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Rechtsbericht | Argentinien | Wirtschaftsrecht

Argentiniens Wirtschaftsreform vom Senat angenommen

Die Wirtschaftsreform der neuen Regierung ist dem Gesetz einen Schritt näher gekommen. Das Anreizsystem für Großinvestitionen und andere Themen wurden nachgefasst.

Von Dr. Julio Pereira | Berlin

Sechs Monate nach dem Regierungswechsel in Argentinien ist es Präsident Javier Milei gelungen, sein bisher größtes Hindernis zu überwinden: In den frühen Morgenstunden des 13. Juni 2024 hat der Senat das Basisgesetz zur Umsetzung der Wirtschaftsreform angenommen. Nach über 17 Stunden Debatte ging die Abstimmung mit einem Unentschieden aus. Gemäß der Parlamentsordnung gab die Stimme der Senatspräsidentin den Ausschlag. Als Ergebnis wurde eine deutlich weniger umfassende Version der geplanten Wirtschaftsreform angenommen. Die Reform wird nun zur Überarbeitung und endgültigen Verabschiedung an die Abgeordnetenkammer zurückgegeben.

Im Folgenden werden die wichtigsten Punkte der neuen Fassung des Gesetzes (Ley de Bases y Puntos de Partida para la Libertad de los Argentinos) in der vom Senat geänderten Fassung erläutert.

Förderung von Großinvestitionen (RIGI)

Eine der umstrittensten Gesetzesänderungen im Basisgesetz ist das sogenannte Anreizsystem für Großinvestitionen (Régimen de Incentivo a las Grandes Inversiones - RIGI). Anders als in der Abgeordnetenkammer hat dieser Punkt des Gesetzes in den Debatten im Senat erheblich an Bedeutung gewonnen.

Ziel von RIGI ist die Förderung langfristiger Großinvestitionen, sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland. Zu diesem Zweck werden für 30 Jahre steuerliche, zollrechtliche und wechselkursbedingte Vergünstigungen gewährt. Die Umsetzung erfolgt auf der Grundlage von Rechtssicherheit, wobei die Eingriffsbefugnisse des Staates bei Projekten, die 200 Millionen Dollar überschreiten, reduziert werden. Insbesondere um ausländisches Kapital anzuziehen, können die Genehmigung und der Start von Großprojekten von administrativen Erleichterungen profitieren.

Eine der größten Kontroversen im Zusammenhang mit dem RIGI betrifft die mögliche Benachteiligung argentinischer kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) gegenüber ausländischen Großunternehmen. Artikel 165 des Basisgesetzes hatte ursprünglich vorgesehen, dass das RIGI auf Großinvestitionen in "jedem Sektor" der Wirtschaft Anwendung finden würde. Der argentinische Senat beschränkte die Anwendung vom RIGI auf fünf strategische Sektoren: Energie, Infrastruktur, Technologie, Agroforstwirtschaft und Bergbau.

Speziell beim Bergbau, der in die verfassungsrechtliche Zuständigkeit der Provinzen fällt, gab es eine wesentliche Änderung: In der ursprünglichen Fassung des Basisgesetzes war in Artikel 163 festgelegt, dass provinziale Regelungen, die dem RIGI zuwiderlaufen, unwirksam wären - was verfassungswidrig ist. In dem vom Senat angenommenen Text können die Provinzen ihre Vorschriften an das RIGI anpassen oder nicht. Diese Änderung hat besondere Bedeutung für die Regulierung von Lithium, dessen Abbau große Investitionen erfordert.

Privatisierungen

In der Originalfassung des Basisgesetzes war die Privatisierung von 41 staatlichen Unternehmen vorgesehen. Diese Zahl wurde in der Abgeordnetenkammer auf neun Unternehmen reduziert. Die vom Senat angenommene Fassung des Gesetzes sieht schließlich die Privatisierung von zwei Unternehmen vor:

  • ENARSA (Energía Argentina S.A.), zuständig für die Erkundung und Ausbeutung von Kohlenwasserstoffvorkommen sowie für den Transport und die Lagerung von Brennstoffen;
  • INTERCARGO SAU, die Flughafendienstleistungen für Fluggesellschaften erbringt.

Die wichtigste Fluggesellschaft (Aerolíneas Argentinas), die Rundfunk- und Fernsehgesellschaft (Radio y Televisión Argentina) sowie die Ölgesellschaft (Yacimientos Petrolíferos Fiscales - YPF) bleiben in staatlichem Besitz. Andere Unternehmen werden entweder nur Gegenstand privater Konzessionen sein oder können privates Kapital einbeziehen, wobei der Staat die Aktienmehrheit hält.

Änderung des Arbeitsrechts

Obwohl er viel weniger weitreichend ist als die ursprüngliche Fassung, hat der Senat den Teil V des Gesetzes, die sogenannte Arbeitsmodernisierung, gebilligt. Das Basisgesetz zielt darauf ab, die formelle Arbeitsverhältnisse zu fördern. Es bietet Arbeitgebern, die ihre Arbeitnehmer vertraglich beschäftigen, Vorteile - sprich, es schafft Strafen gegen Arbeitgeber ab, die bisher informelle Arbeitsverhältnisse mit ihren Arbeitnehmern hatten.

Im Senat wurden zwei wichtige Änderungen vorgenommen. Großunternehmen (mit mehr als 100 Arbeitnehmern) können künftig Arbeitnehmer für eine sechsmonatige Probezeit (doppelt so lang wie die derzeitige gesetzliche Frist) einstellen. Für KMU (mit sechs bis 100 Beschäftigten) beträgt die Probezeit acht Monate und für Kleinstunternehmen (mit weniger als fünf Beschäftigten) bis zu einem Jahr. Darüber hinaus wird es Selbstständigen möglich sein, drei weitere Personen einzustellen (statt fünf, wie ursprünglich vorgesehen), ohne dass eine Arbeitsbeziehung besteht.

Delegierung von Gesetzgebungsbefugnissen

Einer der wichtigsten Punkte des Basisgesetzes ist die Ausrufung des öffentlichen Notstands in vier Bereichen: Wirtschaft, Verwaltung, Finanzen und Energie. Nach der ursprünglichen Fassung des Gesetzes würden dem Präsidenten der Republik die Gesetzgebungsbefugnisse in diesen Bereichen für zwei Jahre übertragen, die er nach eigenem Ermessen verlängern könnte.

Die Delegierung von Gesetzgebungsbefugnissen an den Präsidenten ist im Artikel 76 der argentinischen Verfassung verankert und gilt für Situationen wie den „öffentlichen Notstand“
Es wurde beschlossen, dass Präsident Javier Milei für einen Zeitraum von einem Jahr in allen vier Bereichen über außerordentliche Gesetzgebungsbefugnisse verfügen wird. In der Praxis wird er ein Jahr lang gesetzgeberisch tätig sein können. In den Debatten im Senat wurde jedoch bekräftigt, dass alle vom Präsidenten erlassenen Rechtsakte vom Parlament kontrolliert werden müssen. Darüber hinaus bleibt das Parlament Inhaber der delegierten Gesetzgebungsbefugnis und kann diese so lange ausüben, wie die Übertragung andauert. Auch die vorzeitige Aufhebung der delegierten Befugnisse durch das Parlament ist möglich.

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