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Beratende Ingenieure, Zulieferer und ihr Austausch – ein weites Feld

Ingenieurconsultants berücksichtigen bei ihrer Projektplanung Angebote von Firmen, die später Aufträge wollen. Fragen und Antworten zu einer womöglich schwierigen Kommunikation. (Stand 09.01.2024) 

Von Ulrich Binkert | Bonn

Ingenieurconsultants planen für öffentliche oder auch private Auftraggeber Kraftwerke, Häfen und andere Infrastrukturprojekte. Für Spezifikationen holen sie immer wieder Angebote von Baufirmen, Techniklieferanten oder anderen Unternehmen ein, die das nötige Fachwissen haben. "Wir planen das vollständige Projekt bis ins Detail und tauschen uns da natürlich laufend mit Anbietern aus", sagt Fred Wendt von der österreichisch-deutschen Ingenieurberatung ILF im Interview mit GTAI. "So stellen wir sicher, dass wir auf dem letzten Stand der Technik sind, dass alles gut zusammenpasst und auch ein Wettbewerb zwischen den Anbietern entsteht."

Nun haben die anbietenden Firmen gleichzeitig ein Interesse an Aufträgen aus dem Projekt. Über Spezifikationen in technischen Studien oder den Ausschreibungen, die die Consultants ausarbeiten, könnten sie Einfluss darauf nehmen, wer überhaupt als Auftragnehmer in Betracht kommt. 

Branchenvertreter geben Auskunft, wie Consultants und potenzielle Zulieferer in dieser Gemengelage kommunizieren.

Lassen sich die Berater bei der Ausarbeitung von Plänen und Spezifikationen von den Anbietern beeinflussen?

"Nein", sagt Fred Wendt von ILF. "So etwas wäre für uns ein No-Go, wir halten uns an unsere strengen internen Compliance-Regeln." Ein anderer Berater stimmt zu und macht es am Beispiel einer technischen Ausrüstung deutlich: "Wir spezifizieren nur Kriterien, die diese Anlage erfüllen muss, ohne dass dies auf einen bestimmten Lieferanten hinauslaufen würde", sagt der Mann, der hier Thomas Meißner heißen soll.

Wie ist das bei Projekten privater Auftraggeber?

Bei üblicherweise privat finanzierten Rechenzentren scheinen Anbieter zumindest zu versuchen, die Consultants zu beeinflussen. Dazu Michael Jux von der Hamburger Firma Stulz, die solche Zentren mit Kühltechnik ausrüstet: "Der Consultant lässt sich bei seinen Empfehlungen an den Investor von uns – und sicherlich auch von unseren Wettbewerbern – technische Einzelheiten ausarbeiten", sagte der für Subsahara-Afrika zuständige Manager in einem Interview. Das geht bis hin zu Unterlagen für die spätere Ausschreibung durch den Investor. Jeder Zulieferer versucht dann, den Consultant von seiner individuellen technischen Lösung zu überzeugen."

Wie läuft die Kommunikation zwischen Consultant und Anbietern üblicherweise?

Baufirmen kommen auf Thomas Meißner normalerweise erst dann zu, wenn das fragliche Projekt schon recht konkret ist. Bei Standardprodukten vom Markt hingegen steht der Consultant in ständigem Kontakt mit potenziellen Lieferanten. "Wir haben deren Kataloge und berücksichtigen die gegebenenfalls bei unserer Planung." Michael Jux bestätigt dies aus der Sicht des Lieferanten. "Die Consultants kennen natürlich alle "approved suppliers". Sie nehmen je nach Region mit ihren Ansprechpartnern Kontakt auf, um zusammen eine technische Lösung zu erarbeiten."

Ein konkretes Beispiel hierzu?

Der Technologiekonzern Bosch stattete das dritte Terminal des Flughafens Daressalam in Tansania mit Sicherheitstechnik aus. "Wir bekamen den Auftrag auf der dritten Vergabeebene", sagt Boschs Afrikachef Markus Thill. "Sobald sich die Hinweise verdichten, dass so ein Projekt anlaufen könnte, strecken wir die Fühler unter den Flughafenbauern und -planern aus. Diesen Firmen stellen wir unverbindlich ein Angebot für das Projekt vor, quasi auf Verdacht. Details und Kalkulationen daraus nehmen die Flughafenbauer in ihr Angebot auf, mit dem sie sich um den Zuschlag für das Projekt bemühen." 

Ist die Kommunikation zwischen Consultant und Anbieter nicht heikel?

Man müsse in der Tat aufpassen, sagt Consultant Meißner sinngemäß. "Die Anbieter brauchen von uns Projektinformationen, die nur wir als Planer haben. Erst dann können sie uns ein einigermaßen passendes und wirtschaftliches Angebot machen." Auch Mitarbeiter von Baufirmen hätten sich schon bei ihm gemeldet nach dem Motto "sag uns mal Bescheid, wenn der Tender kurz bevorsteht". Man gebe aber keine sensiblen Informationen weiter und achte peinlich darauf, niemanden zu bevorzugen.

Sind manche Anbieter penetrant beim Kontakt mit den Consultants?

Das komme vor, sagt Thomas Meißner. "Einige belagern einen richtig, andere fordern die Zusendung von Planungsunterlagen. Wir blocken solche Avancen aber ab, auch in der – ja bereits recht fortgeschrittenen – Ausführungsplanung. Im Kontakt mit Baufirmen bin ich inzwischen sehr zurückhaltend. Das könnte sonst ähnlich laufen wie bei einem mir bekannten Geschäftsführer eines Bergwerks in Afrika." Er suchte – per privater Ausschreibung – Anbieter für den Bau einer Zufahrtsstraße. Ein chinesischer Bauunternehmer suchte ihn auf. "Was plant ihr da eigentlich genau? Sie haben doch Kinder, wollen die nicht mal ein neues Smartphone, ein schickes Tablet?"

Was sagen deutsche Ingenieursconsultants zum Thema Korruption bei staatlichen Auftraggebern?

"Wir sind extrem darauf bedacht, uns davon fernzuhalten", gibt Thomas Meißner viele ähnlich klingende Antworten wieder. Man müsse sehr aufpassen, nicht in Ränkespiele im Gastland zu geraten. Innerhalb der Behörden gebe es viele Grüppchen mit eigenen und teils auch persönlichen Interessen und zudem politische Einflussnahmen. "So hat die Behörde vielleicht von Anfang an bereits einen Kontraktor im Auge. Schwierig wird so etwas spätestens dann, wenn sich der Verdacht aufdrängt, dass maßgebliche Leute in der Behörde auch auf der Gehaltsliste ebendieser Firma stehen."

Sichert auch die Gesetzeslage in Deutschland einwandfreies Verhalten der Consultants im Ausland?

Für den Mitarbeiter einer deutschen Consultingfirma schon: "Wir sind als Angestellte auch persönlich haftbar, seitdem Deutschland die entsprechenden Gesetze geändert hat." Berater aus angelsächsischen Ländern würden allerdings teils noch stärker auf die Einhaltung der Vorschriften achten. "Dort drohen höhere Schadenersatzforderungen. Andererseits ist es dort schwerer, grob fahrlässiges Verhalten nachzuweisen."

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