein EU-weit einheitliches Portal für Umsatzsteuerzwecke schaffen, damit sich Onlinehändler nicht mehr in verschiedenen Mitgliedstaaten umsatzsteuerlich registrieren müssen. Zudem sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten, die für gedruckte Medien möglichen ermäßigten Steuersätze auch auf E-Books und Onlinezeitungen anzuwenden. Weiterführende Informationen bietet die EU-Kommission auf ihrer Internetseite.
Zum Geoblocking wird seitens der EU eine europaweite Harmonisierung angestrebt; Verhandlungen zwischen Rat, Europäischem Parlament und Kommission stehen an. Die EU-Kommission möchte E-Commerce-Anbietern untersagen, den Zugang zu ihren Onlineschnittstellen aufgrund des Wohnsitzes der Kunden zu verhindern. Weiterleitungen sollen grundsätzlich nur mit Zustimmung des Kunden erfolgen dürfen. Über den aktuellen Stand informiert das EU-Rechtsportal EUR-Lex.
Die ab 25.05.2018 geltende neue Datenschutzgrundverordnung wird auch die Onlinehändler in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu neuerlichen Anpassungen ihrer Webauftritte veranlassen, etwa bei der Ausgestaltung der Einwilligung in die Datenverarbeitung. Die Verordnung (EU) 2016/679 sowie eine Zusammenfassung sind auf der Internetseite der EU erhältlich.
Länderspezifische und EU-übergreifende Statistiken zu Umsatzzahlen im E-Commerce bietet Eurostat. 20 nationale Unternehmerverbände haben sich auf europäischer Ebene zu „Ecommerce Europe“ zusammengeschlossen.
Text: Udo Sellhast