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Branchen | Bangladesch | Gesundheitswesen

Der Gesundheitssektor wird ausgebaut

Bis 2023 sollen die Gesundheitsausgaben in Bangladesch auf 14 Milliarden US-Dollar zulegen. Geschäftschancen für die Medizintechnikbranche bietet vor allem der Privatsektor.

Von Boris Alex | New Delhi

Bangladesch hat einen gewaltigen Nachholbedarf bei der Gesundheitsversorgung. Nicht nur die Bevölkerung wächst, auch die Lebenserwartung steigt kontinuierlich. Lag diese im Jahr 2000 noch bei durchschnittlich 65 Jahren, beträgt sie zwei Dekaden später bereits 73 Jahre, so die Daten der Weltbank. Gleichzeitig leiden immer mehr Menschen an Zivilisationskrankheiten wie Herz- und Kreislaufbeschwerden, Diabetes und Bluthochdruck. Entsprechend ist die Nachfrage nach medizinischen Dienstleistungen gewachsen, was sich auch in den Gesundheitsausgaben widerspiegelt.

Diese sind seit 2010 um durchschnittlich 10 Prozent jährlich auf rund 10 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2020 gestiegen, schätzt die Investitionsbehörde Bangladesh Investment Development Authority (BIDA). Bis 2023 sollen sie weiter auf 14 Milliarden US$ zulegen, so die BIDA-Prognose. Bricht man diesen Wert auf die Gesamtbevölkerung von 168 Millionen Menschen herunter, dann lagen die Ausgaben 2020 bei nicht einmal 60 US$ pro Kopf. Das Wachstumspotenzial ist groß, denn auch wenn Bangladesch laut den Vereinten Nationen noch bis 2024 zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt (Least Developed Countries; LDC) zählt, ist auch dort in den letzten Jahren eine kaufkräftige Mittel- und Oberschicht entstanden, die professionelle Gesundheitsleistungen bezahlen kann.

Private Anbieter dominieren den Sektor

So reisen Expertenangaben zufolge jedes Jahr rund 700.000 Medizintouristen aus Bangladesch vor allem nach Indien, Thailand und Malaysia und geben dort 3,5 Milliarden US$ aus. Die privaten Anbieter im Gesundheitssektor wollen sich von diesem Kuchen ein größeres Stück sichern. Bereits heute dominieren sie bei der sekundären und tertiären Versorgung. Ende 2019 gab es 5.300 private Kliniken und Krankenhäuser mit insgesamt 91.000 Betten. Das staatliche Gesundheitssystem ist vor allem in der Primärversorgung mit kleinen – meist schlecht ausgestatteten – ambulanten Kliniken (Upazila Health Complexes) aktiv. Darüber hinaus gab es 2019 rund 250 staatliche Krankenhäuser mit 55.000 Betten. Zwar lag Bangladesch mit 0,8 Klinikbetten pro 1.000 Einwohner knapp über dem Durchschnitt aller LDC-Staaten, aber noch weit unter dem globalen Mittelwert von drei Betten pro 1.000 Personen, so die Zahlen der Weltbank.

Dass hier dringenden Nachholbedarf besteht, spiegelt sich auch in der Auslastung der Klinikbetten wider: Diese lag in den staatlichen Einrichtungen im Jahr 2021 – allen voran wegen der Pandemie – im Schnitt bei 150 Prozent. Aber auch schon vor der Coronakrise wurden die meisten öffentlichen Krankenhäuser jenseits ihrer Kapazitätsgrenzen betrieben. Vor allem in der tertiären Versorgung – also in spezialisierten Einrichtungen wie Unfallkliniken oder Krebszentren – sind die Betten knapp und außerhalb der Ballungszentren sind entsprechende Einrichtungen überhaupt nicht vorhanden, so die Daten des Directorate General of Health Services.

Gesundheitsbranche für ausländische Investoren interessant

Das Angebot von privaten Gesundheitsdienstleistern wächst seit Jahren rasant. Zwischen 2012 und 2019 ist die Zahl der Privatkliniken von knapp 3.000 auf 5.300 gestiegen. Private Diagnosezentren verzeichneten in diesem Zeitraum einen Zuwachs um 82 Prozent auf rund 9.500 Einrichtungen. Das Engagement der Privatwirtschaft wird in den nächsten Jahren weiter wachsen und auch Investoren aus dem Ausland anziehen, so die Prognose von Bangladesh Health Watch. Diese dürften vor allem Krankenhäuser mit einer breiten Palette an Gesundheitsdiensten – so genannte Super Speciality Hospitals – eröffnen.

Davon gibt es bereits eine ganze Reihe in Bangladesch, vor allem in der Hauptstadt Dhaka. Wegen des im nationalen Vergleich deutlich höheren Durchschnittseinkommens bietet die Metropolregion mit ihren mehr als 20 Millionen Einwohnern großes Wachstumspotenzial für private Gesundheitsdienstleister. Die international aktive Evercare Group mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten betreibt ein Krankenhaus in Dhaka und in der Hafenstadt Chattogram (Chittagong). Bangladeschs größter Pharmakonzern Square Group betreibt in der Hauptstadt eine Klinik mit 500 Betten. Weitere wichtige Anbieter in dem Segment sind Labaid Group und United Hospital.

Nachfrage nach Medizintechnik wächst

Die privaten Dienstleister profitieren davon, dass fast 70 Prozent der Gesundheitsausgaben von den Patienten aus eigener Tasche bezahlt werden. Mit steigenden Haushaltseinkommen werden damit auch die finanziellen Spielräume für medizinische Dienste größer. Um die Primärversorgung zu verbessern, müsste die öffentliche Hand mehr in die Infrastruktur investieren. Nur etwa 5 Prozent des Bundeshaushalts sind für den Gesundheitssektor vorgesehen, im Finanzjahr 2021/2022 (1. Juli bis 30. Juni) waren es 3,6 Milliarden US$. Und selbst diese konnten nicht vollständig ausgegeben werden, da es vor allem bei der Beschaffung von medizinischer Ausrüstung häufig zu Verzögerungen kommt.

Insbesondere der private Gesundheitssektor bietet wachsende Geschäftschancen für die Medizintechnikbranche. Hier soll sich der Umsatz bis 2025 gegenüber 2020 auf 820 Millionen US$ fast verdoppeln, prognostiziert BIDA. Bangladesch bezieht etwa 85 Prozent seiner medizintechnischen Ausrüstung im Ausland.

Seit 2015 sind die Importe im Schnitt um 10 Prozent pro Jahr gewachsen. Gefragt sind vor allem Therapie- und Diagnosegeräte wie Elektrokardiogrammschreiber und Ultraschallgeräte. Insbesondere in der tertiären Gesundheitsversorgung dürfte der Bedarf an Geräten zur bildgebenden Diagnostik in Zukunft stark wachsen, so die Einschätzung der Bangladesh Private & Diagnosis Owner's Association.

Auch das Thema "Digital Health" hat in Bangladesch im Zuge der Coronapandemie an Bedeutung gewonnen. Der Umsatz mit E-Health-Lösungen soll sich bis 2026 auf 282 Millionen US$ mehr als verdoppeln, prognostiziert Statista. In den nächsten fünf Jahren dürfte die Zahl der Nutzer von Telemedizin und digitalen Gesundheitsdiensten von rund 4 Millionen auf 7 Millionen zulegen.

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