Branchen | Aserbaidschan | Wasser, Abwasser, Fernwärme, Erneuerbare Energien
Baku setzt auf Investitionen in die Versorgungswirtschaft
Aserbaidschans Hauptstadt muss viel Geld in die Sektoren Wasser, Abwasser, Strom, Gas und Fernwärme investieren. Die Reduzierung hoher Wasserverluste genießt oberste Priorität.
14.03.2025
Von Uwe Strohbach | Baku
Im Masterplan der Stadt Baku, einem strategischem Instrument der Stadtentwicklung bis 2040, spielt die Versorgungswirtschaft eine zentrale Rolle. Zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend: Erstens besteht ein erheblicher Investitionsstau bei der Instandhaltung und Modernisierung der bestehenden Infrastruktur. Zweitens kann der Bau neuer Versorgungskapazitäten mit dem schnellen Bevölkerungswachstum und der steigenden Nachfrage nicht mithalten.
Weniger Leitungsverluste sind oberstes Ziel in der Wasserwirtschaft
Hauptprobleme in Bakus Wasserwirtschaft sind hohe Verluste in den 7.300 Kilometer langen Leitungsnetzen und der kritische Zustand der Regenwasserkanalisation. Demgegenüber steht ein stark wachsender Bedarf an Trinkwasser auf der Halbinsel Abşeron. Dieser wird voraussichtlich von 1,3 Millionen Kubikmetern im Jahr 2023 auf 1,8 Millionen Kubikmeter im Jahr 2040 ansteigen.
Insgesamt | Natürliche Personen | Juristische Personen |
---|---|---|
1.277.010 | 1.221.278 | 55.732 |
Geschätzter Investitionsbedarf: 160 Millionen US-Dollar
Laut Experten der Weltbank macht die Wasserverlustquote 55 bis 60 Prozent der Netzeinspeisung aus. Etwa vier Fünftel dessen entsteht durch undichte Hausanschlüsse und Rohrleitungen mit einem Durchmesser von bis zu 50 Millimetern. Die restlichen Verluste betreffen hauptsächlich Übertragungs- und Verteilungsnetze mit größeren Leitungen. Die Fachleute beziffern den Investitionsbedarf für spürbar weniger Wasseraustritt auf gut 160 Millionen US-Dollar (US$) über fünf Jahre.
Geplante Projekte in der Wasserwirtschaft Bakus
In der Wasser- und Abwasserentsorgung der aserbaidschanischen Hauptstadtregion sind folgende Vorhaben anvisiert:
- Erneuerung und Ausbau des Kanalisationsnetzes in Baku und Umgebung,
- Bau von mindestens vier neuen Abwasserreinigungsanlagen,
- Verbesserung der Wasserversorgung in vielen Siedlungen und
- Rückgewinnung, Speicherung und Nutzung von Regenwasser im zentralen Teil von Baku.
Umfassende Investitionen in Gas- und Fernwärmenetze
Auch die Erneuerung und Erweiterung der Gas- und Fernwärmenetze wird in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen verschlingen.
Stabile Wärmeversorgung in Heizsaison problematisch
Die öffentliche Wärmeversorgung in Baku und Umgebung ist in einem kritischen Zustand. Viele Wohnhäuser und öffentliche Gebäude werden in der Heizsaison nur unzureichend oder zeitweise beheizt. Hauptursachen sind mangelnde Instandsetzung und Modernisierung der Heizungsanlagen sowie Probleme im Management des staatlichen Wärmeversorgers Azəristiliktəchizat. Ein Großteil der Heizungsanlagen und Wärmenetze hat seine Nutzungsdauer überschritten.
Vervierfachung des Wärmeverbrauchs bis 2040 erwartet
Demgegenüber steht ein rasant ansteigender jährlicher Gasverbrauch auf geschätzte 9,1 Milliarden Kubikmeter bis 2040. Das wäre eine Verdoppelung gegenüber 2020. Der Bedarf an Wärmenergie soll sich im gleichen Zeitraum sogar auf etwa 6.500 Gigawatt vervierfachen.
Öffentliche Finanzierung für neues Heizsystem vorgesehen
Der staatliche Wärmeversorger Azəristiliktəchizat plant ein neues Heizsystem in Baku. Vorschläge für mehrere Stadtteile liegen vor. Die Projekte sollen hauptsächlich staatlich finanziert werden, aber auch öffentlich-private Partnerschaften sind möglich. Derzeit investiert das Unternehmen vor allem in moderne und neue Kesselanlagen.
Unternehmensprofil Azəristiliktəchizat
Das Versorgungsunternehmen sichert als Monopolanbieter die Wärmeverteilung in Baku und den Regionen. Dazu zählen 3.900 Wohngebäude, 185.000 Wohnungen und 2.800 soziale und Wirtschaftseinrichtungen. Es betreibt 564 Kesselhäuser, 88 Heizzentralen und 850 Kilometer Fernwärmeleitungen.
Das Unternehmen finanziert sich nur zum Teil selbst. Es erhält vom Staat einen Zuschuss in Höhe von umgerechnet etwa 30 Millionen US-Dollar.
Die Heizsaison dauert gewöhnlich vom 15. November bis 15. April, in den 14 Gebirgsregionen vom 1. November bis 1. Mai.
Erste Projekte für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Sicht
Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) unterstützt Aserbaidschan ab 2025 mit technischer Hilfe in Höhe von 0,5 Millionen US-Dollar für eine energieeffiziente Wärmeversorgung. Das von der Regierung initiierte und von der ADB kofinanzierte Projekt umfasst vier Komponenten:
- Nutzung erneuerbarer Wärmequellen und Einführung horizontaler Wärmeverteilungssysteme (Pilotprojekt),
- Entwicklung einer nationalen Strategie für die Wärmeversorgung,
- Erarbeitung neuer rechtlicher und tarifrechtlicher Bestimmungen sowie Finanzierungsmodelle und
- Optimierung der Unternehmensführung und Geschäftsprozesse bei Azəristiliktəchizat.
Erneuerbare Energien – Solar- und Windkraftparks geplant
Baku und Umgebung haben großes Potenzial für die Erzeugung erneuerbarer Energien. Neben klassischen Möglichkeiten wie Grünflächen und Brachland gibt es auch Potenzial an Offshore-Windenergie im Kaspischen Meer sowie Potenziale an Fassaden, Dächern und Freiflächen.
Der Stadtentwicklungsplan sieht den Bau von Solar- und Windkraftparks mit einer Leistung von mindestens 1.200 Megawatt in Ələt (Alat), Lökbatan, Sabunçu (Subunchu) und Mərdəkan (Mardakan) auf 2.650 Hektar vor. Weitere Projekte sind in Planung.