Wirtschaftsausblick | Dänemark
Dänemarks Wirtschaft bleibt auf Wachstumskurs
Die Pharmaindustrie treibt weiterhin Dänemarks wirtschaftliche Entwicklung an. Aber auch die Energiebranche trägt mit der Wiedereröffnung des Tyra-Gasfeldes dazu bei.
24.06.2024
Von Judith Illerhaus | Stockholm
Wirtschaftsentwicklung: Dänemark verzeichnet ein solides Wachstum
Dänemark ist bisher vergleichsweise gut durch die international zuletzt schwierige konjunkturelle Zeit gekommen. Nach einem positiven Wirtschaftswachstum 2023 erwartet die Europäische Kommission auch für das Jahr 2024 einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 2,6 Prozent.
Der dänische Wirtschaftsrat hat in seiner jüngsten Frühjahrsprognose den Stellenwert des Pharmasektors erneut hervorgehoben. Das milliardenschwere Unternehmen Novo Nordisk, dessen Unternehmenswert über dem BIP von ganz Dänemark liegt, hat einen erheblichen Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung von Deutschlands nördlichem Nachbarn. Durch die enorme Produktivitätssteigerung und Ausweitung der Kapazitäten des Konzerns fiel etwa ein Fünftel des gesamten Beschäftigungswachstums Ende 2022 bis März 2024 auf Novo Nordisk zurück.
Dänemarks nationales Statistikamt Danmark Statistik teilt die optimistischen Wachstumsprognosen der EU-Kommission für 2024. Auch die Stimmung der dänischen Unternehmen deckt sich mit dieser Aussicht: Laut einer kürzlich erfolgten Umfrage von Dänemarks größtem Unternehmensverband Dansk Industri haben 33 der 50 größten börsennotierten dänischen Firmen aufgrund eines erfolgreichen vergangenen Geschäftsjahrs die Messlatte für 2024 höher gelegt. Lediglich zehn Firmen setzten ihre Erwartungen herab.
Die Wiederaufnahme des Tyra-Gasfeldes sorgt für Wachstum
Das für 2024 prognostizierte Wirtschaftswachstum wird sich auch auf die zukünftig wieder steigenden Gasexporte stützen. Der dänische Wirtschaftsrat verweist auf die nun sukzessiv anziehenden Einnahmen aus der Nordseesteuer, die in den vergangenen Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau lagen. Bei Tyra II handelt es sich um Dänemarks größtes Erdgasfeld, von wo aus die Verarbeitung und Verteilung von Gas nach Dänemark und in mehrere andere Länder stattfindet. Aufgrund der mehrjährigen Sanierung der Anlage wurden die Produktion und damit auch der Export im September 2019 vorübergehend eingestellt, weshalb Dänemark zuletzt bedeutende Mengen Gas importieren musste. Dennoch kam es bereits erneut zu ersten technischen Zwischenfällen - die volle Kapazitätsauslastung scheint sich so erst gegen Ende des Jahres einzustellen.
Solide Außenwirtschaft
Für das aktuelle Jahr 2024 prognostiziert das dänische Wirtschaftsministerium ein Wachstum der Importe um rund 4 Prozent und der Exporte um gut 5 Prozent. Insbesondere der Energiesektor, aber auch die pharmazeutische Industrie beeinflussen auf positive Weise den Warenverkehr.
Laut nationalem Statistikamt verzeichnet Dänemark mit 39,5 Milliarden Euro aktuell den niedrigsten Stand der Staatsverschuldung seit 40 Jahren. Gleichzeitig ist die Handelsbilanz auf einem 20-Jahres-Hoch. Das beeinflusst auch den Überschuss in der Zahlungsbilanz: Dieser machte 2023 etwa 10,9 Prozent des dänischen BIP aus und soll 2024 laut Wirtschaftsministerium noch auf 11,2 Prozent anwachsen. Das Finanzministerium rechnet bis 2030 mit einer höheren Beschäftigung und einem größeren finanzpolitischen Spielraum als 2023. Das schlägt sich in deutlich höheren öffentlichen Investitionen nieder, die bereits heute auf einem historisch hohen Niveau liegen.
Top-Thema: Windkraft verleiht Flügel
Dänemark ist ein wichtiger Partner Deutschlands in Energiefragen. Aktuell läuft in Dänemark die umfangreichste jemals in Dänemark veröffentlichte Ausschreibung zu sechs neuen Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee. Vorerst ist eine Kapazität von sechs Gigawatt geplant; die dazugehörigen Anlagen sollen 2030 in Betrieb genommen werden. Obwohl keine staatliche Förderung im Rahmen dieser Ausschreibung vorgesehen ist, haben bereits nationale und auch internationale Unternehmen ihr Interesse bekundet. Zudem verpflichten sich die Unternehmen über 30 Jahre hinweg eine jährliche Konzessionsgebühr an den dänischen Staat zu zahlen, der mit 20 Prozent an den Offshore-Projekten beteiligt sein wird.
Auch das Energieinsel-Projekt Bornholm spielt in diesem Zuge eine wichtige Rolle. Im vergangenen Jahr 2023 unterzeichneten Bundeswirtschaftsminister Habeck und sein dänischer Amtskollege die Vereinbarung für das erste europäische Offshore-Kooperationsprojekt. Erst kürzlich veröffentlichte die dänische Energieagentur Energistyrelsen ihre konkreten Pläne, wonach 3,8 Gigawatt Kapazität südlich der Insel sowie die Installation von Hochspannungsanlagen geplant sind.
Die Windkraft wird den Weg zu weiterer grüner Energie ebnen, denn Dänemark hat sich ambitionierte Ziele mit Blick auf die grüne Wende gesetzt. Um diese zu erreichen, investiert das Land ebenfalls in Power-to-X-Technologien, die in der dänischen Strategie eine Schlüsselrolle bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen spielen. Deutschland gilt als einer der größten zukünftigen Abnehmer von grünem Wasserstoff aus Dänemark.
Deutsche Perspektive: Handel mit Deutschland hat hohen Stellenwert
Beide Länder verbindet eine ungebrochen starke Kooperation – auch wenn die USA Deutschland seit dem Jahr 2020 zahlenmäßig bei den Exporten überholt haben. Mit Blick auf die Importe steht Deutschland unangefochten an erster Stelle: rund 20 Prozent aller Einfuhren waren im 1. Quartal 2024 deutscher Herkunft, gefolgt von Schweden und den Niederlanden. Auch Dansk Industri betont den hohen Stellenwert, den Deutschland als Exportziel für die dänische Volkswirtschaft hat. Denn es sind insbesondere die Verkäufe an die Deutschen, die die meisten Arbeitsplätze schaffen. Laut Verband schaffen Exporte nach Deutschland etwa 115.000 dänische Arbeitsplätze, während Exporte in die USA 90.000 Arbeitsplätze in Dänemark schaffen.
Aus den großen Energieprojekten könnten sich zukünftig auch weitere Geschäftschancen im Infrastrukturbereich für deutsche Unternehmen ergeben. Es handelt sich hierbei insbesondere um neue Hochspannungskraftwerke oder die Erweiterung von Hafenkapazitäten.
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