Zollbericht Vereinigtes Königreich Zollgesetz und Zollverfahren
Nordirland: Warenverkehr ab 1. Januar 2021
Seit dem Brexit hat Nordirland einen Sonderstatus.
01.10.2024
Von Stefanie Eich | Bonn
Zum Vereinigten Königreich (VK) gehören Großbritannien (GB) und Nordirland. Seit 1. Januar 2021 gehört das VK nicht mehr zum EU-Binnenmarkt und zur Zollunion. Für Nordirland gilt jedoch eine Sonderregelung. Das Nordirland-Protokoll legt nämlich fest, dass alle relevanten Binnenmarktregeln der EU sowie der EU-Zollkodex auch weiterhin in Nordirland Anwendung finden. Das bedeutet, dass Nordirland weiterhin Teil des britischen Zollgebietes bleibt, aber zollrechtlich so behandelt wird, als ob es zum Zollgebiet der Union gehören würde.
Lieferungen zwischen der EU und Nordirland
Zollkontrollen finden auf der Insel Irland nicht statt. EU-Lieferungen nach Nordirland werden weiterhin als intra-EU-Handel gesehen und bleiben somit innergemeinschaftliche Lieferungen. Eine Zollanmeldung ist nicht notwendig. Erfolgt der Transport über Großbritannien, ist ein Versandverfahren notwendig.
Auch die Regelungen des unionseinheitlichen Mehrwertsteuerrechts für Lieferungen von und nach NI gelten weiter. Lieferungen an ein Unternehmen in Nordirland sind somit weiterhin als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu erfassen. Die britische Steuer- und Zollbehörde (HMRC) bleibt für die Anwendung der Mehrwertsteuergesetze, der Erhebung der Mehrwertsteuer und der Festsetzung der Mehrwertsteuersätze verantwortlich.
Da der Handel mit Nordirland weiterhin als intra-EU-Handel gesehen wird, sind solche Warenverkehre der Intrahandelsstatistik unter Verwendung des Ländercodes XI zu melden.
Warentransport durch Nordirland
Ein Transitvorgang, der von Nordirland aus gestartet wird, gilt als Transitverfahren der Union im Zollgebiet Nordirland.
Mehr zum Transitverfahren durch Nordirland
Es ist nicht möglich, Waren aus der EU über Nordirland nach GB zu befördern, um Zölle oder Zollformalitäten zu umgehen. Die zuständigen Behörden können Waren beschlagnahmen und Strafen verhängen.
Marktzugangsregeln: Welche Normen und Standards gelten für Nordirland?
Durch den Brexit und den Austritt der Briten aus dem Binnenmarkt gibt es zwei rechtlich voneinander getrennte Märkte. Gemeinsame Produktvorschriften oder eine automatische gegenseitige Anerkennung, wie es sie im Binnenmarkt gab, gibt es nicht mehr. Waren müssen die Produktvorschriften des Zielmarktes erfüllen. Das Nordirland-Protokoll zum Austrittsabkommen sieht vor, dass Nordirland im EU-Binnenmarkt für Waren bleibt. Für Nordirland gelten weiterhin die EU-Bestimmungen. Folglich kann es unterschiedliche Produktanforderungen in GB und in Nordirland geben. Die britische Regierung stellt eine Übersicht zur Verfügung.
Ursprungseigenschaft und Konsequenzen für präferenziellen Ursprung
Seit dem 1. Januar 2021 zählen britische Waren und (Vor-)Materialien nicht mehr für den EU-Ursprung einer Ware. Beim Thema "Ursprungseigenschaften“ wird nicht zwischen GB und Nordirland unterschieden. Es gibt nur einen gemeinsamen Ursprung für das VK. Aus diesem Grund werden auch Waren aus Nordirland nicht mehr wie EU-Präferenzwaren betrachtet und im Rahmen einer Präferenzkalkulation nicht mehr als ursprungsbestimmend für EU-Präferenzware akzeptiert. Waren aus dem VK fließen dann als "Vormaterial ohne Ursprungseigenschaft“ in die Berechnung des präferenziellen EU-Ursprungs mit ein. Dies kann zu einem Verlust der EU-Präferenzeigenschaft und somit zum Verlust der Zollvergünstigung führen.
Produkte mit einem EU-/VK-Ursprung können im Rahmen des Handelsabkommens zwischen der EU und dem VK von Präferenzen/Präferenzzollsätzen profitieren.
Weitere Informationen zum Freihandelsabkommen EU-VK
Welche Freihandelsabkommen finden für Nordirland Anwendung?
Da Nordirland weiterhin zum Zollgebiet des VK gehört und das Nordirland-Protokoll auch keine Regelung beinhaltet, die das VK daran hindert, Nordirland in den Geltungsbereich der zukünftigen Freihandelsabkommen (FHA) einzubeziehen, finden die neuen FHA zwischen dem VK und Drittstaaten auch für Nordirland Anwendung. Dies setzt jedoch voraus, dass das Nordirland-Protokoll durch das jeweilige FHA zwischen dem VK und den Drittstaaten nicht beeinträchtigt wird.
Die britische Regierung informiert regelmäßig über den aktuellen Verhandlungsstand beziehungsweise den Statuts einzelner Abkommen.