Zollbericht Welt WTO
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU & MSMEs) in der WTO
(Stand: Juli 2024) KMU werden im internationalen Handel immer wichtiger - Die Herausforderungen bleiben dennoch. Die WTO setzt sich mit Arbeitsgruppen und Tools ein.
Von Dr. Melanie Hoffmann | Bonn
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) spielen in der heutigen Zeit eine wichtige Rolle. Sie werden sogar als Rückgrat der europäischen Wirtschaft bezeichnet. Zahlreiche Arbeitsplätze und ein gesteigertes Wirtschaftswachstum gehen mit den rund 23 Millionen KMU in Europa einher (99,8 Prozent der Unternehmen in Europa). International sind rund 95 Prozent der Unternehmen KMU; sie decken 60 Prozent der Arbeitsplätze ab. Wichtige Lieferketten von beispielsweise Medizinprodukten beinhalten vollständig oder teilweise KMU.
Definition "Kleine und Mittelständische Unternehmen"
Nach der Definition der Europäischen Union (EU) haben KMU weniger als 250 Beschäftigte. Zudem liegt der Jahresumsatz bei maximal 50 Millionen Euro oder bei einer Bilanzsumme von maximal 43 Millionen Euro. Für die Inanspruchnahme von Förderprogrammen ist die Definition und Unterscheidung zu großen Unternehmen essenziell.
Die WTO unterteilt die KMU in weitere Kategorien und spricht von MSMEs (Micro, small and medium-sized enterprises):
Klassifizierung | Anzahl der Beschäftigten |
---|---|
Mikrounternehmen | weniger als 10 Beschäftigte |
Kleine Unternehmen | 10 bis 49 Beschäftigte |
Mittlere Unternehmen | 50 bis 249 Beschäftigte |
Kleine und mittlere Unternehmen | 1 bis 249 Beschäftigte |
Große Unternehmen | 250 und mehr Beschäftigte |
Aktuelle Herausforderungen
KMU stehen häufig vor großen Herausforderungen, von denen große Unternehmen zumeist nicht im selben Ausmaß betroffen sind. Denn diese können auf einen größeren Ressourcenbestand zurückgreifen. KMU werden mit unter anderem folgenden Herausforderungen konfrontiert:
- Fachkräftemangel
- Digitalisierung
- Nachhaltigkeit
- Unternehmensnachfolge
- Lieferkettenproblematik
Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen und dem enormen Potenzial, das KMU im Hinblick auf die Wirtschaftsleistung und der globalen Wertschöpfungsketten vorweisen können, setzt sich die WTO in Form von Arbeitsgruppen, Events, Gesprächskreisen und Tools für KMU ein.
Die KMU-Politik in der WTO
Seit der 11. WTO-Ministerkonferenz in Buenos Aires (2017) setzt sich die sogenannte informelle Arbeitsgruppe für die Belange der KMU ein. Sie besteht mittlerweile aus 103 WTO-Mitgliedern. Sie haben sich dazu verpflichtet, KMU vollständig in den internationalen Handel zu integrieren und dafür entsprechende Lösungen zu erarbeiten.
Aktuelles Arbeitsprogramm
Auf der Sitzung Mitte März 2023 genehmigte die Gruppe das neue Arbeitsprogramm, das fünf Kernthemen in den Fokus nimmt:
- Verbesserung des Informationszuganges für KMU
- Verstärkte Einbeziehung von KMU in den internationalen Handel
- Bereitstellung politischer Leitlinien
- Umsetzung des Pakets aus dem Jahr 2020
- Verstärkte Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft
Paket mit Empfehlungen und Erklärungen
Die WTO-Arbeitsgruppe für KMU hat am 11. Dezember 2020 ein Paket mit sechs Empfehlungen und Erklärungen verabschiedet, um KMU zu unterstützen. Das Paket enthält eine Reihe freiwilliger und unverbindlicher Empfehlungen, die folgende Themen abdecken:
- KMU-bezogene Informationen im Rahmen der Trade Policy Reviews
- Zugang zu Informationen
- Handelserleichterungen für KMU
- Einbeziehung von KMU in regulatorische Entwicklungen
- Umsetzung des Beschlusses über die Integrierte Datenbank (IDB)
- Zugang zu Finanzmitteln und grenzüberschreitenden Zahlungen
Trade-Helpdesk für KMU
Im Zuge der 11. Ministerkonferenz hat die WTO in Zusammenarbeit mit dem International Trade Centre (ITC) und United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) einen Trade-Helpdesk entwickelt. Hier können sich KMU kostenlos über internationale Handelsregeln informieren.
Trade4MSMEs-Plattform
Das von der WTO-Arbeitsgruppe im Dezember 2021 veröffentlichte Tool Trade4MSMEs stellt einerseits für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU/MSMEs) und andererseits für politische Entscheidungsträger und Forscher vielfältige Leitfäden (MSME Guides/Policymaker Guides) sowie allgemeine Informationen zu verschiedenen Handelsthemen (MSME Library/Policymaker Library) zur Verfügung.
Weitere Informationen zu KMU in der WTO:
- Aktuelle Entwicklungen und Neuigkeiten zu KMU (MSMEs) in der WTO
- Arbeitsdokumente und Erklärungen der Arbeitsgruppe
- WTO-Datenbank: MSME references in trade policy reviews
Die KMU-Politik in der EU
In der EU gelten KMU in vielen Bereichen als Vorreiter. Um daran festhalten zu können, fördert die EU die KMU bereits durch KMU-Förderprogrammen und spezifischen KMU-Wettbewerbsregeln. Die KMU-Politik der EU möchte unter anderem folgende Bereiche dadurch fördern:
- Unternehmerische Fähigkeiten und Unternehmensgeist
- Marktzugang für KMU
- Abbau bürokratischer Hindernisse
- Verbesserung des Wachstumspotenzials der KMU
- Stärkung des KMU-Austausches/Dialogs
Die sogenannte KMU-Strategie der Europäischen Kommission für ein nachhaltiges und digitales Europa fokussiert dabei folgende Schlüsselbereiche: nachhaltige und digitale Transformation, freie Geschäftsausübung im Binnenmarkt und bessere Rechtsdurchsetzung sowie besserer Zugang zu Finanzmitteln. Damit trägt die Strategie unter anderem bei der Umsetzung des europäischen Green Deals bei.