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Special | Australien | Klimawandel lokal

Australiens Gasproduzenten wollen klimaneutral werden

Die australische Gasindustrie verfolgt ambitionierte Klimaziele. Eine wichtige Rolle spielt die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Der weltweit spürbare Druck seitens Politik und Investoren für mehr Klimaschutz wirkt sich auf die australischen Gaskonzerne aus. Diese wollen ihren Emissionsausstoß reduzieren und starten eine Reihe von Investitionsprojekten.

Sehr ehrgeizige Ziele verfolgt beispielsweise der zweitgrößte Produzent des Landes, Santos. Bereits bis 2040 will das Unternehmen in Bezug auf seine direkten Emissionen aus der Gasförderung und dem Energieverbrauch klimaneutral sein. Schädliches Kohlendioxid soll im großen Stil abgeschieden und unterirdisch gespeichert werden (Carbon Capture and Storage, CCS).

Dazu investiert Santos rund 165 Millionen US-Dollar (US$) in den Bau einer CCS-Anlage im südaustralischen Moomba, wo das Unternehmen zahlreiche Förderstätten sowie eine Gasaufbereitungsanlage betreibt. Um die Spezifikationen für die Einspeisung in das australische Gasnetz zu erfüllen, findet dort schon heute zu einem gewissen Grad eine Abschneidung von Kohlendioxid (CO2) aus dem Erdgas statt. Derzeit wird das CO2 aber noch in die Atmosphäre entlassen. Im Rahmen des Moomba Carbon Capture and Storage Projekts sollen ab 2024 rund 1,7 Millionen Tonnen des Schadstoffes in leer geförderten Öl- und Gasfeldern permanent gespeichert werden.

Geschäftsmodell blauer Wasserstoff

Längerfristig soll der Standort Moomba zu einem großen CCS-Hub ausgebaut werden, welcher eine jährliche Kapazität von bis zu 20 Millionen Tonnen erreichen könnte. Zusammen mit dem Ingenieursbüro GHD arbeitet Santos dabei auch an Plänen für die Produktion von blauem Wasserstoff für den Export. Interesse von potentiellen Abnehmern aus Japan und Korea liegt bereits vor.

Wasserstoff wird als blau bezeichnet, wenn die Herstellung aus Erdgas durch das Verfahren der Dampfreformierung erfolgt. Durch die Abscheidung und Einlagerung des dabei entstehenden CO2 entsteht ein Brennstoff, welcher einen vergleichsweise geringen Emissionsabdruck hinterlässt.

Ein weiteres Großvorhaben verfolgt Santos im Offshore-Gasfeld Bayu-Undan. Dieses befindet sich in den Hoheitsgewässern des Staates Timor-Leste (Osttimor). Verflüssigt und verschifft wird das dort geförderte Gas im australischen Darwin. Das Vorhaben wird zusammen mit der italienischen Eni entwickelt und soll eine Kapazität von 10 Millionen Tonnen pro Jahr erreichen.

Neben Santos plant eine Reihe weiterer Unternehmen den Einsatz der CCS-Technologie. Auch hier liegt der Fokus stark auf der Herstellung von blauem Wasserstoff, welcher beispielsweise in Form von Ammoniak in asiatische Märkte exportiert werden soll.

CCS-Projekte in Australien (Auswahl)

Name

Entwickler

Anmerkung

Waitsia Blue Amonia Project

(Western Australia)

Mitsui

Wesfarmers

Herstellung von blauem Wasserstoff und Ammoniak aus Erdgas mit CCS-Komponente. Geplante Produktionskapazität von bis zu  einer 1 Mio. t pro Jahr. Geschätztes Investitionsvolumen von 750 Mio. US$.

Mid West Blue Hydrogen and CCS Project 

(Western Australia)

APA Group

Warrego Energy

Pilot Energy

Herstellung von blauem Wasserstoff aus Erdgas mit CCS-Komponente. Erstellung einer Machbarkeitsstudie bis Anfang 2022.

Pedirka Blue Hydrogen Project

(Northern Territory)

Hexagon Energy Materials

Herstellung von blauem Wasserstoff aus Erdgas mit CCS-Komponente. Detailierte Machbarkeitsstudie wird ab Anfang 2022 erstellt.

Project Saturn

(Queensland)

Pure Hydrogen

Herstellung von blauem Wasserstoff aus Kohleflözgas mit CCS-Komponente.

deepC Store

Transborder Energy

Offshore-Multiuser CCS Projekt mit einer möglichen Kapazität von 1,5 Mio. t pro Jahr.

CarbonNet Project

Goverment of Victoria

Offshore-Multiuser CCS Projekt mit einer möglichen Kapazität von bis zu 5 Mio. t pro Jahr.

Quelle: Recherchen Germany Trade & Invest

Die Realisierung solcher Großprojekte bietet auch Geschäftschancen für deutsche Unternehmen. Neben den Abscheidungsanlagen und Pipelines werden auch große Kompressor-Stationen, zuverlässige Prozesspumpen und wartungsarme Armaturen benötigt.

Regierung stellt Fördermittel bereit, aber es gibt auch Kritik

Die CSS-Technologie soll für die Erreichung des australischen Klimaneutralitätsziels bis 2050 eine wichtige Rolle spielen. Die Regierung in Canberra vergibt darum über das Carbon Capture, Usage and Storage Hubs and Technologies Program Fördermittel in Höhe von rund 188 Millionen US$. Nach dem Willen der Regierung soll CCS auch von dem geplanten Low Emissions Technology Commercialisation Fund profitieren. Das mit rund 750 Millionen US$ dotierte Förderprogramm soll durch die Clean Energy Finance Corporation (CEFC) verwaltet werden.

Auch in Australien gibt es aber Bedenken bezüglich der unterirdischen Kohlendioxid-Einlagerung. Mehrere Verbände haben Kritik an der staatlichen Förderung von CCS geäußert, unter anderem der Clean Energy Council.

Das aktuell weltweit größte CCS-Projekt betreibt der Energiekonzern Chevron im Bundesstaat Western Australia. Die Anlage mit einer jährlichen Kapazität von 4 Millionen Tonnen wurde allerdings von anfänglichen technischen Problemen geplagt. Die Inbetriebnahme im Jahr 2019 erfolgte mit dreijähriger Verspätung. Das Ziel, die Emissionen der Gorgon-Gasverflüssigungsanlage um 40 Prozent zu reduzieren, wurde im ersten Fünfjahreszeitraum (2016-2021) deshalb verfehlt. 

Woodside startet Investitionsoffensive

Unternehmen wie Woodside halten aber an CCS fest. Zusammen mit Partnern wie BP, Mitsubishi oder Mitsui untersucht der größte australische Gasproduzent entsprechende Möglichkeiten vor der westaustralischen Küste. Dort betreibt Woodside in Karratha die Gasverflüssigungsanlagen Pluto und North West Shelf.

Darüber hinaus gibt es weitere Ansätze. Bis 2030 will der Konzern seine Emissionen um 30 Prozent reduzieren und dafür rund 5 Milliarden US$ investieren. Die Klimaneutralität wird bis 2050 angestrebt. 

Im Rahmen des H2Perth Project ist dabei auch die Produktion von klimaneutralem Wasserstoff geplant. Die Anfangskapazität liegt bei 110.000 Tonnen pro Jahr. Davon werden etwa zwei Drittel aus Erdgas gewonnen, zusätzlich entsteht eine 250 Megawatt Elektrolyseanlage. Die Kosten für das Vorhaben belaufen sich auf 750 Millionen US$, wobei der Baustart 2024 erfolgen soll. 

Klimaschützer äußern jedoch Vorbehalte und sprechen teilweise sogar von einer Mogelpackung. So ist eine CCS-Komponente gar nicht vorgesehen. Der Strom für die  Elektrolyseanlage kommt nach den Plänen von Woodside aus dem regulären Netz, welches zum Großteil aus fossilen Energieträgern besteht. Die Klimaneutralität des produzierten Wasserstoffs kann deshalb zunächst nur durch anderweitige Kompensationsmaßnahmen wie Aufforstung erreicht werden. 

Zu einem späteren Zeitpunkt könnten jedoch auch erneuerbare Energien in das Projekt integriert werden, so dass originärer grüner Wasserstoff erzeugt wird. Dabei plant Woodside einen Ausbau der Elektroyseleistung auf bis zu 3 Gigawatt. In Tasmanien verfolgt Woodside bereits ein Projekt, welches von Beginn an auf grünen Wasserstoff setzt. Für das H2TAS Project in Bell Bay ist eine Elektrolyseleistung von 300 Megawatt geplant.

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