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Albanien diversifiziert seine Stromversorgung
Albanien bezieht seinen Strom fast ausschließlich aus Wasserkraftwerken. Nun diversifiziert das Land seine Stromversorgung und setzt dabei auf Wind- und Solarkraft.
24.08.2023
Von Martin Gaber | Belgrad
seines Stroms produziert Albanien aus Wasserkraft.
Der in Albanien produzierte Strom kommt schon heute zu fast 100 Prozent aus erneuerbaren Energien, so Zahlen der Statistikbehörde Instat. Und trotzdem ist das Land verwundbar. Denn der Balkanstaat setzt bislang nur auf Wasserkraft. Das Potenzial von Solar- und Windenergie wurde lange Zeit ignoriert.
Die großen Wasserkraftwerke haben in den trockenen Sommermonaten immer öfter Schwierigkeiten, den Bedarf zu decken. So kommt es, dass Albanien nur circa 70 Prozent seines Strombedarfs decken kann. Rund 30 Prozent müssen mit teils teuren Importen abgedeckt werden. Demgegenüber werden die Überschüsse in der regenreichen Zeit sowie nach der Schneeschmelze exportiert.
Indikator | Wert |
---|---|
Nettostromproduktion | 7.003 |
davon fossile Energiequellen | 0 |
davon Wasserkraft | 6.951 |
davon andere erneuerbare Energien | 51 |
Bruttoimporte | 3.044 |
Bruttoexporte | 2.123 |
Verfügbarer Strom gesamt | 7.924 |
Erneuerbare Energien haben großes Potenzial
Das Potenzial für Solar- und Windenergie in dem Balkanstaat ist immens. Die beiden Energieträger könnten gerade in den niederschlagsarmen Monaten eine stabile Energieversorgung garantieren. Die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) geht davon aus, dass Albaniens Potenzial bei 7 Gigawatt liegt. Davon könnten bis 2030 rund 1,7 Gigawatt installiert werden. Laut dem Portal Euractiv wird gleichzeitig damit gerechnet, dass Albaniens Energiebedarf bis 2030 um 77 Prozent steigen wird, während die Stromproduktion aus Wasserkraft um 15 bis 20 Prozent sinkt.
Um diesen Bedarf decken zu können, müssen angekündigte Projekte auch umgesetzt werden. Mit dem Fortschritt zeigte sich die Regierung im Frühjahr 2023 bei einem Besuch des im Bau befindlichen Solarparks Blue 1 zufrieden.
"[...] Der Plan, Albanien unabhängig von Energieimporten sowie zu einem Nettoexporteur zu machen, wird immer realistischer [...]", sagte Premierminister Edi Rama.
Neue Dynamik beim Bau von Wind- und Solarparks
Auch bei anderen Projekten geht es voran: Mit dem 140-Megawatt-Projekt Karavasta wird der erste große Solarpark an den Start gehen. Umgesetzt wird das Vorhaben vom französischen Unternehmen Voltalia. Maßgeblich auch mit Unterstützung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Diese vergibt auch einen Kredit für die schwimmende Fotovoltaikanlage auf dem Gelände des Kraftwerks Vau i Dejës. Weitere Solarprojekte befinden sich bereits in Planung oder in der Umsetzung.
Zudem wurde die erste Auktion für Windenergie im Land abgehalten. Es wurden Kapazitäten von über 222 Megawatt vergeben. Auch das Energieunternehmen Verbund aus Österreich erhielt im Rahmen der Auktion knapp 73 Megawatt. Bislang wurden noch keine Windprojekte in Albanien umgesetzt. Für die neuen Projekte wird vermutlich ein hybrides Schema gelten. Während ein Teil des Stroms zu festen Preisen an staatliche Anbieter geht, wird der Rest zu Marktpreisen verkauft.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (in Mio. Euro) | Anmerkungen | Projektträger |
Skavica Wasserkraftwerk | 250 bis 500 | k.A. | |
Fierza-Koman Pumpspeicherkraftwerk | 203 | EBRD-Kredit, WBIF-Zuschuss; in Vorbereitung | k.A. |
Karavasta Solarpark | 136 | EBRD-Kredit; in Umsetzung | |
Dumrea Erdgasspeicher | 75 | EBRD-Kredit, WBIF-Zuschuss; in Vorbereitung | |
Stromverbindung Albanien-Nordmazedonien, Abschnitt in Albanien | 70 | KfW-Kredit, WBIF-Zuschuss und Eigenmittel; in Umsetzung | |
Erneuerung Fierza Wasserkraftwerk | 49 | KfW-Kredit, WBIF Zuschuss; Ausschreibung in Vorbereitung | |
Tirana-Durrës-Region: Erneuerung des Stromübertragungsnetzes | 46 | KfW-Kredit, WBIF-Zuschuss und Eigenmittel; in Umsetzung; | |
Blue 1 Solarpark in Fier | 28 bis 43 | Finanzierung durch Eigenmittel | |
Fier-Vlora Gaspipeline | 18 | EBRD-Kredit, WBIF-Zuschuss, SECO-Zuschuss und Eigenmittel; Ausschreibung in Vorbereitung | |
Schwimmende Fotovoltaikanlage Vau i Dejës | 134 | EBRD-Kredit, WBIF-Zuschuss und Eigenmittel; Ausschreibung im Gange | |
Blue 2 Solarpark in Fier | k.A. | Eigenmittel |
Mit dem Ausbau der Erneuerbaren ist es aber noch nicht getan. Albanien muss auch in seine Stromleitungen investieren. Rund 20 Prozent des produzierten Stroms gehen im Übertragungs- und Verteilernetz verloren, so die Zahlen von Instat.
Staatliche Wasserkraftwerke produzieren Großteil des Stroms
Drei staatliche Kraftwerke am Fluss Drin produzieren über die Hälfte des Stroms aus Wasserkraft in Albanien. Das Größte ist das Wasserkraftwerk Koman am gleichnamigen Stausee mit einer installierten Kapazität von 600 Megawatt. Sie gehören zum staatlichen Energieunternehmen Korporata Elektroenergjetike Shqiptare (KESH). Nach eigenen Angaben betreibt KESH fast 80 Prozent der installierten Kapazität in Albanien und kann damit den Bedarf von rund 70 Prozent der Haushalte decken. Mit Skavica soll noch ein weiteres Wasserkraftwerk hinzukommen. Die geplante installierte Kapazität liegt bei 210 Megawatt. Die Kosten werden auf 250 Millionen bis 500 Millionen Euro beziffert.
Pipeline bringt bislang wenig Nutzen
Die Transadriatische Pipeline (TAP) bringt Gas aus Aserbaidschan nach Italien. Die TAP verläuft durch Albanien und dann auf dem Meeresgrund weiter bis Italien. Albanien profitierte mit Ausnahme der Bauphase bislang nur wenig von dem Projekt. Das soll sich künftig ändern: In Planung ist ein Entnahmepunkt bei Fier. Die Verbindung könnte dann sowohl ein mögliches Gaskraftwerk versorgen als auch Erdgas in weitere Teile Europas transportieren. Der Zeitrahmen für die Fertigstellung dürfte bei zwei bis drei Jahren liegen. Anschließend soll der Entnahmepunkt an den albanischen Staat übergehen und durch diesen verwaltet werden.
Flüssiggasterminals kommen nicht voran
Schon im März 2021 hatten Excelerate Energy, ExxonMobil und die albanische Regierung eine Machbarkeitsstudie für ein Flüssiggasterminal in Vlora angekündigt. Angedacht war, dass neben dem Terminal das Kraftwerk Vlora zu einem Gaskraftwerk umgebaut sowie ein Verteilernetz für Albanien und die umliegenden Westbalkanstaaten gebaut wird. Bereits im Jahr 2023 hätte der Umbau des Kraftwerks beginnen sollen. Die Pläne sind seitdem allerdings nicht vorangekommen.
Deutschland und Frankreich unterstützen Albanien
Unterstützung für seinen Energiesektor bekommt Albanien auch aus Deutschland und Frankreich. Im Juni 2023 wurde ein Vertrag für einen Kredit über 100 Millionen Euro sowie eine Förderung für technische Unterstützung über knapp 3 Millionen Euro unterzeichnet. Damit sollen die Nachhaltigkeit im Stromsektor und die Diversifizierung vorangetrieben werden. Der Fokus liegt auf erneuerbaren Energien.
Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) fördert die Energiewende in der Region durch mehrere Projekte. Dazu zählt das Vorhaben "Erneuerbare Energien für die Energiewende im Westbalkan fördern". Dabei sollen auch die Aus- und Weiterbildung in dem Bereich verbessert und Know-how vermittelt werden.
Bezeichnung | Anmerkungen |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Deutsche Industrie- und Handelsvereinigung in Albanien (DIHA) | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Albanien |
Deutsche Auslandsvertretung | |
Energieministerium | |
Staatliche Investitionsagentur | |
Staatliches Energieunternehmen | |
Betreiber des Übertragungsnetzes | |
Staatliches Gasunternehmen |