Wirtschaftsumfeld | Australien | Wirtschaftsstruktur
Der Rohstoffgigant diversifiziert seine Wirtschaft
Der australische Exportsektor wird stark von rohstoffbasierten Industrien und der Landwirtschaft beeinflusst. Das soll sich ändern.
10.12.2024
Von Daniel Lenkeit | Sydney
Australien ist eine wohlhabende Dienstleistungsökonomie, die hervorragend in globale Märkte integriert ist. Trotz der relativ geringen Bevölkerungszahl ist es die fünftstärkste Volkswirtschaft im Asien-Pazifikraum. Der hohe Wohlstand der Bevölkerung macht Australien interessant als Absatzmarkt für eine breite Palette von Konsumgütern. Auch als Beschaffungsmarkt für kritische Rohstoffe gewinnt der Kontinent zunehmend Beachtung.
Der australische Export ist abhängig von Bergbau und Landwirtschaft
Australien gehört weltweit zu den größten Exporteuren von Eisenerz, Kohle und Erdgas. Die Rohstofflieferungen des Landes beflügeln seit vielen Jahren die Industrialisierung in Asien. Als wichtigster Handelspartner nimmt China über 80 Prozent aller australischer Eisenerzexporte ab und nährt damit seine Stahlproduktion. Die anderen Hauptabnehmerländer Japan, Indien und Südkorea sichern ihren Energiebedarf mit australischem Erdgas und Kohle.
Primär ist Australien ein Rohstofflieferant mit einem ausgeprägten Bergbausektor. Dieser generiert über 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Obwohl der Bergbau nur circa 2 Prozent der Arbeitskräfte beschäftigt, ist seine wirtschaftliche Bedeutung für nachgelagerte Lieferketten und den Infrastruktursektor hoch.
Landwirtschaft ist durch Klimawandel unter Druck
Australien gehört global zu den wichtigsten Agrarexporteuren. Rindfleisch, Meeresfrüchte, Wolle, Wein, Weizen und Milchprodukte sind Ausfuhrschlager und werden unter anderem nach Asien und in den Nahen Osten exportiert.
Für die Landwirtschaft ist der Klimawandel eine zunehmende Herausforderung. Die Erträge werden durch große Buschfeuer und Wasserknappheit aufgrund von häufigeren und längeren Dürren in wichtigen Landwirtschaftsregionen wie New South Wales und Queensland gemindert. Steigende Temperaturen senken die Produktion von Gütern wie Wein und Weizen. In der Folge investiert Australien in effiziente Bewässerungssysteme und Wasseraufbereitung. Ebenso wird der zukünftige Anbau hitzeresistenterer Nutzpflanzen untersucht.
Australien ist für Deutschland ein stabiler Handelspartner
Zahlreiche Handelsabkommen garantieren Australien bevorzugten Zugang, vor allem zu asiatischen Märkten. Mit Indien und der EU sind Abkommen in Verhandlung. Vor den australischen Parlamentswahlen, welche voraussichtlich im Mai 2025 stattfinden, dürfte es jedoch keine neuen Abschlüsse geben.
Für Deutschland ist Australien der zehntgrößte Absatzmarkt außerhalb der EU. Die Bundesrepublik liefert vor allem Maschinen und Anlagen für den Bergbau und die Landwirtschaft, Autos, Traktoren und pharmazeutische Produkte nach Down Under. Weiterhin werden auch Elektronik- und Medizintechnikprodukte sowie Luxusartikel aus dem Konsumgüterbereich wie Uhren, Mode oder Möbel exportiert.
Australien will grünen Wasserstoff und kritische Rohstoffe nach Europa liefern
In Zukunft wird Australien als Beschaffungsmarkt zum einen für kritische Rohstoffe und zum anderen für grüne Energieträger besonders interessant werden.
Sowohl beim Abbau von Batteriemineralen, als auch in der Entwicklung von Seltenen Erden strebt Australien eine globale Führungsposition an. Deutschland zeigte bereits Interesse an der Mitfinanzierung einzelner Rohstoffprojekte und hat mit dem Rohstofffonds der Bundesregierung ein Instrument in der Hand, um die Entwicklung von Vorhaben in Australien zu fördern.
Der Kontinent verabschiedete im September seine "National Hydrogen Strategy" mit konkreten Produktionszielen bis 2030 und 2050. Damit will Australien eine führende Position in der globalen Wasserstoffwirtschaft einnehmen und dies vor allem über den Export grünen Wasserstoffs erreichen. Deutschland und Australien unterzeichneten ein Wasserstoffabkommen, welches australische Produzenten und deutsche Abnehmer von grünem Wasserstoff zusammenzubringen soll.
Dienstleistungen verdrängen das verarbeitende Gewerbe
Durch den geringen Anteil an verarbeitendem Gewerbe sind die Absatzchancen für kapitalintensive Investitionsgüter wie Maschinen und Anlagen weniger ausgeprägt und größtenteils auf die wichtigen Sektoren Bergbau und Landwirtschaft begrenzt. Das produzierende Gewerbe hat nur knapp 6 Prozent Anteil an der Bruttowertschöpfung.
Die Dienstleistungsbranche hingegen wird immer wichtiger. Schlüsselbereiche sind die Finanz- und Versicherungsbranche, die Gesundheitswirtschaft sowie Tourismus und Bildung. In Australien beginnen jährlich etwa 180.000 neue Auslandsstudenten ihre Ausbildung. Der Großteil stammt aus China, Indien, Nepal, den Philippinen und Vietnam.
Für eine industrialisierte und entwickelte Volkswirtschaft ist zudem Australiens Anteil des Primärsektors am BIP mit 2,4 Prozent beachtlich. Zum Vergleich: In Deutschland tragen Fischerei, Land- und Forstwirtschaft weniger als 1 Prozent zur Wertschöpfung bei.
Sektoren | Anteil an Bruttowertschöpfung 2023/2024* | Anteil an den |
---|---|---|
Dienstleistungen | 72,1 | 82,0 |
Gesundheitsfürsorge und Sozialhilfe | 8,5 | 15,4 |
Professionelle, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen | 7,8 | 8,0 |
Finanz- und Versicherungsdienstleistungen | 7,5 | 3,3 |
Bergbau | 12,2 | 1,5 |
Baugewerbe | 7,5 | 7,8 |
Verarbeitendes Gewerbe | 5,9 | 5,8 |
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 2,4 | 3,0 |
Metropolregionen bestimmen das Wirtschaftsgeschehen
Australiens Wirtschaft ist größtenteils in urbanen Zentren konzentriert. Die Bevölkerung lebt zu etwa 90 Prozent in den Städten des Landes. Die fünf Großstädte Sydney, Melbourne, Brisbane, Perth und Adelaide beherbergen zusammen rund zwei Drittel der Gesamtbevölkerung.
Das Herz der australischen Wirtschaft schlägt in Sydney. Mit sechs Millionen Einwohnern ist die Stadt im Bundesstaat New South Wales das Finanz- und Versicherungszentrum des Landes und generiert etwa ein Viertel des australischen BIP.
Gebiet | Anteil am BIP (in %) | BIP pro Kopf (in US$) *) | Bevölkerung (in Mio.) 2023 |
---|---|---|---|
New South Wales (NSW) | 30,3 | 62.118 | 8,4 |
Victoria (Vic) | 22,3 | 55.888 | 6,9 |
Queensland (Qld) | 19,8 | 62.001 | 5,5 |
Süd Australia (SA) | 5,5 | 50.613 | 1,9 |
West Australia (WA) | 17,2 | 101.708 | 2,9 |
Tasmanien (Tas) | 1,6 | 46.959 | 0,6 |
Northern Territory (NT) | 1,3 | 90.585 | 0,3 |
Australian Capital Territory (ACT) | 2,0 | 75.242 | 0,5 |